Demokratie vs. Klimarettung: Wie viel Freiheit sind wir bereit zu opfern? – Eine analytische Spurensuche durch zwei Jahrzehnte

Ende der 2000er-Jahre rechnete der „Bayerische Rundfunk“ mit der Idee einer Klimaapokalypse ab. Ein Experte sprach gar von einem drohenden „Demokratieverzicht“ und einer „klimapolitischen Weltdiktatur.“ Heute prägen die Grünen den Kurs der Ampel-Regierung. Eine analytische Spurensuche durch zwei Jahrzehnte.
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Symbolbild.Foto: iStock/robuart
Von 30. Juli 2023

Vor knapp fünfzehn Jahren strahlte der „Bayerische Rundfunk“ (BR) eine „Kontrovers“-Sendung anlässlich des Klimagipfels in Kopenhagen aus und schaute kritisch auf die erhitzte Debatte rund um den Klimawandel. Durchweg kamen kritische Experten zu Wort, unter anderem die Professoren Bjørn Lomborg, Mojib Latif und Gerhard Schulze.

Die „BR/Kontrovers“-Moderatorin erklärte den Zuschauern, dass der Klimagipfel „als wichtigste Konferenz in der Geschichte der Menschheit“ aufgeblasen werde.

„Dieser Superlativ, der passt zu den apokalyptischen Szenarien vom Untergang unseres Planeten, vom Hitzetod der Erde. Doch es gibt Ketzer, die wagen zu fragen, ob das alles auch stimmt. Schon der leiseste Zweifel ist verpönt. Haben Klimakatastrophenverkünder die Wahrheit für sich gepachtet? Sind die Rechenmodelle seriös oder bindet uns mancher einen Eisbären auf?“

„Übereifer einiger Klimaforscher“

Für den von „BR/Kontrovers“ als Experten befragten Prof. Lomborg wurde unter der konservativen dänischen Regierung Fogh Rasmussen eigens ein Institut eingerichtet, welches Teil des Wirtschaftsministeriums wurde. 2007 erschein sein Buch „Cool it!“, in dem er vor einer übertriebenen Darstellung der Folgen des Klimawandels bei Al Gore, Greenpeace und anderen warnte.

In besagter „Kontrovers“-Sendung von 2009 kritisierte er: „Man wundert sich schon sehr, mit welchem Übereifer einige Klimaforscher in erster Linie ihren persönlichen Überzeugungen folgen. Denn sie haben versucht, mehr aus den Fakten zu machen, als diese vielleicht hergeben. Das ist schlechte Wissenschaft.“

Zwar überraschte Bjørn Lomborg seine Kritiker schon ein Jahr später damit, dass der dänische Professor in „TheGuardian“ dazu aufrief, dass es schnell 100 Milliarden Dollar brauche, den Klimawandel zu bekämpfen. Aber elf Jahre später kritisierte Lomberg in der Welt wieder eine „einseitige Klima-Hysterie und falsche Apokalypsen“.

Klimatopfschlagen mit Augenbinde: Kalt, kälter – heiß, heißer …

Ein Wechselbad der Gefühle dann bei Prof. Mojib Latif. Den nämlich zitierte die „Kontrovers“-Sendung dahin gehend, dass er ermittelt hätte, dass die Temperaturen in den letzten zehn Jahren nicht angestiegen seien und auch in den kommenden zehn Jahren nicht ansteigen werden:

„Wir beobachten in den letzten Jahren, dass [sic] sich die Temperaturen im Bereich des äquatorialen Ost-Pazifik und im Bereich des südlichen Ozeans abkühlen. Und das wirkt eben der langfristigen globalen Erwärmung entgegen.“

Seit 2017 ist Latif Präsident der Deutschen Gesellschaft „Club of Rome“ und seit 2022 zusätzlich Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Ende 2017 berichtete Latif den „Kieler Nachrichten“, dass er täglich Hass-Mails bekäme, wenn es regnet oder es schlechtes Wetter gäbe: „Klimaskeptiker können oder wollen nicht begreifen, dass [sic] es sich um ein chaotisches System handelt.“ Ein morgendlicher Blick auf das Thermometer sage da gar nichts aus. Und 2020 erklärt er gegenüber dem Deutschlandfunk:

