Chef der Jungen Union warnt vor „gesellschaftlichen Kipppunkten“ in der Migrationskrise
JU-Chef Johannes Winkel spricht Deutschland „Identität“ und „Selbstvertrauen“ ab. Das allerdings behauptet etwa die Identitäre Bewegung (IB) schon seit Jahren und wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem beobachtet. Was unterscheidet Winkel von Sellner, dem Chef der IB?
Johannes Winkel ist ein Kind des wiedervereinigten Deutschlands. Als er im Oktober 1991 tief im Westen der alten Bundesrepublik geboren wurde, regierte Helmut Kohl. Und Winkel war Messdiener im nordrhein-westfälischen Kreuztal, als Angela Merkel (CDU) zum ersten Mal die Hand zum Schwur der Kanzlerin hob, „So wahr mir Gott helfe!“
Schwer vermittelbare Bilder
Als Merkel im September 2015 die von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorbereitete Grenzsicherung Richtung Balkanroute nicht in Kraft setzte, um unschöne, „schwer vermittelbare Bilder“ zu vermeiden, begann eine vielfach illegale Massenzuwanderung nach Deutschland, die bis heute anhält und eine Wanderung von Millionen Migranten vorwiegend muslimisch-arabischer Herkunft nicht zuletzt auch in die deutschen Sozialsysteme auslöste.
Der heutige Vorsitzende der Jungen Union war damals ein 24 Jahre alter Jurastudent der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sieben Jahre und Millionen Zuwanderer später wurde Winkel 2022 Vorsitzender der Jungen Union (JU). Der „Bild“ gab er jetzt ein Interview, in welchem Winkel seine Kritik an der Zuwanderung für Friedrich Merz in den Ring geworfen hat.
Der „Bild“ scheint es gefallen zu haben. Sie schreibt von einer „schonungslosen Abrechnung mit der deutschen Politik“. Eine Abrechnung mit der Zuwanderungspolitik der Bundeskanzlerin kommt bei Winkel allerdings gar nicht vor. Der Name „Merkel“ fällt kein einziges Mal. Die Schlagzeile des Artikels ist ein Zitat des JU-Chefs: „Deutschland hat keine Identität, kein Selbstvertrauen“. Der heute 32 -Jährige warnt davor, dass Deutschland und der Westen „vor gesellschaftlichen Kipppunkten stehen, die ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden können“.
Wo wart ihr Silvester?
Vertreter der deutschen Rechten antworteten 2017 auf der Frankfurter Buchmesse in Richtung lautstark skandierenden Antifa-Demonstranten mit dem rechtspolitischen Schlachtruf „Wo wart ihr Silvester?“ Gemeint waren damit die in der Silvesternacht 2015/16 auf der Domplatte in Köln stattgefundenen massenhaften sexuellen Übergriffe gegen deutsche Mädchen und Frauen durch Zuwanderer. Bei der Polizei gingen 1.200 Anzeigen ein, 500 davon wegen Sexualdelikten, die übrigen wegen Diebstahl, Körperverletzung und anderem.
Der „Tagesspiegel“ schrieb ein Jahr später an Neujahr 2017 über diese Nacht:
„Die Polizei bekam das Chaos nicht in den Griff. Und so wurde für viele der Kontrollverlust in Köln zum Symbol für den Kontrollverlust des ganzen Staates, zum Anfang vom Ende der Willkommenskultur und der Flüchtlingspolitik unter Angela Merkel.“
Jetzt mag die Willkommenskultur beendet worden sein, aber die Zuwanderung endete nicht. Die Grenzen wurden nicht geschlossen. Im Gegenteil, es eröffneten sich seitdem immer neue Zuwanderungsrouten, und immer mehr Nichtregierungsorganisationen (NGO) auf dem Mittelmeer brachten sich in Position vor der libyschen Küste.
Nur die RAF war interessanter
Der spätere Bundesinnenminister Horst Seehofer war noch bayerischer Ministerpräsident und nannte Merkels Zuwanderungspolitik von München aus eine „Herrschaft des Unrechts“. Die CSU war damals der Auffassung, die offenen Grenzen seien ein andauernder Rechtsverstoß. Als Seehofer 2018 Innenminister wurde, änderte er daran allerdings nichts.
All das kann auch Johannes Winkel wissen. Denn die Rezeption der Massenzuwanderung – hier insbesondere bei den neuen Medien – ist zwischenzeitlich eine der umfangreichsten in der Geschichte der Bundesrepublik geworden, allenfalls noch übertroffen von der RAF-Rezeption und dem sogenannten „Deutschen Herbst“.
Die Silvesterausschreitungen sind im Zusammenhang mit der „Abrechnung“ des JU-Vorsitzenden deshalb von elementarer Bedeutung, weil sie als Blaupause für heute stattfindende Ausschreitungen lesbar sind. Das war nicht nur eine Zäsur in der Willkommenskultur, sondern eine unverkennbare Machtdemonstration Tausender junger muslimisch-arabischer Migranten.
