Landfrauen und ihr Wissen um die Kräfte der Natur

Teil 2: Sie wurden gebraucht, dann wurden sie belächelt, als sie sich vor über 100 Jahren zusammentaten. Heute sind sie nicht nur kenntnisreich, sondern melden sich auch öffentlich zu Wort: Die Landfrauen. Wir berichten in Fortsetzungen
Titelbild
Was so romantisch ausschaut, wie hier der Almabtrieb im Oktober 2014 in Schönau am Königssee, das gehört immer noch zu den Grundlagen bäuerlichen Lebens, an dem die Frauen entscheidend beteiligt sind. Schon seit über 100 Jahren treffen sie sich in Landfrauenverbänden, um ihr Wissen zu teilen und weiterzugeben.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Image
Von 9. September 2015

Teil 2: Das Wissen um die Kräfte der Natur wurde mit Pillen und Medikamenten beiseitegeschoben. Nun werden diese natürlichen und alten Weisheiten mittlerweile als Geheimtipp gehandelt. Besonders in den ländlichen Gebieten pflegen die Frauen auch heute noch eine ebenbürtige Gemeinschaft und Solidarität.

Früchte Allerlei: Im Herbst gibt es reichlich Obst zu ernten. Manchmal so viel, dass der Überfluss liegen bleibt und nicht selten verfault. Die Landfrauen verschwendeten früher nichts was essbar war. Alles Obst, das nicht sofort verzehrt wurde, endete nicht nur als Marmelade, sondern wurde auch zu süßer Grütze verarbeitet. Obstgrütze war generell nicht zu süß und konnte auch als Kompott gegessen werden. Hier nutzten die Landfrauen eine alte Tradition um so viele Vitamine wie möglich zu erhalten. Der Zucker wurde immer sofort zu den Früchten ins Wasser beigefügt, noch bevor es aufgekocht wurde.

Das schützt die Zellen des Obstes vor dem Kochwasser, das sonst zu viele Vitamine verkochen würde. Auch zerfällt das Obst nicht komplett und wird nicht zu einem breiigen Mus wie bei einer Marmelade. Es ging also bei der Zuckerbeigabe nicht nur darum, dass die Marmeladen und Grützen süß schmeckten, sondern auch um möglichst viele Vitamine zu erhalten. So konnte man auch in den kalten Wintermonaten wenigstens einen Teil seiner Vitamine zu sich nehmen.

Eier: Kaum eine Bauersfamilie besaß nicht wenigstens ein paar Hühner. Damals wurden die Hühner nicht wie heute in enge Käfige gepfercht, wo sie sich gegenseitig zu Tode hacken. Das Zusammenleben verschiedener Tierarten förderte die symbiotische Landwirtschaft in Bezug auf Natur, Tiere und Pflanzen. Neben den paar Hühnern besaßen die meisten auch mindestens ein oder zwei Schweine. Die Schweine konnten den Hühnern die feste Erdkruste aufbrechen, in der diese dann nach Essbarem picken konnten. Das Schwein hatte wiederum die Möglichkeit, sich artgerecht zu suhlen und beschützte nebenbei die Hühner vor Füchsen und Habichten.

Neben den Federn, die die Frauen im Winter mit dem Federschließen zu Federbetten verarbeiteten, waren natürlich in den frisch gelegten Eiern die Portion Kalzium, die für starke Knochen gebraucht wurde. Denn das Leben auf dem Land war im wahrsten Sinn des Wortes harte Knochenarbeit, und schon die Landfrauen wussten damals, dass es darum ging, diese mit ausreichend Kalzium zu versorgen. Neben Kalzium liefern Eier auch genügend Eiweiß. Landfrauen bereiteten gern Spiegeleier mit darauf geschmolzenem Käse. Das Vitamin D des Käses fördert die Kalziumaufnahme aus den Eiern und sorgt dafür, dass es direkt in die Knochen geführt wird.

