Forscher für Infektionskrankheiten: Unbemerkte Infektionen erhöhen Verbreitungsgefahr von Covid-19

Das neuartige Coronavirus verbreitet sich schneller als gedacht. Forscher gehen von zehnfach höheren Fallzahlen als gemeldet aus - allein in Wuhan. Infizierte, die keine Symptome zeigen, können dabei zu Superverbreitern werden.
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Das neuartige Coronavirus verbreitet sich schnell, aber jeder kann dazu beitragen die Pandemie einzudämmen. Quelle: istock
Von 16. März 2020

Wie schnell eine Krankheit zur Epidemie und schließlich zu einer Pandemie wird, hängt von zwei Faktoren ab: Wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt und wie schnell. Ein internationales Forschungsteam veröffentlichte nun in einer Studie eine präzise Berechnung der Ausbreitung des neuen Coronavirus. Die Studie wurde im Fachjournal Emerging Infectious Diseases veröffentlicht.

Dabei berücksichtigten sie zwei Faktoren: Wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt und wie schnell dies passiert. Der erste Faktor ist die Reproduktionszahl, der zweite das serielle Intervall zwischen zwei Infektionen.

Die Reproduktionszahl von SARS-CoV-2 liegt laut derzeitigen Erkenntnissen zwischen 2,4 und 3,3. Das bedeutet, dass im Durchschnitt ein Infizierter drei weitere Menschen ansteckt. Das serielle Intervall liegt laut der aktuellen Studie bei 7,5 Tagen, laut einer älteren Studie aus Japan bei 4 Tagen.

Daraus ergibt sich durchschnittlich eine Inkubationszeit von 5 bis 6 Tagen sowie eine Dauer von 4 bis 5 Tagen, bis Symptome auftreten.

Fälle ohne Symptome sind das größte Problem

Allerdings gibt es einen weiteren Faktor zu bedenken: Jene Infizierten, die keine Symptome zeigen. Die Forscher gehen davon aus, dass mindestens 1 von 10 Infektionen von Personen ohne Symptome übertragen werden.

Laut den Berechnungen von Lauren Ancel Meyers und ihrem Team hat man bis Mitte Januar weniger als 9 Prozent der Fälle in Wuhan, dem Epizentrum von SARS-CoV, erfasst. Das heißt, die reale Zahl an Infizierten lag in Wuhan bereits Mitte Januar um einen 10-fachen Faktor höher als die offiziellen Zahlen.

Da die Vorbereitungen und Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahr zu dieser Zeit in vollem Gange waren, man aber kaum Fälle erkannte oder Maßnahmen setzte, gehen die Forscher von einer massiven Verbreitung in dieser Zeit aus.

Fatale Folgen durch verspätete Maßnahmen des chinesischen Regimes

Die Berechnungen der Forscher ergaben, dass die verspäteten Maßnahmen des Regimes in China fatale Folgen hatten. Laut ihren Daten soll sich das Virus aus dem Epizentrum in 369 andere Städte in China ausgebreitet haben. Erst danach begannen die Quarantänemaßnahmen der Regierung.

107 der chinesischen Städte haben bisher Fälle gemeldet. Einige große Städte wie Bazhong, Gushun oder Chuxiong meldeten bisher offiziell noch keine Fälle. Die Forscher gehen aber davon aus, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent in diesen Städten jeweils zumindest ein Covid-19 Fall aus Wuhan importiert wurde und sich seit Januar verbreitet hat.

Unsere Untersuchungen bestätigen unbemerkte Infektionen und daher eine verstärkte Übertragung in hunderte Städte der Welt“, sagt Meyers.

Gezielte Maßnahmen gegen Ausbreitung

Um die aktuelle Pandemie unter Kontrolle zu bringen, müssen ungefähr zwei Drittel der Übertragungen verhindert werden.

Dies ist besonders schwierig wegen der asymptomatischen Fälle. Studien ergaben, dass Menschen, die eine Infektion ohne Symptome haben, trotzdem hohe Konzentrationen des Virus in sich tragen. Daher sind sie ohne Maßnahmen unkontrollierbare Überträger. Das macht sie sie zu den gefährlichsten Überträgern der Pandemie.

Unsere Daten zeigen, dass Maßnahmen wie Isolation, Quarantäne, Schulschließungen, Reisebeschränkungen und Veranstaltungsverbote gerechtfertigt sind. Asymptomatische Übertragung macht ansonsten eine Eindämmung besonders schwierig“, sagt Meyers von der Universität Texas.

Jeder Einzelne trägt Verantwortung

Obwohl die Maßnahmen einschränken, ist jeder Einzelne gefragt. Vor allem junge Menschen, die vermehrt Infektionen mit mildem oder asymptomatischem Verlauf haben, tragen Verantwortung.

Laut dem Chemiker Dr. Jens Röder sind Selbstdisziplin und Eigenverantwortung der Schlüssel zur Eindämmung des Virus. Es ist notwendig, sich selbst und andere zu schützen. Regelmäßiges und richtiges Desinfizieren von Oberflächen, Händen und Kleidung, Körperkontakt vermeiden und auch bei leichten Symptomen nicht mit Mitmenschen in Kontakt kommen, sind seine Devisen.

Ebenso wichtig ist es, Ruhe zu bewahren. Panik und psychischer Stress schwächen das Immunsystem. Gerade das körpereigene Immunsystem ist der beste Schutz gegen Viruserkrankungen. Zudem gibt es gute Möglichkeiten, das Immunsystem zu stärken. Entspannende Meditationsübungen oder moderates Heimtraining bieten sich auch bei Ausgangsbeschränkungen besonders gut an.

Auch wenn die Ausbreitung des Coronavirus schnell sein mag, trägt jeder Einzelne für sich die Eigenverantwortung. Ruhe und Rücksicht gegenüber seinen Mitmenschen trägt dazu bei, die Pandemie einzudämmen.

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