Listerien-Skandal um „Sieber“: 100 Tonnen Wurst vernichtet – Unternehmen vor dem Aus?
120 Mitarbeiter sind von Insolvenz bedroht, seitdem über 100 Tonnen Sieber-Wurst wegen Listerien-Verdacht aus dem Verkehr gezogen wurden, auch in Österreich und der Schweiz. Auf dem bayerischen Firmengelände in Geretsried arbeitet dieser Tage niemand. Pro Tag kostet der Produktionsausfall die Firma Sieber bis zu 100.000 Euro.
Unternehmen bangt um sein Fortbestehen
Erst nächste Woche wird entschieden, ob das Unternehmen Sieber Insolvenz anmelden muss. „Wenn der Verkaufsstopp nicht beendet wird, wird es schwierig“, sagt Pressesprecher Erich Jefke im "Merkur". Meldungen, Sieber sei schon insolvent, dementiert er energisch.
Alles hatte damit begonnen, dass das örtliche Landratsamt 5 Proben positiv auf Listerien testete. Dagegen standen 45 Negativ-Proben. Daraufhin wurden alle 200 Schinken- und Wurstwaren aus deutschen Discountern und Supermärkten, auch Kantinen und Flughäfen zurückgerufen. Das Unternehmen findet das übertrieben und habe schon Schritte eingeleitet, um die Verfügung rechtlich überprüfen zu lassen, wird Jefke vom “Merkur” zitiert.
Robert-Koch-Institut findet Listerien in Sieber-Proben
"Wir haben keine Erkenntnisse, wie die Keime in unser Unternehmen dringen konnten”, sagt Sieber-Chef Dietmar Schach gegenüber “Focus” und erklärt auf der heutigen Pressekonferenz im Bayerischen: "Dieser Skandal ist für mich nicht nachvollziehbar. Für das Unternehmen ist es eine extrem schwierige Situation."
Alles hatte damit begonnen, dass das Landratsamt Hinweise erhielt, ein Bakterienstamm der Firma Sieber aus Geretsried habe eine Reihe von Erkrankungen im süddeutschen Raum ausgelöst. Das renommierte Robert-Koch-Institut – ein Bundesinstitut zur Erforschung von Infektionskrankheiten – wurde mit der Angelegenheit betraut. Und ja: Das Institut bestätigte am Freitag den Verdacht, dass die Bakterien aus Geretsried stammen könnten.
Schach will das Land Bayern verklagen
Es musste gehandelt werden und es wurde gehandelt: Zugunsten des Verbraucherschutzes. Obwohl Sieber vorher nicht auffällig geworden war. Kurzerhand zog man alle Wurstwaren aus dem Verkehr. „Das ist ein professioneller Betrieb mit intensiven internen Qualitätskontrollen”, erklärt laut “Merkur” Wolfgang Krause, Jurist im Landratsamt. Sieber sei niemals durch Nachlässigkeiten irgendeiner Art aufgefallen. Ein Verkaufsstopp sei sicher ein drastisches Mittel, das nicht oft angewendet werde. Doch in diesem Fall sei es eben nötig gewesen, Krause weiter.
Schach meint, er habe mit den Behörden kooperiert und alles getan, um die Verbraucher zu schützen. Er fühlt sich hintergangen. "Ich habe den Verdacht, dass da jemand ein Exempel statuieren will, um die Geschehnisse in den Behörden in der Vergangenheit in ein anderes Licht zu rücken”, sagt er.
Schach sieht sich als Opfer politischer Machtspiele und hat nun Klage gegen den Freistaat Bayern eingereicht. Krause vom Landratsamt kann das nachvollziehen: Das sei sein “gutes Recht.“ Überhaupt sei auffallend, dass Krause das Unternehmen mit keiner Silbe in die Schmuddelecke stellt, findet der ortsansässige “Merkur”. „Wir hatten einfach eine Abwägung zu treffen zwischen dem Verbraucherschutz und der Gesundheit der Bürger einerseits und den Rechten eines Gewerbebetriebs andererseits”, rechtfertigt das Landsamt die Entscheidung.
Die Vorwarnung kam zu Ostern
Doch die Wurst-Geschichte reicht noch weiter zurück. Schon zu Ostern hatte es wegen Listerien einen Rückruf bei Sieber gegeben. „Die Maßnahmen wurden damals sofort umgesetzt, das gesamte Unternehmen kontrolliert, es gab Laborproben, Gutachten und wir haben eine Verpackungslinie komplett umgebaut“, so Schach laut “Focus”. Die Behörden hatten damals vermutet, die Verpackungslinie sei Schuld an der Verunreinigung. „Bei den Gesprächen mit den Behörden kam es mir vor, als gebe es eine Bedrohung gegen mich und mein Unternehmen“, der Sieber-Chef weiter.
Ob der Handel die aktuell als verseucht eingestuften Wurstwaren selbst vernichtet oder sie zu Sieber transportieren lässt, um sie dort vernichten zu lassen, ist noch offen, berichtet der “Merkur”.
Aktuelle Verbraucherinformationen
Wie lange das Verbot bestehen bleibt, ist immer noch nicht absehbar. Sieber hatte am Montag eine Notfallnummer für Fragen freigeschalten. Tausend Anrufer haben sich daraufhin gemeldet. Die Nummer bleibt weiterhin freigeschaltet. Verbraucher erhalten unter 08171 / 98 21 0 Informationen zu ihren Produkten. "Ich kann mich nur bei allen Verbraucher entschuldigen, auch für die Ängste, die entstehen", so Schach.
Betroffene Produkte erkennen Verbraucher an dem Code "BY 10751" auf der Packung. Sie sollten die Produkte vernichten und können sich ihr Geld am Einkaufsort erstatten lassen.
Sieber-Produkte wurden in nahezu allen Discountern, Supermärkten, Kantinen, sogar auf Flughäfen (München und Frankfurt) und bei Amazon verkauft. Ausgenommen sind Aldi Süd und Kaufland. (kf)
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