Leben ohne Tod? Licht- und Schattenseiten des ewigen Lebens

Epoch Times18. November 2012

Jeder Mensch will wissen, was mit ihm passiert, wenn er stirbt. Diese große Furcht vor der vollständigen Auslöschung, dass nichts von einem Menschen, einem Leben übrig bleibt, die treibt alle Menschen um. Immer. Ständig. Mal mehr und mal weniger bewusst, abhängig vom jeweiligen Grad der Verdrängungsfähigkeit. Das ist der Stand der Atheisten und der Wissenschafts-Gläubigen. Und so greifen die mit der Furcht jene an, die einen Glauben haben an einen Himmel oder Wiedergeburt und mit diesem Glauben nicht nur Halt sondern Angstfreiheit gewinnen können.

Daher auch der Trend in der Medizin, den Menschen ein immer längeres, schmerzfreies und glückliches Leben ermöglichen zu wollen. Und tatsächlich wollen viele Menschen ewig leben.

Doch selbst aus philosophischer Sicht hat der Menschheitstraum von der Unsterblichkeit Schattenseiten. „Es würde langweilig und einsam, wenn ein unsterblicher Mensch im Diesseits keine Beziehungen zu anderen Unsterblichen hätte“, erläutert US-Philosoph Prof. Dr. John Martin Fischer. „Quälend würde es auch, wenn ein ewig lebender Mensch keine sinnvolle Aufgabe hätte, nicht gesund wäre und keine ewig stabile Persönlichkeit hätte“, so der international renommierte Experte für philosophische Fragen zu Tod und Unsterblichkeit. Fischer hält am 19. November am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ einen öffentlichen Vortrag über die Frage „Würden wir ewig leben wollen, wenn wir könnten?“

Leben ohne Tod?

Obwohl Unsterblichkeit anscheinend nach Meinung des Professors nicht möglich ist, hält der Philosoph aus Kalifornien die Diskussion für zeitgemäß. „Trotz ständiger Bedrohung durch Krankheiten leben die Menschen durch den wissenschaftlichen Fortschritt immer länger. Mein Blick geht in eine mögliche Zukunft, in der die Medizin soweit fortgeschritten ist, dass sie ein Leben ohne Tod erlaubt.“ Fischer ist der Meinung, dass Menschen sich früh damit auseinandersetzen sollten, ob sie eine solche Form des ewigen Lebens wünschten und ob Unsterblichkeit Fluch oder Segen sei.

Fischer erhielt für weitere Forschungen über Tod und Unsterblichkeit im Juli fünf Millionen Dollar von der amerikanischen John Templeton Foundation. Er will es nutzen, um das Thema fächerübergreifend zu beleuchten: aus der Sicht der Philosophie, Theologie, Biologie und Psychologie. Auch Nahtoderfahrungen interessieren ihn vor dem Hintergrund verschiedener Kulturen. „Westliche Menschen, die wiederbelebt wurden, berichten oft über Licht am Ende eines dunklen Tunnels. Japaner hingegen beobachten sich in derselben Situation häufig bei der Pflege eines Steingartens.“

Moral aus Angst vor Strafe?

Der Tod habe durchaus positive Auswirkungen auf das Leben, betonte der Philosoph. „Die Angst vor dem eigenen Ende treibt uns an wie ein Motor.“ Viele Menschen handelten im Diesseits moralischer, weil sie göttliche Strafe im Jenseits fürchteten. „Unter bestimmten Bedingungen wie sinnvollen Aufgaben und dauerhaften Beziehungen kann das Leben aber auch ohne Tod kostbar und voller Schönheit, Sinn und Moral sein.“

Unsterblichkeit im Diesseits ist kein neuer Wunsch: „Menschen haben schon immer das ewige Leben erstrebt – in der Religion, Philosophie und Medizin. Es ist auch eines der wichtigsten Themen der Weltliteratur.“ Das reiche vom babylonischen Gilgamesch-Epos über die biblische Geschichte von Adam und Eva bis zu John Miltons „Paradise Lost“ und Goethes „Faust“. Auch die Science Fiction-Literatur greife das Thema auf. „Das Genre des ‚Cyberpunk‘ spielt mit der Idee, der Verstand eines Menschen könnte in Computersysteme hochgeladen und dort unsterblich werden.“ Science Fiction setze sich meist offener und positiver mit Unsterblichkeit auseinander als die meisten Philosophen, hob der Forscher hervor.

Unsterblichkeit im Jenseits – oder die Angst vor dem Unbekannten: „Der Mensch hat ein tiefes Bedürfnis danach, herauszufinden, was mit ihm nach dem Tod passiert. Eine große Rolle spielt dabei die Angst vor dem Unbekannten.“ Die meisten Jenseits-Vorstellungen seien religiös begründet. Die Ideen unterscheiden sich demnach nicht nur von Religion zu Religion, sondern auch innerhalb jeder Religion. „Manche Christen glauben etwa, dass nur die Seele unsterblich sei, für andere spielt Körperlichkeit weiterhin eine große Rolle. Was die ekstatische und glückselige Einheit mit Gott im islamischen Paradies genau bedeutet, ist auch unter Muslimen umstritten.“ (sfr/han-vvm-Uni Münster)

Der englischsprachige Vortrag „Immortality“ ist morgen um 18 Uhr im Englischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU), Raum ES 24, Johannisstraße 12-20 in Münster zu hören. Der Eintritt ist frei.

 



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