Von der seltenen Krankheit zur Pandemie? Parkinson breitet sich weltweit aus

Parkinson ist keine ansteckende Krankheit, breitet sich aber dennoch ähnlich wie eine Pandemie aus, sagen Wissenschaftler. Giftige Chemikalien die in der Industrie und für Lebensmittelproduktion verwendet werden, stehen im Verdacht, das Risiko für eine Erkrankung zu erhöhen.
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Für Parkinson gibt es keine Heilung, aber gut bewährte Therapien. Symbolbild.Foto: iStock
Von 24. Mai 2023

Zittern, Muskelsteifheit und langsame Bewegungen – dies sind nur einige der Symptome, die mit Parkinson in Verbindung gebracht werden. Früher galt Parkinson als seltene Erkrankung, doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Lage drastisch verändert.

Laut der Global Burden of Disease-Studie seien neurologische Erkrankungen derzeit weltweit die Hauptursache für Einschränkungen des Bewegungsapparates. Besonders besorgniserregend sei in diesem Zusammenhang der rasante Anstieg von Parkinson, gemessen an den Raten von Vorkommen, Behinderungen und Todesfällen. Wissenschaftler sprechen sogar von einer „Parkinson-Pandemie“.

Die Fachzeitschrift „Journal of Parkinson’s Disease“ begründet diese Bezeichnung damit, dass sich die Krankheit inzwischen in allen Regionen der Welt ausbreite. Niemand sei immun gegen Parkinson. Und obwohl die Krankheit als nicht infektiös gilt, gibt es Wissenschaftler, die den Pandemiebegriff in diesem Kontext für angemessen halten.

Dr. Luke Allen, ein britischer klinischer Forscher, argumentierte, dass viele chronische Erkrankungen, einschließlich Diabetes und Parkinson, „tatsächlich übertragbare Erkrankungen sind“, jedoch mit „unkonventionellen“ Übertragungswegen. Bislang wurde angenommen, dass nichtübertragbare Krankheiten ausschließlich durch individuelle Lebensstilentscheidungen verursacht würden.

In den vergangenen Jahren habe sich jedoch gezeigt, dass soziale, politische und wirtschaftliche Trends die Haupttreiber für einen Anstieg derartiger Erkrankungen seien. Diese äußeren Einflüsse führten dazu, dass Menschen vermehrt mit verschiedenen „Krankheitsüberträgern“ in Kontakt kommen wie gesundheitsschädliche Lebensmittel und Getränke, Alkohol oder Tabakprodukte.

Risikofaktoren von Parkinson

Die genaue Ursache der Parkinson-Krankheit ist bisher noch unklar. Forscher haben jedoch einige Hauptfaktoren identifiziert, welche die weltweit steigenden Fallzahlen erklären könnten.

Ein Faktor davon sei die alternde Gesellschaft. Die Häufigkeit von Parkinson nimmt mit dem Alter zu und steigt ab etwa 65 Jahren stark an. In Deutschland wird die Zahl der betroffenen Patienten auf 240.000 bis 280.000 geschätzt, wobei die Mehrheit über 60 Jahre alt ist. Die Krankheit wird vermutlich durch den Verlust spezifischer Gehirnzellen verursacht, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin spielt eine wesentliche Rolle bei der Kontrolle von Bewegungen.

Mit zunehmendem Alter wird das Gehirn weniger effektiv darin, Schäden zu reparieren und oxidativen Stress zu bekämpfen. Zudem nimmt die Anzahl der Dopamin-produzierenden Gehirnzellen ab. Diese beiden Faktoren können zu einem niedrigen Dopaminspiegel führen, der motorische Symptome wie Zittern, Steifheit und langsame Bewegungen bei Parkinson verursachen kann.

Da Menschen heutzutage länger leben als früher, ist es naheliegend, dass auch die Anzahl der Parkinson-Patienten zunimmt. Forscher erwarten, dass bis zum Jahr 2040 weltweit rund 12 Millionen Menschen an Parkinson erkranken sein werden. Im Jahr 2015 gab es vergleichsweise rund 6 Millionen Parkinson-Patienten.

Umweltgifte

Neben dem demografischen Wandel spielen laut Forschern Umweltfaktoren eine wesentliche Rolle beim Anstieg der Parkinson-Rate. Dazu gehören Luftverschmutzung, bestimmte Herbizide und Pestizide sowie giftige Chemikalien.

Ein besonders bedenkliches Herbizid ist Paraquat. Es wird damit in Verbindung gebracht, das Risiko für Parkinson um 150 Prozent zu erhöhen. Der Grund dafür könnte sein, dass die Ammoniumverbindung Paraquat reaktive Sauerstoffspezies erzeugen kann, die oxidativen Stress im Gehirn verursachen.

Paraquat wurde in den 1950er-Jahren entwickelt und gilt als eines der giftigsten Unkrautvernichtungsmittel. Es wurde sogar für Tötungsdelikte und Selbstmorde verwendet. Die Europäische Union hat das Mittel seit 2007 verboten, während es in den Vereinigten Staaten noch immer weitverbreitet eingesetzt wird.

EU: Verbotene Chemikalien wieder erlaubt

Eine weitere Chemikalie, die zunehmend mit verschiedenen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht wird, ist Trichlorethylen (TCE). Menschen, die am Arbeitsplatz diesem industriellen Lösungsmittel ausgesetzt sind, haben ein fünffach höheres Risiko, an Parkinson zu erkranken, so die Analyse in „Journal of Parkinson’s Disease“.

TCE wird unter anderem zur Extraktion von Ölen aus Gemüse verwendet. Die Chemikalie wird auch zur Entkoffeinierung von Kaffee und in verschiedenen Konsumgütern wie Klebstoffen und Reinigungsmitteln eingesetzt. Sie verdunstet schnell und kann die Luft, das Wasser und den Boden in den Produktions- und Verwendungsgebieten kontaminieren.

Die EU-Kommission hatte Trichlorethylen als besorgniserregenden Stoff eingestuft und dessen Nutzung zunächst verboten. Seit 2017 dürfen jedoch bestimmte Unternehmen diese Chemikalien wieder verwenden. Die Kommission rechtfertigte ihre Entscheidung damit, dass der Nutzen für die Wirtschaft und Gesellschaft größer sei als die Risiken für die menschliche Gesundheit. Auch in Deutschland ist die industrielle Anwendung dieser Chemikalie weiterhin erlaubt.

Therapie und Prävention

Bisher gibt es in der westlichen Medizin keine Heilung für Parkinson. Die Krankheit lässt sich jedoch gut in unterschiedlichen Stadien behandeln. In einer bewährten Therapie wird unter anderem Levodopa, eine Vorstufe des körpereigenen Botenstoffs Dopamin, eingesetzt. Das Medikament sorgt dafür, dass die Dopaminspiegel in Teilen des Gehirns wiederhergestellt werden, die für die Steuerung und Koordinierung von Bewegungen zuständig sind.

Ebenso kann regelmäßiger Sport das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Egal, ob Wandern, Tanzen, Schwimmen oder andere Aktivitäten, regelmäßige körperliche Bewegung kräftigt die Muskulatur, wirkt steifen Muskeln entgegen, hält geistig fit und beugt Depressionen vor, heißt es auf der Seite der Deutschen Hirnstiftung.

Eine interessante Empfehlung kam vor drei Jahren von japanischen Forschern, die Tischtennis als Mittel gegen Parkinson vorschlugen. Wie jede andere Schlägersportart verbessert Tischtennis die Hand-Augen-Koordination, das Gleichgewicht, den Muskeltonus und die allgemeine Beweglichkeit. Es kann auch helfen, die Steifheit und Langsamkeit der Bewegungen, die mit Parkinson einhergehen, zu verringern. Tischtennis kann eine unterhaltsame und zugängliche Sportart sein, die von Menschen aller Altersgruppen und Fitnessniveaus praktiziert werden kann.

Überdies empfehlen Forscher präventive Maßnahmen, um das Risiko von Parkinson zu verringern. Dazu gehört, den Verzehr von Lebensmitteln, die mit Pestiziden und Herbiziden angebaut werden, zu reduzieren.

Wenn giftige Chemikalien wie Paraquat und Trichlorethylen verboten werden würden und „wir unsere Luft reinigen, können wir in einer Welt leben, in der Parkinson immer seltener wird“, sagt Dr. Ray Dorsey, Professor für Neurologie an der University of Rochester, USA.

(Mit Material von theepochtimes.com)



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