Essig: Hildegard von Bingen wusste schon im Mittelalter von der besonderen Weise des Essigs und hat ihn als Heilmittel angewandt. Zur Desinfektion rieb man damals die Kranken mit Essig ein. Behälter und Geräte, die in der Medizin Verwendung fanden, wurden ebenfalls mit Essig gereinigt. Vor allem das Einlegen von Gemüse in Essig und die Herstellung von Marinaden für Salate wurden von den Landfrauen betrieben.

In der Schönheitspflege diente Essig wegen seiner reinigenden und desinfizierenden Wirkung zur Behandlung hartnäckiger Hautkrankheiten. Heute wird Essig vor allem als Konservierungs-, Würz- und Genussmittel verwendet.

Gerne wird in der italienischen Küche – besonders beim Tomaten Mozzarellasalat – Essig genutzt. Die Landfrauen gaben schon früher für den kräftigen Linseneintopf immer etwas Essig hinzu. Nicht nur dass es den Geschmack verbesserte, die Säure aus dem Essig baute besonders beim Kochen die Gerb- und Giftstoffe aus der Linsenschale ab. Rohe Linsen enthalten unbekömmliche oder sogar giftige Inhaltsstoffe, wie unter anderem Lektine, die durch das Kochen unschädlich gemacht werden. Werden die Linsen zudem vor dem Kochen eingeweicht, wird der Gehalt unbekömmlicher Inhaltsstoffe reduziert.

Die Schale der Linse dient eigentlich, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Denn im Grunde genommen will die Linse nicht verzehrt werden. Deshalb produziert sie in der Schale das Gift. Aber die Säure tut nicht nur den Linsen, sondern auch dem Menschen gut. Durch das Vitamin C kann unser Körper das wertvolle Eisen der Linsen weitaus besser aufnehmen. Besonders für Vegetarier sind Linsen unentbehrlich und ein wichtiger Eisen-Lieferant.

Karotten: In Karotten stecken reichlich Vitamin A. Dieses fettlösliche Vitamin ist essentiell wichtig für gutes Sehen, eine gesunde Haut, und ein Schutzschild gegen Infektionskrankheiten. Eine Mangelerscheinung zeichnet sich durch Müdigkeit aus, trockene und rissige Haut, glanzlose und spröde Harre. Auch brüchige Fingernägel deuten auf einen akuten Vitamin A Mangel an. Heute weiß man, dass erst mit Öl oder Butter der Körper das fettlösliche Vitamin überhaupt aufnehmen kann. Schon die Landfrauen gaben immer etwas Butter ins Wasser oder direkt auf die Karotten. So entfaltete sich auch erst der milde süßliche Geschmack. Bekannt ist das orangefarbene Gemüse auch für sein Carotin. Je farbintensiver die Wurzeln sind, desto mehr Carotin enthalten sie. Außerdem enthalten Karotten einen nennenswerten Anteil an Eisen, Calcium und Kalium.

Gut für unsere Verdauung ist auch der hohe Anteil an Ballaststoffen.

Kartoffeln: Kaum eine Bauersfamilie hatte nicht Kartoffeln angepflanzt. Bei der Ernte half dann die ganze Familie mit. In einem dunklen Keller wurden die Kartoffeln gelagert und dienten der Sättigung. Nichtsdestotrotz wussten die Landfrauen von den Vitaminen, die direkt unter der Schale sitzen. Sie wären deshalb nie auf die Idee gekommen, Kartoffeln vor dem Kochen zu schälen. Denn geschälte Kartoffeln verlieren beim Kochen ca. 30 Prozent ihrer Vitalstoffe. Kartoffeln enthalten hohe Anteile der Vitamine B1 bis B6. B1 ist für gute Nervenenergie und Kraft zuständig.

Vitamin B1 ist außerdem entscheidend am Kohlenhydrat-Stoffwechsel beteiligt. Ein Anzeichen von Mangelerscheinungen ist Müdigkeit, Kribbeln im Arm und Bein sowie eingeschlafene Füße. Ein Mangel an Vitamin B1 kommt bei uns relativ häufig vor. Es genügt, die Kartoffeln abzuwaschen und dann können sie unbedenklich nach dem Kochen mit der Schale verzehrt werden. Auch die Vitamine B2 und B6 schützen das Immunsystem, stärken die Nerven und sind auch maßgeblich beteiligt beim Auf- und Abbau der roten Blutkörperchen. Mittlerweile werden Kartoffeln auch gerne bei Diäten eingesetzt, weil sie eine entwässernde Wirkung erzielen.

