Cowboys im Herzen: Erziehung von Jungen

„Männer sind das, was ihre Mütter aus ihnen machten,“ sagte einmal der US-amerikanische Philosoph Ralph Waldo Emerson. Diese Worte gelten heute genauso wie vor mehr als 100 Jahren, meint unser Gastautor Jeff Minick.
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Die Cowboy-Ethik im Wilden Westen war sehr unkompliziert: Wenn man das Richtige vom Falschen unterscheiden konnte, die Goldene Regel befolgte und bereit war, hart zu arbeiten, kam man sehr weit.Foto: diane39/iStock
Von 14. Oktober 2021

In „Mamas Don’t Let Your Babies Grow Up to Be Cowboys“, einem Hit, der 1978 von Willie Nelson und Waylon Jennings gesungen wurde, warnten die Liedtexter Ed und Patsy Bruce die Mütter vor dem Cowboyleben:

„Mamas, lasst eure Babys nicht zu Cowboys heranwachsen

Lasst sie nicht Gitarre spielen oder alte Trucks fahren
Lasst sie Ärzte und Anwälte und so weiter werden
Mamas, lasst eure Babys nicht zu Cowboys heranwachsen,
Denn sie werden nie zu Hause und immer einsam sein,
Selbst mit jemandem, den sie lieben.“

Oft schrieb ich bereits über die Notwendigkeit, dass Männer – Väter, Trainer, Lehrer und andere Mentoren – sich am Leben junger Männer beteiligen. Dabei reagierte ich auf die Epidemie vaterloser Haushalte, die unsere Kultur weiterhin heimsucht.

Ohne männliche Vorbilder, insbesondere Väter, fehlt es vielen Jungen und jungen Männern an Vorbildern der Männlichkeit. Daher brechen sie allzu oft die Schule ab, meiden Verpflichtungen, haben keine Ziele oder Sinn im Leben und verlängern ihre Zeit des Erwachsenwerdens, indem sie Vergnügungen und Unterhaltung nachjagen, statt das Erwachsensein anzugehen. Der 12-Jährige, der täglich stundenlang Videospiele spielt, tut das auch 15 Jahre später.

Wir brauchen gute Männer, die junge Männer zur Männlichkeit führen. Aber was ist mit Müttern? Welche Rolle können sie bei der Entwicklung männlicher Tugenden und Stärken in ihren Söhnen spielen?

Schneeflocken

Kürzlich hörte ich, wie eine Frau in einem Café darüber sprach, wie bestürzt und erstaunt sie gewesen sei, als einer ihrer Angestellten – ein 20-jähriger Mann – seine Mutter zu seinem Arbeitsplatz schickte. Sie sollte die Probleme besprechen, die ihr Sohn bei der Arbeit hatte.

Die meisten von uns haben schon von „Helikopter-Müttern“ gehört, die den Uni-Lehrer anrufen, um gegen eine schlechte Note zu protestieren, die ihre Söhne erhalten haben. Diese jungen Männer sind alt genug, um Bier zu kaufen, Auto zu fahren und zum Wehrdienst zu gehen und doch lassen sie ihre Mütter für sich kämpfen.

Männer und starke Mütter

Andererseits gibt es in der Geschichte, sowohl in der Antike als auch in der Neuzeit, ein Heer von Müttern, die ihre Söhne dazu erzogen, sich in den harten Kampf des Lebens zu stürzen.

Als ihre Söhne in den Krieg zogen, riefen die spartanischen Mütter: „Komm mit deinem Schild zurück – oder auf ihm“, was bedeutet, komm lebendig voller Ehre oder tot als Held zurück. Cornelia aus dem alten Rom betrachtete ihre beiden Knaben als ihre Juwelen und erzog sie zu Kämpfern und Patrioten.

Einmal empfing Cornelia eine vornehme Dame, die stolz ihren prachtvollen Schmuck zeigte. Cornelia entgegnete nichts, bis ihre Kinder aus der Schule zurückkamen und sagte dann: „Und hier sind meine Kleinodien“. „Cornelia, Mutter der Gracchen“, 1785 von Angelika Kauffmann. Foto: Public Domain

Andrew Jacksons verwitwete Mutter erzog ihren Sohn zu einer starken Persönlichkeit. Ihre letzten Worte an ihn waren: „Du wirst deinen eigenen Weg gehen müssen“ und „Erhalte stets deine Männlichkeit“. Jackson wurde schließlich zum siebten Präsidenten der USA. Über seine Mutter sagte er später: „Sie war sanft wie eine Taube und mutig wie eine Löwin. Ihre letzten Worte bestimmten mein Leben.“

Auch in unserer Zeit gibt es Männer, die ihren Müttern dafür danken, dass sie ihnen die Tugenden des Mannseins eingeimpft haben. Nehmen wir das Beispiel des berühmten pädiatrischen Neurochirurgen und ehemaligen US-Ministers für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Ben Carson. Er erzählt in seiner Autobiografie, wie seine arbeitende, schlecht ausgebildete Mutter darauf bestand, dass er und sein Bruder täglich stundenlang lasen. Sie schränkte ihre Fernsehzeit ein und verbot ihnen, sich auf den Straßen des Ghettos herumzutreiben, in dem sie lebten.

