Streit um Anerkennung der Homöopathie erneut entfacht

Die Diskussion um die Anerkennung von Ärzten mit der Zusatzqualifikation Homöopathie ist nicht neu. Jetzt gibt es jedoch Forderungen aus der Politik, homöopathische Behandlungen als Krankenkassenleistung zu streichen. Und auch der Deutsche Ärztetag stellt Homöopathen aufs Abstellgleis, was für heftige Kritik sorgt.
Streit um Anerkennung der Homöopathie erneut entfacht
Globuli sind als alternative Medizin bei vielen beliebt. Doch die Homöopathen stoßen auf Gegenwind in der Ärzteschaft.Foto: iStock
Von 31. Juli 2022

Homöopathen gehen auf die Barrikaden. Was der Vize-Vorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, derzeit fordert, geht ihnen zu weit. Vogel sprach sich am 13. Juli in einem RND-Interview dafür aus, dass von gesetzlichen Krankenkassen übernommene Leistungen für homöopathische Behandlungen gestrichen werden. Homöopathie sei „nachweislich wissenschaftlich nicht wirksam“ und solle daher zukünftig nicht mehr durch die gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden.

Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Sprecher der Bürgerkampagne „weil´s hilft – Naturmedizin und Schulmedizin gemeinsam“, dem über 250.000 Menschen angehören, wirft dem FDP-Vize vor, „eine Ablenkungsdebatte anzuzetteln“.

„Das Gesundheitswesen steht vor grundlegenden strukturellen Herausforderungen“, erklärt der Kinder- und Jugendmediziner. Politik müsse „endlich ihre Hausaufgaben machen und sich trauen, die eigentlichen Probleme anzupacken“: Dazu zähle unter anderem die nachhaltige Stärkung der Gesundheitsberufe – vor allem der Pflege – und einer qualitätsorientierten Krankenhauspolitik. Stattdessen werde jedoch eine Ablenkungsdebatte um Fragen geführt, die praktisch keine Auswirkung auf die Lösung derzeit bestehender Probleme im Gesundheitswesen haben. Der Anteil der gezahlten Leistungen für Homöopathie durch gesetzliche Krankenkassen sei „verschwindend gering“.

Zudem verwehrt sich die Bürgerkampagne gegen den Ansatz, dass Homöopathie angeblich nicht wirksam sei. „Die Wirksamkeit vieler konventioneller Medikamente oder von Physio- oder Ergotherapie lassen sich vielfach genauso wenig beweisen und auf einzelne Wirkfaktoren zurückführen“, kontert Schmidt-Troschke. Insofern müssten mehr als die Hälfte der durch die gesetzliche Krankenversicherung finanzierten Heil- und Hilfsmittel aus dem Leistungskatalog gestrichen werden.

Ärztetag läutet Aus für Homöopathen ein

Zuvor hatte ein Beschluss des 126. Deutschen Ärztetages, der vom 24. bis 27. Mai in Bremen stattfand, für Wirbel unter den Medizinern gesorgt. Die Mehrheit der rund 250 Teilnehmer aus 17 deutschen Ärztekammern war dem Antrag der Bremer Delegierten gefolgt, sodass die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der (Muster-) Weiterbildungsordnung gestrichen wird. Es gehe nicht darum, Menschen zu verbieten, homöopathische Mittel einzusetzen. Aber es sei Aufgabe der Ärztekammern, definierte und überprüfbare Lernziele festzulegen und abzuprüfen, erklärte Dr. Johannes Grundmann für den Bundesvorstand der Ärztekammer.

Zur Begründung hieß es, dass es an wissenschaftlichen Studien mangele, die einen evidenzbasierten Einsatz der Homöopathie belegen. „Damit fehlen auch die Grundsätze, nach denen in einem kollegialen Gespräch der Wissenserwerb in der Weiterbildung überprüft werden kann“, argumentierte der Ärztetag. Bereits 12 der 17 Landesärztekammern hätten sich entschieden, die Zusatzbezeichnung nicht in das Landesrecht zu übernehmen. Ausnahmen bilden hier die Ärztekammern Westfalen-Lippe, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen.

Homöopathie-Gegner begrüßen Beschluss         

Dr. Natalie Grams-Nobmann, die von 2009 bis 2015 rein homöopathisch privatärztlich tätig war, begrüßte den Beschluss des Ärztetages auf Twitter. „Seit sechs Jahren kämpfen wir dafür und jetzt ist es endlich vollbracht“, postete sie.

Im Jahr 2022 ist ihr Homöopathie-kritisches Buch „Was wirklich wirkt“ in dritter Auflage erschienen. Eigentlich war das Buch, das erstmals im Mai 2015 erschien, dazu gedacht gewesen, alle Kritiker und Zweifler von der Homöopathie zu überzeugen. Umfassende Recherchen hätten sie jedoch selbst von den Argumenten gegen die Homöopathie überzeugt, heißt es von der Ärztin.

„Medizin und Wissenschaft haben sich seit Hahnemanns Zeiten so krass weiterentwickelt, dass seine Thesen heute sicher als widerlegt gelten können. Leider ist dieses Wissen noch nicht in der Mitte unserer Gesellschaft und auch noch nicht in der Medizin angekommen“, schrieb sie für die Website des Netzwerks Homöopathie, dessen Gründungsmitglied sie war. Seit dem 17. April 2020 ist sie dort jedoch nicht mehr aktiv tätig.

Beifall für den Ärztetag-Beschluss gab es auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er twitterte am 26. Mai als Antwort auf den Eintrag von Grams-Nobmann: „Ich begrüße diesen Schritt ausdrücklich. Gute Medizin steht auf dem Boden der Wissenschaft. Für Homöopathie gibt es dort keinen Platz. In einer solchen Frage muss man Farbe bekennen.“

Bremer Arzt verliert Rechtsstreit

Im September 2020 hatte die Bremer Ärztekammer als erste die Homöopathie aus ihrer Weiterbildungsordnung gestrichen. Ein Arzt, der dagegen klagte, verlor den Rechtsstreit in erster Instanz. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hatte seinen Antrag mit Beschluss vom 2. Juni 2021 zurückgewiesen.

Auch die dagegen beim Bundesverwaltungsgericht eingereichte Beschwerde des Mediziners hatte keinen Erfolg. Am 11. Januar 2022 entschied das Gericht: „Die Aufhebung der Zusatzweiterbildung ‚Homöopathie‘ in der Weiterbildungsordnung einer Landesärztekammer greift nicht in die Berufsfreiheit von Ärzten ein, die die Weiterbildung bereits erfolgreich absolviert haben.“

Homöopathie-Ärzte dürften die Zusatzbezeichnung schließlich weiterführen. Auch dem Argument, dass es für den Bremer Arzt in Zukunft schwieriger werde, eine adäquate Vertretung bei Urlaub oder Krankheit zu finden und auf Schulmediziner zurückgreifen müsse, folgte das Gericht nicht. „Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, Vertretungsärzte einzusetzen, die – wie er selbst – ihre Zusatzbezeichnung in einem anderen Bundesland erworben haben“, heißt es im Beschluss.

Homöopathen-Verband kritisiert „Hauruckverfahren“

Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) protestierte gegen den Ärztetag-Beschluss und schrieb an die Bundesärztekammer. Der Verein wandte ein, dass der Antrag zur Zusatzbezeichnung Homöopathie erst am Tag der Abstimmung gestellt wurde. Üblicherweise werde die Tagesordnung mindestens vier Wochen zuvor bekannt gegeben. Auch eine Begründung, dass der Antrag besonders dringlich sei, gebe es nicht. Wegen seiner richtungsweisenden Bedeutung dürfe so etwas auch nicht als Unterpunkt „Verschiedenes“ abgehandelt werden.

Vorliegend sei allem Anschein nach bewusst im „Hauruckverfahren“ mit dem Minimum notwendiger Stimmen das Thema auf die Agenda gehoben worden, in der Hoffnung, „dass unter dem gewaltigen Druck anderer gewichtiger Themen das Thema Homöopathie nebenbei, rasch und endgültig erledigt werden kann“, heißt es vom DZVhÄ.