Knoblauch: Knoblauch wurde auch bei den Landfrauen schon immer den Speisen beigemischt. Nur fügten sie immer Salz zum Knoblauch hinzu, drückten Salz und Knoblauchzehe mit der Gabel zu einem pastigen Brei. Das Salz bindet wertvolle ätherische Öle und andere Vitalstoffe, die sonst beim Erhitzen oder Kochen verloren gehen würden. Auch wussten die Landfrauen um die desinfizierende Wirkung für Magen und Darm, aber auch dass Knoblauch Blut und Herzgefäße gesund hält.

Heute weiß man, dass Knoblauch auch bei Diabetes und sogar Krebs erstaunliche Wirkungen erzielt. Eine Reihe wissenschaftlicher Studien bestätigt, dass Knoblauch vor allen Dingen das Blut gesund hält. Und das Blut ist maßgeblich daran beteiligt, gute und schlechte Stoffe durch unseren Körper zu transportieren.

Da Knoblauch den Erhalt einer gesunden Darmflora fördert, kann man es auch als natürliches Antibiotikum bezeichnen. Im Gegensatz zu den chemischen Antibiotika bleibt die Darmflora allerdings gesund. Und eine gesunde Darmflora ist das, was das menschliche Immunsystem ausmacht. Damit kann eine starke Immunabwehr durch Knoblauch erhalten werden.

Kürbis: Der Kürbis zählt mittlerweile zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt überhaupt. Auch die Landfrauen wussten schon mit dem Kürbisfleisch und den Kürbiskernen viele Varianten auf den Tisch zu zaubern. Natürlich gehörte auch die obligatorische Kürbissuppe im Herbst in allen Abwandlungen dazu. Aber das Kürbisfleisch kann man ebenso schmoren, dünsten, braten oder klein schnippeln und raspeln.

Besonders die Kürbiskerne enthalten einen hohen Anteil an Vitamin E. Nicht umsonst kommt der Ausdruck „kerngesund“ nicht von ungefähr. Kerne enthalten alles, was eine Pflanze zum Wachsen braucht, was sie also selbst als Nahrung nimmt. In den Kernen stecken Eiweiß, Vitamine, Mineralien Ballaststoffe, aber vor allem mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die heute mehr denn je wichtig für unseren Körper sind. Zu viele Lightprodukte enthalten die schlechten Fette. Diese sind mit die großen Verursacher der heutigen Herz- und Kreislauferkrankungen.

Vitamin E kurbelt die Fruchtbarkeit an und heute ist auch längst nachgewiesen, dass Vitamin E eines der Vitamine ist gegen Hautalterung. Vor allem seine Antioxidantien machen das Gemüse zum aktiven Schutzschild gegen Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Herzinfarkte. Es wirkt antientzündlich und selbst winzige Faserrisse in den Muskeln können schneller heilen. Ihr volles Aroma entfalten die Kerne, wenn man sie ohne Zusatz von Öl vorsichtig in einer Pfanne anröstet.

Auch nahmen die Landfrauen gerne Kürbiswickel, um Muskelkater zu lindern. Besonders Männern wurde empfohlen Kürbissuppe zu essen, was die Prostata stärken soll. Und die Kerne der Kürbisse kommen wegen ihres hohen Gehalts an pflanzlichen Hormonen bei einer gutartigen Prostatavergrößerung und zur Stärkung der Blasenfunktion zum Einsatz.

Aufgrund des hohen Fettgehalts eignen sich die Kerne auch hervorragend zur Herstellung von Speiseöl. Gerade Kürbiskernöl wird wegen seines intensiven Geschmacks heute gerne als Spezialität in der kalten Küche, besonders bei Salaten angewendet.  Deutscher Landfrauenverband e.V

Teil 1: Modern Times und das überlieferte Wissen der Landfrauen



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion