„Impfstoffe nur für Eigenschutz zugelassen“: EMA kann Grundlage für 2G und 3G nicht bestätigen

Hat die Politik die 2G- und 3G-Regeln in der Corona-Zeit kontrafaktisch begründet? Als Hauptargument galt stets die Optimierung des Fremdschutzes. Nun macht die EMA deutlich, dass die Impfung auf diesen gar nicht ausgerichtet war.
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2G-Hinweisschild an einer Bar. Ein Schreiben der EMA befeuert eine neue Debatte über die Grundlage der Einschränkungen.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 22. November 2023

Acht Abgeordnete aus dem Umfeld der ID-Fraktion haben am Dienstag, 21. November, im Europäischen Parlament eine Pressekonferenz gegeben. Anlass war ein jüngst geführter Schriftverkehr mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Die Abgeordneten hatten die Behörde aufgefordert, aufgrund behaupteter Mängel die Marktzulassung der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax zu widerrufen.

Dieses Ansinnen lehnte die EMA ab. Allerdings enthielt ihr Antwortschreiben einige brisante Aussagen, die der Abgeordnete Marcel de Graaff im Rahmen der Pressekonferenz zur Sprache brachte. Diese werfen Fragen über die Legitimation wesentlicher Elemente der Corona-Politik der meisten EU-Regierungen auf – vor allem über die temporär verhängten 2G- und 3G-Regeln.

Scharfmacherei und gesellschaftliche Spaltung begleiteten 2G und 3G

Die Regeln, die in unterschiedlicher Ausprägung in allen Bundesländern für mehrere Monate galten, wurden hauptsächlich mit zwei Begründungen versehen. Zum einen, so hieß es, würde die Corona-Impfung dem unmittelbaren Fremdschutz dienen. Zum anderen wäre sie erforderlich, um einer Ausbreitung des Virus auf breiter Ebene entgegenzuwirken.

Die 2G- und 3G-Regeln hatten einen faktischen Ausschluss Nichtgeimpfter aus weiten Bereichen des öffentlichen Lebens zur Folge. Dies war auch politisch so gewollt, wie zahlreiche Zitate von Entscheidungsträgern oder Verbänden aus jener Zeit zeigen.

So äußerte der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Montgomery, im November 2021 bei „Anne Will“, Corona sei eine „Pandemie der Ungeimpften“. FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warf Ungeimpften vor, diese würden „als Minderheit die Mehrheit terrorisieren“.

Die damalige Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) riet der Bevölkerung generell von Kontakt zu Ungeimpften ab. Der damalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans erklärte den Nichtgeimpften, diese seien „jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben“.

Antwort der EMA bestätigt: Zulassung hatte Fremdschutz nicht zum Thema

Das nunmehrige Antwortschreiben der EMA an die EU-Abgeordneten deutet jedoch darauf hin, dass die gesellschaftliche Spaltung, zu der 2G und 3G beitrugen, möglicherweise gar keine Grundlage hatte.

In Punkt 1 des Schreibens macht die Zulassungsbehörde deutlich, dass von einem Fremdschutz zum Zeitpunkt der Zulassung gar nicht die Rede war. Vielmehr habe es gar kein ausreichendes Datenmaterial gegeben, um diesen Aspekt beurteilen zu können. Die EMA äußert sich gegenüber den Empfängern des Schreibens wie folgt:

„Sie haben in der Tat recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass COVID-19-Impfstoffe nicht zugelassen sind, um Übertragung von einer Person auf eine andere zu verhindern. Die Indikationen sind nur zum Schutz der geimpften Personen.“

EMA verweist auf Produktinformationen der Hersteller selbst

Dies sei auch aus den Produktinformationen zu den Corona-Impfstoffen hervorgegangen. Diese hätten unmissverständlich festgestellt, dass die Impfstoffe „zur aktiven Immunisierung zur Verhinderung von COVID-19 bestimmt“ seien. In den Bewertungsberichten der EMA über die Zulassung der Impfstoffe habe man selbst auf das Fehlen von Daten zur Übertragbarkeit hingewiesen.

Bereits 2022 hatte sich auch Janine Small, Präsidentin für internationale Märkte beim Pharmaunternehmen Pfizer, in einem ähnlichen Sinne geäußert. In einer Anhörung vor den Abgeordneten des Corona-Sonderausschusses des EU-Parlaments nahm sie ebenfalls zur Frage des Fremdschutzes Stellung.

Small erklärte, man habe den Impfstoff vor seiner Markteinführung auf diesen Aspekt gar nicht getestet. Bei der Entwicklung habe man sich mit der „Geschwindigkeit der Wissenschaft“ bewegen müssen. Gegenstand der Entwicklungsarbeit sei der Eigenschutz gewesen. Die Notfallzulassung der US-amerikanischen FDA hatte diese Darstellung bestätigt.

Auch das Paul-Ehrlich-Institut hatte damals erklärt, Gegenstand der Zulassungsstudien der Corona-Impfstoffe sei die Frage der Wirksamkeit des Schutzes vor einer symptomatischen Infektion gewesen.

Temporär geringere Viruslast als ausreichende Begründung für 2G und 3G?

Befürworter der Corona-Maßnahmen sehen in den Äußerungen der Entwickler und Aufsichtsbehörden kein Argument gegen die temporäre Verhängung der Maßnahmen. Die daraus resultierenden Erkenntnisse seien nicht neu. Bereits aus den ursprünglichen Protokollen zur Zulassung sei zu erkennen gewesen, dass ein Fremdschutz nicht Gegenstand der Studien gewesen sei.

Allerdings hätten Studien zur damaligen Zeit gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit von Infektionen mit COVID-19 zumindest temporär nach einer Impfung geringer gewesen sei. Dies begründete das Robert Koch-Institut (RKI) unter anderem damit, dass positiv getestete Geimpfte eine „signifikant geringere Viruslast“ aufgewiesen hätten. Zudem sei auch eine „verkürzte Dauer der Virusausscheidung“ zu verzeichnen gewesen.

Allerdings hätten Varianten des Virus mit Fortdauer der Zeit für immer mehr sogenannte „Impfdurchbrüche“ gesorgt. Am Ende stand das Eingeständnis von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Zusammenhang mit dem Ende der einrichtungsbezogenen Impfpflicht 2022. Gegenüber dem ZDF äußerte der Minister damals:

„Die Impfung schützt nicht mehr vor Ansteckung.“

Zur Verhinderung schwerer Verläufe im Fall einer eigenen Ansteckung hält der Minister eine regelmäßige Auffrischung des Impfschutzes dennoch für sinnvoll. Zahlreiche kritische Expertenstimmen raten jedoch davon ab und stellen das Risiko-Nutzen-Verhältnis der mRNA-Injektionen infrage.

 



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