Die Mutter aller Krisen: Eine Weltwährungskrise kommt näher
Jim Rogers gehört an den internationalen Finanzmärkten seit Jahrzehnten zu jenen Großinvestoren, deren Stimmen sich Gehör zu verschaffen wissen. Einst den legendären Quantum Fund mit seinem ehemaligen Geschäftspartner George Soros ins Leben rufend, zeichnete Jim Rogers im Jahr 1998 für die Lancierung des Rogers International Commodity Index verantwortlich.
Bereits vor vielen Jahren zeigte sich der einstige Hedgefondsmanager davon überzeugt, dass die Anleihekäufe unter Zentralbanken (Quantitative Easing) und deren Nullzinspolitik noch eine ganze Weile anhalten könnten, ohne dass es hierdurch zu unmittelbar auftretenden Problemen an den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten kommen müsse.
Allerdings würden diese Aktivitäten ab einem bestimmten Zeitpunkt unter aller Voraussicht den Ausbruch einer Weltwährungskrise, sozusagen die Mutter aller Krisen, zur Folge haben. Wer die aktuellen Turbulenzen an den internationalen Währungsmärkten berücksichtigt, mag auf den Gedanken kommen, dass ein solches Ereignis vielleicht ein Stück weit näher gerückt sein könnte.
US-Dollar in Gefahr?
In seinen jüngsten Aussagen teilte Jim Rogers in einem Interview gegenüber The Economic Times mit, zwar noch immer im US-Dollar investiert zu sein, da die amerikanische Währung (aufgrund der exponierten Stellung des US-Dollars an den Weltwährungsmärkten) vor allem in Krisenzeiten nun einmal als ein „sicherer Hafen“ unter Investoren angesehen wird.
Doch die Anzeichen hinsichtlich eines Endes des US-Dollars mehrten sich aufgrund jener durch die USA und deren westliche Bündnispartner verhängten Sanktionen gegenüber Russland momentan merklich. Einen Hauptgrund hierfür leitet Jim Rogers anhand des Umstandes ab, das eine Weltreservewährung einen neutralen Status innehaben sollte. In Washington würden jetzt allerdings unilateral die Regeln geändert.
All jenen, deren Nasen der Washingtoner Administration nicht passten, würden nun ohne Umschweife mit Sanktionen belegt und von einem Zugang zu US-Dollars ausgeschlossen, meint Jim Rogers. Zahlreiche Kritiker der US-Regierung werfen der Regierung in Washington aus diesem Grund vor, die eigene Währung als Waffe gegen rivalisierende Staaten und Unternehmen zu missbrauchen.
Entstehung eines neuen Finanz- und Geldsystems auf dem Eurasischen Kontinent
Hingewiesen sei darauf, dass die durch die Russische Föderation dominierte Eurasische Wirtschaftsunion, die sich aus den Mitgliedern Russland, Weißrussland, Armenien, Kasachstan und Kirgisien zusammensetzt, gemeinsam mit China erst kürzlich ein Abkommen aus der Taufe gehoben hat, welches die Schaffung eines Mechanismus zur Etablierung eines unabhängigen Finanz- und Geldsystems vorsieht.
Mittels dieses im Osten neu entstehenden Systems sollen Zahlungen und Transaktionen auf US-Dollar-Basis in der Zukunft umgangen werden. Diese spezielle Entwicklung erweist sich unter Berücksichtigung einer geografisch auseinanderstrebenden Welt und des damit verstärkt in Verbindung stehenden Multilateralismus keineswegs als eine Überraschung.
Die Existenz eines einzigen durch die USA und die westlichen Industrienationen dominierten Weltfinanzsystem scheint den neuen Anforderungen an das Entstehen einer multipolaren Welt einfach nicht mehr gerecht zu werden.
Den jüngsten Beweis hierfür lieferte die vor gut einem Monat getroffene Entscheidung der G-7-Nationen, große Teile jener im Ausland veranlagten Währungs- und Goldreserven der Russischen Föderation einzufrieren. Der russische Außenminister Sergei Lawrow hatte diese Entscheidung als blanken Diebstahl bezeichnet.
Des Weiteren beginnt sich abzuzeichnen, dass es auf dem eurasischen Kontinent zu einem beschleunigten Abschluss von diversen Freihandelsabkommen zwischen den Nationen der Eurasischen Wirtschaftsunion und anderen Ländern in der Region kommen wird. Eine Verknüpfung mit Chinas Belt & Road Initiative samt einer Integration von einigen Mitgliedern des Zusammenschlusses der ASEAN-Staaten sowie der Shanghai Cooperation Organization (SCO) dürften dann folgen.