Die Polizei war paralysiert und überhaupt erst Tage später in der Lage, mit der Analyse des Versagens zu beginnen. Die Medien beschäftigten sich anschließend damit, dass die Polizei für die Täter in der internen Kommunikation den angeblich diskriminierenden Begriff „Nafris“ als Abkürzung für „Nordafrikanische Intensivtäter“ verwendet habe. In den Folgejahren drehte sich die Debatte dann darum, die Herkunft von Sexualstraftätern besser nicht mehr in Statistiken einfließen zu lassen.
Gesellschaftliche Kipppunkte
Johannes Winkel warnt also Anfang November 2023 davor, dass wir vor „gesellschaftlichen Kipppunkten“ stehen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Mitverantwortlich dafür sei die nachlässige Migrations- und Integrationspolitik der vergangenen Jahre. Die so kritisierte Ampel hat die Probleme allerdings aus der Kanzlerschaft von Angela Merkel übernommen und ausgebaut. Dieser Rückblick findet in Winkels „Abrechnung“ einfach nicht statt.
Der JU-Vorsitzende empört sich:
„Für Juden ist der Alltag in Israel trotz Raketenhagels der Hamas sicherer als in den Großstädten Deutschlands, Frankreichs und Englands. In Deutschland werden Häuser, in denen Juden leben, nach 80 Jahren wieder mit dem Davidstern markiert. Was für eine beispiellose Schande für unser Land.“
Aber auch dieses Problem hat ihren Ursprung nicht in der Politik der Ampelregierung. Der Verfassungsschutz warnte Anfang 2019 vor einem islamistischen Antisemitismus. Die Behörde verfasste eine Broschüre mit dem Titel „Antisemitismus im Islamismus“. Dort heißt es, das „Feindbild Judentum“ bilde einen zentralen Pfeiler, „auf den sich die Argumentationen aller islamistischen Gruppierungen stützen“.
Daraus schlussfolgerte der Geheimdienst wiederum: „Eine solche Erkenntnis gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund des zwischen den Jahren 2014 und 2017 erfolgten Zuzugs von mehr als 1.000.000 Muslimen in die Bundesrepublik Deutschland an Bedeutung.“
Keine Identität, kein Selbstvertrauen
Die Reaktion der Politik bezeichnet Winkel vier Jahre nach Erscheinen dieser Broschüre (noch unter CSU-Minister Horst Seehofer) als „hilflose, teilweise naive Appelle“, die dem „ungebremsten Judenhass auf unseren Straßen“ fast nichts entgegensetzen können. Für Winkel drängt sich der Eindruck auf, erzählt er weiter, dass Deutschland, wie hier schon eingangs erwähnt, „keine Identität, kein Selbstvertrauen, keine Durchsetzungskraft“ mehr habe.
Nun ist ein Eindruck die eine Sache. Auf der politischen Ebene muss aber zwingend eine Analyse folgen. Wie viele Jahre will die CDU/CSU noch ihre Eindrücke schildern, bis mal einer mit der Analyse beginnt – mit einer schmerzhaften Selbstanalyse?
Wenn der Vorsitzende der Jugendorganisation der CDU sagt, die „Kampfansage“ von Zehntausenden Islamisten in Deutschland sei eine „Machtdemonstration […] nicht nur gegen Juden, sondern gegen Demokratie und Freiheit insgesamt“, dann passt der Begriff „Islamisten“ nicht mehr mit der Wahrnehmung auf den deutschen Straßen zusammen.
Sichtbar wird das Problem auch an Schulen, berichtet etwa „Tagesschau.de“ und zitiert einen Lehrer aus dem Münsterland, der berichtet, er erlebe fast täglich judenfeindliche Vorkommnisse im Klassenzimmer und auf dem Schulhof: „Ich glaube, dass wieder insgesamt mehr Hass auf Juden zur geduldeten Normalität gehört.“ Es seien krasse antijüdische Äußerungen, die er vor allem von muslimischen Schülern höre.
Johannes Winkel fragt: „Wo sind Politiker, die die Power haben, den Kampf gegen diese Verfassungsfeinde nicht nur in Sonntagsreden, sondern auf den Straßen zu führen? Die den Mut haben zu sagen: Wir lösen Parallelgesellschaften in unseren Städten mit aller Härte konsequent auf – so wie es Dänemark erfolgreich tut?“
An wen konkret richtet sich Winkels Appell hier? Welche Sonntagsrede meint er, die von Robert Habeck in seiner viel besprochenen inoffiziellen Rede an die Nation? Oder meint er CDU-Parteichef Friedrich Merz, der Mitte Oktober von einem Migrationstreffen im Kanzleramt sagte, dieses sei „sehr konstruktiv“ gewesen?
Wer die anhaltende Massenzuwanderung über einen Zeitraum von bald zehn Jahren kritisch begleitet hat, den könnte ein weiterer Satz von Johannes Winkel gegenüber „Bild“ sprachlos zurücklassen. Der JU-Chef meinte nämlich abschließend, überrascht über die antisemitischen Ausschreitungen könne nur sein, „wer bislang völlig blind durchs Leben gelaufen ist“. Spätestens jetzt sei es ihm zufolge für die deutsche und westliche Politik an der Zeit, aufzuwachen.
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