„Ich merke, dass Wissen offensichtlich nicht ausreicht, um auch Handlungen hervorzurufen. Wir wissen über die Dinge seit 30 Jahren Bescheid. […] Und trotzdem sind wir lange in die falsche Richtung gefahren.“

Demokratieverzicht und klimapolitische Weltdiktatur

Bleibt aus der BR-Sendung „Kontrovers“ noch der Experte Prof. Gerhard Schulze. Dieser hatte 2009 schon gegenüber der Deutschen Welle angemahnt:

„Die Anzeichen verdichten sich, dass wir unser gutes Geld für eine fixe Idee ausgeben. Es spricht alles dafür, dass das Klima bleibt, was es immer war: ein sich selbst regulierendes System.“

Und dem „Bayerischen Rundfunk“ sagte er entsprechend:

„Ich sehe mittlerweile eine Bereitschaft zum Demokratieverzicht. Das stimmt mich sehr bedenklich, wenn auf Klimakongressen wie jüngst die Frage gestellt wird, ob man nicht autoritären Regimen viel besser zutrauen könnte als einer Demokratie, die angeblich anstehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Was sich da am Horizont abzeichnet, ist eine klimapolitische Weltdiktatur.“

Diese Sendung des „Bayerischen Rundfunks“ diente Skeptikern der Klimawandel-Maßnahmen in den letzten Jahren immer wieder dazu, den menschengemachten Klimawandel in Zweifel zu ziehen und als eine Maßnahme hin zur Abschaffung der Demokratie zu dechiffrieren. So auch Rene Seidel aus Mülheim, der seit März 2022 unter dem Twitter-Account „GeorgeOrwell3“ eine wachsende Zahl an Followern mit seinen Recherchen versorgt.

Demokratie für Klimawandel zu langsam?

Seidel erinnerte sich jetzt an die Aussagen von Prof. Schulze gegenüber dem „Bayerischen Rundfunks“. Und Seidel brachte die BR-Sendung mit dem „Precht“-Talk-Format des ZDF von Dezember 2018 zusammen: Der Philosoph Richard David Precht spricht dort mit dem späteren Wirtschaftsminister Robert Habeck über die Frage, ob die Demokratie nicht zu langsam arbeite, zu wenig zielorientiert, um die sich angeblich beschleunigende (Hockeyschläger-Theorie) Klimakrise zu verlangsamen oder zu stoppen.

Robert Habeck wird hier nachgesagt, er hätte in der Sendung davon erzählt, er wünsche sich ein diktatorisches Regime wie in China, um schneller Entscheidungen zu treffen. Das allerdings kann man aus seinen Antworten nicht zweifelsfrei ableiten, dafür sind seine Aussagen zu widersprüchlich. Das sich selbst als Faktenchecker gerierende Portal Correctiv befand die Vorwürfe gegen Habeck allerdings nur als „teilweise falsch“. Eine klare Absage Habecks an das chinesische Modell sei keineswegs eindeutig, Habeck sagt unter anderem:

„China, da gibt es eben keine Opposition und keine Mitbestimmung, und wenn die Fehler machen, dann werden die trotzdem nicht abgewählt. Vielleicht gibt es irgendwann mal eine Revolte in China, aber erst einmal ist das System effizienter.“

Jedenfalls verbindet Habeck bei Precht sein persönliches Bekenntnis zur Demokratie mit der Forderung, bei der politischen Entscheidungsfindung neue Wege zu gehen, um aufs Tempo zu drücken:

 „Will man daran festhalten, dass ein demokratisches System, das im Grunde dem Kern von Selbstbestimmung und Beteiligung verpflichtet ist, noch eine Chance hat – dann muss man jetzt aber in großer Geschwindigkeit radikale Schritte in der Politik einführen.“

Aufruf zur Öko-Revolte

Dazu erhellend und jüngeren Datums ist ein Gespräch von Minister Habeck mit taz-Reporter Peter Unfried. Letzterer ist eine der Schlüsselfiguren, wenn es darum geht, herauszufinden, wie sich die Hypothese einer kommenden Klimakatastrophe von 2009 (BR-„Kontroverse“) bis heute zu einer unumstößlich behaupteten menschengemachten Klimakatastrophe entwickeln konnte. Diese zu kritisieren, zieht sofort eine mediale Zuordnung als „Klimaleugner“ nach sich. Der SWR beispielsweise berichtete schon Anfang 2020 von einer „Szene der Klimaleugner“.

