Grippeimpfung über Nase durch Nanopartikel möglich

Als Alternative zum Nadelpieks: Durch verbesserte Drug-Delivery-Systeme in Form von Nanopartikeln können Impfstoffe auch über die Nasenschleimhaut verabreicht werden. Forscher zeigen nun in einer Studie, dass eine Verabreichung des Grippeimpfstoffs über die Nase zu einer stärkeren Immunantwort führen kann als die altbekannte Injektion.
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Impfungen durch die Nase sind bereits möglich.Foto: iStock
Von 9. Mai 2021

Bereits 2020 wurde ein COVID-19-Impfstoff entwickelt, der nasal, also über die Nasenschleimhaut, appliziert werden kann. Nun zeigen Forscher der Georgia State University und der Emory University School of Medicine in einer Studie, dass zukünftig auch Grippeimpfungen über die Nase möglich sind. Durch ein neu entwickeltes Drug-Delivery-System, nämlich Polyethylenimin funktionalisierte Graphenoxid-Nanopartikel, wird die Immunantwort gegenüber Injektionen verstärkt.

„Herkömmliche Grippeimpfstoffe induzieren in erster Linie Antikörperantworten. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass lungenresidente Gedächtnis-T-Zellantworten für einen optimalen Kreuzschutz gegen pulmonale Influenza-Infektionen unerlässlich sind. Die Entwicklung von lungenresidenten T-Zellantworten erfordert eine Impfung über die Atemwege oder eine Influenzavirus-Infektion“, sagt Dr. Baozhong Wang, der Korrespondenzautor der Studie.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die nasalen Grippeimpfungen besser wirken als in den Muskel injizierte Impfungen. Dies liegt laut der veröffentlichten Studie daran, dass diese zusätzlich die mukosale Immunantwort anregen.

Die mukosale Immunantwort

Die mukosale Immunantwort wurde bisher bei Impfungen wenig berücksichtigt. Als mukosale Immunantwort bezeichnet man die Immunabwehr der Schleimhäute im menschlichen Körper. Schleimhäute schützen alle wichtigen Körper, die mit der Außenwelt in Berührung kommen. Nasen-, Mund-, Darm- oder Vaginalschleimhäute sind ausgeklügelte Barrieresysteme, die den Körper auf natürliche Weise vor Krankheitserregern schützen. Daher enthalten die Schleimhäute effektive Immunzellen, die Erreger bereits abwehren können, bevor diese in den Körper gelangen. Gerade bei Viruserkrankungen wie Grippe oder auch COVID-19 spielt daher die mukosale Immunantwort eine zentrale Rolle.

Dr. Riese vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung sagt dazu: „Durch die intramuskuläre Impfung wird eine systemische Immunantwort stimuliert, die vor allem im Blutkreislauf stattfindet. So wie die Impfungen jetzt sind, also intramuskulär in den Arm, ist es relativ schwer, eine wirklich gute mukosale Immunantwort zu erzielen. Wenn wir eine richtig gute mukosale Immunität haben wollen, müssen wir auch über die Schleimhäute immunisieren.“

Bereits seit 2013 für Kinder: Grippeimpfung über Nasenspray

Die Idee, die Grippeimpfung über die Nase durchzuführen, ist aber keine neue. Seit 2013 gibt es bereits eine Zulassung für einen Grippeimpfstoff, der als Spray über die Nase verabreicht wird: Fluenz Tetra von AstraZeneca.

Dieser ist vor allem für Kinder zwischen zwei bis 18 Jahren gedacht, als Alternative zur Injektion. Jedoch hielt sich der Erfolg und die Nachfrage nach dem Impfstoff bisher in Grenzen. Sowohl die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC als auch die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland haben 2016 ihre Empfehlungen für den Impfstoff für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren aufgrund neuer Studienergebnisse zurückgezogen. Aufgrund der geringen Nachfrage hat beispielsweise Österreich 2018 bekannt gegeben, den Grippeimpfstoff Fluenz Tetra nicht mehr zu bestellen.

Dr. Baozhong Wang und sein Forschungsteam geben in ihrer neuen Studie an, die Wirksamkeit des nasalen Grippeimpfstoffes durch das neu entwickelte Nanosystem von Polyethylenimin funktionalisierten Graphenoxid-Nanopartikeln verbessert haben.

Nanopartikel als Drug-Delivery-Systeme

Nanopartikel als sogenannte Drug-Delivery-Systeme bekommen immer mehr Aufmerksamkeit, seit in den Corona-Impfstoffen von Pfizer/BioNTech und Moderna Lipid-Nanopartikel verwendet wurden, in denen die mRNA verpackt ist. Sie werden als Drug-Delivery-Systeme eingesetzt, weil sie biologische Barrieren wie Schleimhäute und Zellmembranen durchdringen können. Sie können daher Wirkstoffe zielgerichtet an ihren Wirkort bringen und dort freisetzen. Bisher wurden solche Systeme hauptsächlich in der Krebstherapie eingesetzt.

Dabei gilt aber zu beachten, dass es Nanopartikel verschiedenster Arten und Zusammensetzungen gibt. Der Überbegriff „Nanopartikel“ bedeutet nur, dass es sich um kleine Partikel im Nanobereich handelt. Ein Nanometer ist 10-9 Meter, also der millionstel Teil eines Millimeters. Zum Vergleich: Wenn ein Teilchen einen Nanometer groß wäre und daneben würde ein einzelnes Sandkorn liegen, entspräche das Größenverhältnis dem zwischen Sandkorn zum Planeten Erde.

Materialien, die zur Herstellung von Nanopartikeln verwendet werden, sind vielfältig, darunter Metalle, Polymere oder Lipide.

Nanomaterial: Was passiert im Körper?

Eine Frage zu Nanosystemen ist jedoch noch nicht vollständig geklärt: Was genau passiert mit den kleinen Teilchen im Körper?

„Je kleiner die Nanopartikel sind, umso größer ist die Gefahr der Ablagerung in diversen Organen“, sagen Professor Roblegg und Zimmer, die ein Review zu den Gesundheitsrisiken der Nanotechnologie verfasst haben. Dabei hängt allerdings viel vom Material der Nanopartikel ab. Biologisch abbaubare Stoffe zersetzen sich laut dem Review und werden ausgeschieden. Doch biologisch nicht abbaubare Nanopartikel seien, wie die Forscher betonen, „ein großes Problem“, über dessen Ausmaß nur wenig bekannt sei.

Generell heißt es in der EU-Richtlinie für Public Health auch, dass eingeatmete Nanopartikel Probleme mit sich bringen können. Dort heißt es: „Zu den Auswirkungen von eingeatmeten Nanopartikeln im Körper können Lungenentzündungen und Herzprobleme gehören.“

Die für den Grippeimpfstoff vorgeschlagenen Polyethylenimin funktionalisierten Graphenoxid-Nanopartikel wurden bisher auf ihre Sicherheit bei Tierversuchen an Mäusen getestet. Eine Zulassung für die Anwendung am Menschen gibt es für diese Nanopartikel bisher noch nicht.



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