Die größte Schuldnernation der Weltgeschichte
Um auf Jim Rogers zurückzukommen, so machte dieser einmal mehr darauf aufmerksam, dass es sich im Fall der USA um die größte Schuldnernation der Weltgeschichte handele. Immer mehr Leute suchten nicht mehr nur aus fundamentalen, sondern nun eben auch aus politischen Gründen nach nutzbaren Alternativwährungen.
Um dies am Beispiel Russlands zu erklären: Das Land hält 16 Prozent seiner Währungsreserven in Form von US-Dollar-Anlagen sowie einen Anteil von 32 Prozent in Form von Euro basierten Anlagen. Etwa fünfzig Prozent aller russischen Vermögenswerte werden somit also durch Nationen kontrolliert, die der Russischen Föderation nicht freundlich gewogen sind.
Allein anhand dieser Tatsache leitet sich die Signifikanz für das Ausschauhalten nach einer Alternativwährung ab, wie Jim Rogers sich überzeugt zeigt. Laut eigener Aussage sei er sich momentan jedoch nicht darüber im Klaren, welche Währung oder welche Währungen den US-Dollar in absehbarer Zukunft substituieren könnten.
Die Zukunftsaussichten des US-Dollars dominieren die Debatten an den globalen Finanzmärkten
„Der US-Dollar wird in der Zukunft zwar voraussichtlich nicht komplett ableben“, doch es stelle sich das Gefühl ein, dass der Abschwung der amerikanischen Währung begonnen zu haben scheint. Es handelt sich hierbei um ein Thema, das unter Investoren und Analysten an den globalen Finanzmärkten mittlerweile überall – teils sehr kontrovers – diskutiert wird.
Jim Rogers beklagt, dass die Washingtoner Bundesregierung augenscheinlich kaum etwas bis überhaupt nichts hiergegen zu unternehmen bereit zu sein scheint. In einem anderen Interview gegenüber kitco.com erklärte Jim Rogers, dass die permanenten Einmischungen der Washingtoner Regierung in die internen Angelegenheiten von anderen Nationen zu einem Bumerang zu werden drohen.
Im Fall der Russischen Föderation hätten diese Interventionen über die letzten Jahre dazu geführt, das Land in einem beständig wachsenden Ausmaß in die Arme Chinas zu treiben. Beobachten lässt sich, dass die beiden Nationen in einem sich beschleunigenden Ausmaß zusammenrückten, weil Amerikas Außenpolitik beiden Staatsregierungen überhaupt keine andere Option übrig ließe.
Bündnis zwischen Russland und China aus Sicht Amerikas bedenklich
Ob es schon in absehbarer Zeit zum Ausbruch eines Krieges in Asien kommen könnte, sei aus seiner persönlichen Sicht schwer abzusehen. Aus Perspektive Chinas könnte nun jedoch der passende Zeitpunkt gekommen sein, um einen Krieg um einen Wiederanschluss von Taiwan an Festlandchina zu führen, weil der Rest der Welt momentan mit anderen Dingen abgelenkt sei. Er könne sich in diesem Punkt allerdings auch irren, wie Jim Rogers ergänzte.
Mittel- bis langfristig betrachtet sei er persönlich davon überzeugt, dass China einen solchen Schritt irgendwann unternehmen wird. Als schwierig erwiesen sich die Entwicklungen jedoch auch aus Perspektive Amerikas, da die sich vertiefende Allianz zwischen Russland und China einen zukünftigen Zweifrontenkrieg wahrscheinlich mache.
Ferner müsse davon ausgegangen werden, dass China der Russischen Föderation mit Blick auf den anhaltenden Krieg in der Ukraine Waffenhilfe leisten dürfte, so wie auch die Ukraine Waffensysteme aus den USA und Europa erhalte.
Ein möglicher Krieg in Asien ist nicht eingepreist in die Aktienkurse
Dass die amerikanischen Aktienmärkte bislang noch nicht gecrasht sind, zeuge davon, dass die Möglichkeit eines großen Krieges auf dem asiatischen Kontinent noch nicht entsprechend eingepreist worden sein mag. Sollte sich die Situation um den Ukraine-Krieg entspannen, so geht Jim Rogers davon aus, dass die globalen Aktienmärkte zu einer letzten großen Rally der Erleichterung ansetzen werden, um in diesem Zuge wohl auch noch einmal neue Hochs zu erklimmen.