Unfried ist Autor der 2008 erscheinen Klimakatastrophen-Erzählung „Ökö“. Der taz-Reporter beruft sich darin auf den ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore. Dessen Darstellung einer nahenden Klimakatastrophe wurde jedoch von dem eingangs erwähnten Prof. Lomborg bei BR/Kontrovers noch für „übertrieben“ gehalten.

Daniel (Dany) Cohn-Bendit, ein enger Weggefährte des grünen Ex-Außenministers Joschka Fischer, hinterließ ein Zitat auf dem Buchrücken von Unfrieds „Öko“: „Mit Peter Unfrieds Buch beginnt die gesellschaftliche Revolte, die wir brauchen: Die Öko-Revolte.“

Problemlösungen im „richtigen Diskurs“

Unfried also mit Habeck im Frühjahr 2023 im Interview. Der grüne Minister stellt zunächst klar, dass es längst nicht mehr darum gehe, gemeinsam in einem parlamentarischen Diskurs zu erörtern, welche Probleme anzupacken sind, das wäre die Ära Merkel gewesen. Jetzt ginge es endlich darum, Probleme wie den Klimawandel zu lösen: „Die Frage ist, kriegen wir eine neue Ära hin, wo der Diskurs immer um die beste Problemlösung geht.“

Unfried sekundiert Habeck im Gespräch mit politischen Kampfbegriffen wie jenem einer „sozialökologischen Transformation“. Und Robert Habeck beschwert sich über „destruktive Debatten“, über „die Zerstörung von Debattenräumen“. Für den Minister sind Debatten demnach nur dann ok, wenn sie den Kern des menschengemachten Klimawandels nicht infrage stellen.

Dann aber formuliert der Minister einen Satz, der vier Jahre nach dem ZDF-Gespräch mit Richard David Precht bald so interpretiert werden könnte, als wolle Habeck endlich mit dem Missverständnis aus dem Precht-Talk ausräumen, dass er ein chinesisches Antidemokratiemodell anstrebe.

Klimaschutz mit freiwilliger Selbstaufgabe

Habeck fragt: „Ist Klimaschutz ein Ziel in sich selbst? Dann muss man ihm alles andere unterordnen. Oder ist Klimaschutz ein wichtiger Bestandteil, eine freie und liberale Gesellschaft zu schützen?“ Und er fährt fort: „Letzteres wäre meine Antwort. Wenn dem so wäre, können wir nicht das, was eigentlich das Schützensgut ist, nämlich gesellschaftliches Einvernehmen, gesellschaftliche Freiheit, offene Gesellschaft aufgeben, um den Klimaschutz umzusetzen.“

Tatsächlich ließe sich das so übersetzen: Lieber die letzte Generation auf Erden sein, als klimaneutral in Unfreiheit leben.

Aber um keine neuen Missverständnisse entstehen zu lassen: Habeck bleibt Befürworter eines grundlegenden Umbaus der Gesellschaft. Jedoch seiner Idealvorstellung nach soll dieser Umbau auf einer freiwilligen Selbstaufgabe von Freiheit basieren.

An der Stelle versucht der Hardliner Unfried den Minister im taz-Gespräch wieder ins Boot zurückholen. Unfried will wissen, „ob die Demokratie in der Lage ist, unangenehme Maßnahmen zu ergreifen, […] die nach unserer bisherigen Kultur nicht als superdemokratisch verstanden werden.“

Maßnahmen, die bisher nicht als superdemokratisch verstanden werden? Entlang des chinesisch-diktatorischen Modells ist das allerdings der Weg hin zu einer „klimapolitischen Weltdiktatur“, wie es Prof. Gehard Schulze bei BR/Kontrovers nannte. Minister Robert Habeck stutzt, staunt und erteilt den antidemokratischen Vorstößen des taz-Reporters eine interpretationsfreie Absage: „Da würde ich widersprechen.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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