Dank der Bemühungen seiner Mutter besuchte Carson angesehene Universitäten und wurde schließlich von der Library of Congress zu einer ihrer „lebenden Legenden“ gewählt.

Erinnerungen an meine Mutter

Nach der Scheidung meiner Eltern im Jahr 1974 zog meine Mutter mit mir und meinen drei jüngeren Geschwistern von Florida nach Winston-Salem, North Carolina, wo sie als Büroleiterin arbeitete.

Während dieser Zeit hörte ich meine Mutter kein einziges Mal über ihr Leben klagen. Sie vermittelte uns Lektionen wie diese: die Wahrheit sagen, hart arbeiten, andere nach Möglichkeit freundlich behandeln und seinen eigenen Weg gehen.

Eine von Mamas wichtigsten Lektionen in Sachen Männlichkeit lernte ich während ihres Sterbens. Als die Ärzte bei ihr Leberkrebs diagnostizierten, akzeptierte Mama stoisch, dass sie nur zwei Monate zu leben hatte. Sie lud Freunde zu sich nach Hause ein, um sich zu verabschieden, behielt ihren Sinn für Humor und fragte nie „Warum ich?“

Sie starb in ihrem eigenen Bett, umgeben von ihren Kindern, einigen ihrer Schwiegerkinder und ihren Enkeln – sie blieb bis zum Schluss ruhig und tapfer. Meine Mutter lehrte mich, wie ein Mann zu sterben.

Hilfe ist in Sicht

In unserer Kultur brauchen wir zwar Männer, die sich am Leben von Jungen beteiligen. Doch wenn wir die Männlichkeit wiederherstellen wollen, brauchen wir die Hilfe von Frauen. Wir brauchen Mütter, Großmütter, Tanten, Schwestern und Freundinnen, die Jungen und junge Männer dazu ermutigen, sich wie ein Mann zu verhalten, das andere Geschlecht und die Schwächeren mit Edelmut zu behandeln, die Wahrheit zu sagen, auch wenn das gravierende Folgen haben könnte, ihre Lieben zu verteidigen, zu träumen und hart für das zu arbeiten, was sie wollen.

Einige Frauen, die ich kenne, verheiratet oder alleinstehend, möchten diese Lektionen ihren Söhnen beibringen und so dazu beitragen, dass ihre Jungen zu Männern werden – doch sie wissen nicht wie. Sie können gut mit den Bedürfnissen und Fragen ihrer Töchter umgehen, aber ihre ungehobelten Söhne verwirren sie. 

Unter „Code of the West“ – „Der Kodex des Westens“ – auf seiner Online-Seite „Cowboy Ethics“ zählt Jim Owen, der auch zwei Bücher zu diesem Thema herausgab, für die Leser die wichtigsten Punkte in diesem Kodex auf. Dazu gehören auch solche Hinweise wie: „Jeden Tag mutig leben“, „Stolz auf die eigene Arbeit sein“ und „Manche Dinge sind unverkäuflich.“

In der Einleitung zu seinem Buch „Cowboy Ethics“ betont Owen, dass im Wilden Westen ein ungeschriebener, aber etwas komplizierter Anstandskodex vorherrschte. Weiter schreibt er jedoch: „Die Cowboy-Ethik hingegen war viel einfacher. Wenn man das Richtige vom Falschen unterscheiden konnte, die Goldene Regel befolgte und bereit war, hart zu arbeiten, kam man sehr weit.“

Die Hand, die die Wiege schaukelt

„Die Hand, die die Wiege schaukelt, ist die Hand, die die Welt regiert“, schrieb William Ross Wallace in einem Gedicht.

Sicherlich würden viele große Männer zustimmen, dass dieses Sprichwort wahr ist.

Abraham Lincoln sprach die folgenden Worte: „Alles, was ich bin, oder zu sein hoffe, verdanke ich meiner Engelsmutter.“

Gute, starke Männer sind das Ergebnis der Männer und Frauen, die sie großziehen. Wir brauchen diese Männer heute mehr denn je und Frauen können dabei helfen, sie zu formen.

Der US-amerikanische Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson, der seinen Vater mit acht Jahren verlor, dankte sein ganzes Leben lang seiner Mutter, seiner Tante Mary und anderen Frauen, die seine Entwicklung und seinen Erfolg entscheidend beeinflussten. Er fasste seine Gefühle in den zeitlosen Worten zusammen: „Männer sind das, was ihre Mütter aus ihnen machten.“ Wenn wir gute Männer haben wollen, müssen wir auch gute Frauen haben.

Und noch etwas, liebe Mütter: Lasst ein bisschen von dem Cowboy in den Herzen eurer Jungs. Es ist dieser Cowboy, der sie zu Männern macht.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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