Nach diesem letzten großen Freudensprung müsse dann allerdings mit dem Einsetzen eines ungemütlichen und schmerzhaften Bärenmarktes gerechnet werden. In Zeiten des Krieges entwickelten sich darüber hinaus insbesondere die Preise von Rohstoffen äußerst vorteilhaft. Rohstoffe profitierten von Kriegen, sodass deren Preise in solchen Zeiten förmlich durch die Decke gingen. Nahezu in allen wichtigen Rohstoffsegmenten lassen sich Beobachtungen dieser Art nun schon seit einiger Zeit feststellen.
Insbesondere der Agrarsektor scheint es Jim Rogers auf besondere Weise angetan zu haben. In diesem Bereich böten sich trotz der zuletzt erfolgten Preisanstiege noch immer gute Investitionsmöglichkeiten an. Was des einen Freud, ist des anderen Leid.
Preisrally an Agrarmärkten setzt insbesondere Schwellenländer unter Druck
Denn anhaltende Rallybewegungen an den Märkten für Weizen, Getreide, Mais und andere Grundnahrungsmittel drohen die in vielen Schwellenländern ohnehin schon sehr hohe Inflation noch weiter anzukurbeln. Zuletzt warnte die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen davor, dass sich die internationalen Lebensmittelpreise von deren aktuellen Rekordhochs noch einmal um bis zu zwanzig Prozent verteuern könnten.
Hierdurch werden natürlich allen voran die finanziell armen Bevölkerungsgruppen in den Schwellen- als auch Industrieländern besonders hart getroffen. Um noch einmal auf die finanzielle Lage in den USA zurückzukommen, so kritisierte Jim Rogers bereits vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise zwischen den Jahren 2007 und 2010 und der mit diesem Ereignis verbundenen Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers sowohl die Vorgehensweise der Washingtoner Regierung als auch der Federal Reserve Bank.
Von der damaligen bis zur heutigen Zeit fügten sich die Ereignisse wie ein roter Faden zusammen. Die Kryptomärkte ansprechend, möchte Jim Rogers nicht ausschließen, dass sich vielleicht auch private Digitalwährungen als zukünftige Alternativwährungen zum US-Dollar anbieten könnten.
Bitcoin – Eine Alternative zum US-Dollar?
Ob Bitcoin den US-Dollar langfristig wird ersetzen können, bleibe für den Moment erst einmal abzuwarten. Es könnte durchaus so sein. Zumindest hätten sich im Kryptohandel über die vergangenen Jahre hohe Gewinne erzielen lassen.
Kryptobullen pochten darauf, dass es sich um das neue Geld handele. Klar sei auch, dass alle Länder auf der Welt an Computergeld beziehungsweise digitalen Währungen arbeiteten – inklusive der USA. Regierungen schreckten jedoch davor zurück, es als Geld zu bezeichnen.
Auf Kryptowährungen blickend, fürchtet Jim Rogers, dass alle Regierungen das Gefühl von Kontrolle und des Innehabens einer Monopolstellung mehr als alles andere liebten. Eine solche Sichtweise entspräche zwar nicht seiner eigenen Art, doch es müsse akzeptiert werden, dass Regierungen nun einmal auf eine solche Weise tickten.
Aus eben jenem Grund sei davon auszugehen, dass dieser Bereich irgendwann besteuert, reguliert oder vielleicht sogar komplett gebannt werden könnte, weil Regierungen niemals Kontrolle und Macht einbüßen wollten.
Weil das Damoklesschwert eines Verbots über dem Kryptowährungsbereich schwebe, habe er selbst auch niemals in diesen Bereich investiert. Allerdings gestand Jim Rogers im letzten Jahr unumwunden ein, es zu bereuen, nicht in Bitcoin investiert zu haben.
Roman Baudzus ist Wirtschaftsinformatiker und beschäftigt sich seit mehr als fünfundzwanzig Jahren mit den Themen Börse, Finanzmärkte, Globalisierung und Geldwesen, auch als aktiver Investor. 2004 gründete er nach Stationen in den USA, Südamerika und Afrika sein eigenes Unternehmen und lebt heute auf dem afrikanischen Kontinent. Er schreibt für verschiedene Wirtschaftsseiten.
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