„Wesentlicher Teil dieser Strategie war: eine fachliche und sachliche Auseinandersetzung mit Vertretern der Homöopathie ebenso zu verhindern wie eine kritische Würdigung vorliegender Ergebnisse aus wissenschaftsbasierter Forschung.“ Konsequenz sei, dass eine große Anzahl Delegierter ihren eigenen Kollegen „in den Rücken gefallen“ sei – gerade so, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, Ärzten „ihre Seriosität, womöglich sogar Zurechnungsfähigkeit, auf jeden Fall aber ihr Recht auf Anhörung als demokratische Grundvoraussetzung abzusprechen, wenn sie sich der Homöopathie zugewandt haben“.

Ärzteverband widerspricht Ärztetag

Der Beschluss des Deutschen Ärztetages zur Homöopathie war auch einer von vielen Aspekten, weswegen sich der ärztliche Berufsverband „Hippokratischer Eid“ am 21. Juni in einem offenen Brief an die Gesundheitsminister der Länder wandte. Sie sehen in einigen Beschlüssen des Ärztetages eine Bedrohung der medizinischen Versorgung, der Freiheit der Wissenschaft sowie des Arztberufes.

In dem Schreiben, das der Epoch Times vorliegt, heißt es: „Die vom Ärztetag angeführte Begründung, es gäbe keine wissenschaftliche Evidenz für die Homöopathie ist falsch“. Der Beschluss missachte die Evidenzkriterien nach Sackett, einem australischen Mediziner. Danach sind neben der Studienlage auch ärztliche Erfahrungen und die persönliche Einschätzung der Patienten zu berücksichtigen.

Es gebe zudem viele Outcomestudien, „die nicht nur den medizinischen Nutzen dieser Methode belegen, sondern auch deren Wirtschaftlichkeit“. Der homöopathische Behandlungsansatz sei sowohl ursachenorientiert als auch nebenwirkungsarm und ganzheitlich. Daher würden sich in den Studien viele Krankheitsbilder bessern, die jahrelang vorher ohne Erfolg schulmedizinisch behandelt wurden. Zudem würden Arzneimittelkosten, Kosten für technische Diagnostik und für die Behandlung von Nebenwirkungsfolgen eingespart.

 Zweierlei Maß für Studien

Beispielhaft verweist der Ärzteverband auf die sogenannten „Banerji Protokolle“, nach denen eine hohe Wirksamkeit der Homöopathie für 300 häufige Erkrankungen und 30 Tumorarten belegt wurden.

Vorliegend werde mit zweierlei Maß geurteilt,  kritisiert der Ärzteverband „Hippokratischer Eid“. Um Homöopathie-Studien als „wissenschaftlich“ einzustufen, würden Maßstäbe angelegt, die bei vielen schulmedizinische Medikamente und Methoden nicht berücksichtigt würden. Das sei unwissenschaftlich.

Der Ärzteverband wendet sich gegen den Beschluss des Ärztetages, mit dem Medizinern, die weder in diesem Bereich ausgebildet noch eigene praktische Erfahrungen hätten, über die Existenz von ärztlichen Minderheiten entschieden haben.

„Es ist absurd, dass diese über die ärztliche Weiterbildungsordnung Homöopathie beschließen, die von über 7.000 wissenschaftlich ausgebildeten Ärzten in Deutschland und international über 200.000 wissenschaftlich qualifizierten Ärzten ausgeübt wird“, heißt es in dem offenen Brief weiter.

„Die Regierung ist dem Volk verpflichtet, nicht dem Deutschen Ärztetag oder den Ärztekammern oder Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere nicht, wenn diese irren“, so der Appell an die Gesundheitsminister der Bundesländer. Es sei Aufgabe der Politik, bei Fehlentwicklungen und Fehlversorgungen mit Rahmenvorgaben zu steuern.

Der Ärzteverband „Hippokratischer Eid“ sieht es als erforderlich an, dass die ärztliche Weiterbildungsordnung auch weiterhin die Homöopathie einschließt, um eine fachliche Qualifikation für den Einsatz in der Grundversorgung zu ermöglichen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 55, vom 30. Juli 2022.



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