Was ist gemeint, wenn von „Aktivisten“ gesprochen wird?

Manche „Aktivisten“ wollen die Politik dazu zwingen, etwas bestimmtes zu tun. „Noble Ziele“ machen aus schlechten Taten jedoch keine Guten. Der Begriff „Aktivist“ kann auch ganz anders verstanden werden. Wider der Sprachverwirrung.
Was ist denn hier passiert? Ein SUV steckt scheinbar im Boden vor dem Brandenburger Tor, aus dem Heckbereich steigt Qualm. Nein, dieses Auto ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist eine Aktion der Umweltschutz-Aktivisten von Greenpeace.
Was ist denn hier passiert? Ein SUV steckt scheinbar im Boden vor dem Brandenburger Tor, aus dem Heckbereich steigt Qualm. Nein, dieses Auto ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist eine Aktion der Umweltschutz-Aktivisten von Greenpeace.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 18. April 2023


Aktivisten gibt es überall. Sie sitzen auf der Straße, beschädigen Kunstwerke oder streiken für das Klima. Andere handeln still durch ihr Vorbild, würden sich nicht „Aktivisten“ nennen und keinen Zwang einsetzen. Das Wort Aktivist hat unterschiedliche Bedeutungen und ist mit unterschiedlichen Menschenbildern verbunden. Bevor ein Streit zum Thema Aktivist eskaliert, lohnt es sich daher, den Begriff zu hinterfragen und einen Blick auf den Menschen hinter dem Wort zu werfen.

Erfüllungsgehilfen der Politik

Einerseits gibt es jene, die als verlängerter Arm beziehungsweise Erfüllungsgehilfe der Politik agieren. Ein besonders drastisches Beispiel hierfür waren die „Wolfskinder“, die während der chinesischen Kulturrevolution indoktriniert wurden, Klassenfeinde zu hassen und zu töten – auch wenn es die eigenen Eltern waren.

Andererseits gibt es jene Aktivisten, die über alle möglichen Wege Druck aufbauen, damit die Politik gewünschte Veränderungen durchsetzt. Das Festkleben auf der Straße, die Beschädigung von Kunstwerken oder gar Sabotage von Kraftwerken und Pipelines sind aus deren Sicht angemessene Mittel.

Beide handeln aus einer „ideologischen Perspektive“ heraus. Es ist aus dieser Perspektive in Ordnung, wenn zur Erreichung des höheren Ziels Straftaten begangen werden oder Leben gefährdet wird, sofern die Politik anders nicht reagiert. Aus dieser Sicht ist die eigentliche Straftat die Untätigkeit der Politik.

Ein ideologischer Aktivist, der beispielsweise das Klima schützen will und der Überzeugung ist, dass weniger Autos dazu beitragen können, dieses Ziel zu erreichen, wird alle Wege nutzen, damit die Politik das Autofahren einschränkt oder verbietet.

Zwischen dem angestrebten Ziel und den Aktionen der Aktivisten muss es nicht notwendig einen thematischen Zusammenhang geben. Werden Fahrzeuge besprüht oder abgefackelt, so ist noch eine Verbindung erkennbar. Werden jedoch Museumsstücke beschädigt, so besteht die einzige Verbindung zum angestrebten Ziel, in der Erlangung von Aufmerksamkeit in der Erwartung, damit Druck auf die Politik ausüben zu können. 

In einer „idealistischen Welt“ ist ein „höheres Ideal“ oder eine Idee wichtiger als der einzelne Mensch und dessen individuelles Streben nach Glück. Kollektivistisch, planwirtschaftlich oder sozialistisch-kommunistisch sind einige Stichworte, welche diese Welt kennzeichnen. Typisch ist eine Marktfeindlichkeit und die Befürwortung weitgehender politischer Eingriffe zulasten individueller Entscheidungsfreiheit.

Aktivisten können auch andere sein

Solche Aktionen sind aus einer anderen Perspektive eine Anmaßung. Möchte ein Aktivist in einer „praxeologischen Welt“ das Klima schützen und ist der Überzeugung, dass weniger Autos dazu beitragen könnten, wird er anders vorgehen.

Zunächst wird er selbst handeln, also die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Situation zu verbessern – beispielsweise sein eigenes Auto abschaffen. Damit kann er auch für andere Menschen als Beispiel dienen und zusätzlich durch überzeugende Argumente versuchen, Andere mitzunehmen.

Entscheidend ist, dass dieser Aktivist weder direkt noch indirekt Gewalt oder Zwang einsetzen wird. Er wird kein Auto anderer Menschen zerstören oder mit irgendwelchen Mitteln die Politik nötigen, in seinem Sinne – beziehungsweise im Sinne des verfolgten Ziels – zu intervenieren.

Auch aus dieser Perspektive ist es möglich, sich mit anderen Menschen zusammenzutun. Einem freiwilligen Zusammenschluss, um beispielsweise darüber zu informieren, dass weniger Autos dem Klima dienlich sein könnten, steht nichts im Wege. Dabei wäre der Zusammenschluss freiwillig und die gewählten Aktivitäten hätten das Ziel von Mensch zu Mensch zu überzeugen, ohne Zwang auf Andere oder die Politik auszuüben.

Wenn freiwillige praktische Handlungen einzelner Menschen den Dreh- und Angelpunkt darstellen und die jeweiligen Weltanschauungen zurücktreten, wird auch von einer „praxeologische Welt“ gesprochen. Der Begriff „Praxeologie“ wurde vom bedeutenden Ökonomen und Sozialphilosophen Ludwig von Mises (1881–1973) geprägt. Individualistisch, marktwirtschaftlich, klassisch liberal sind einige Stichworte, welche diese Denkweise kennzeichnen. Es geht um dezentrales Tun und die Ablehnung weitgehender politischer Eingriffe.

Straftaten von Aktivisten

In beiden Welten handelt der Aktivist, in der ideologischen tut er es, um über die Politik andere Menschen zu Verhaltensänderungen zu zwingen. In der praxeologischen Welt tut er es, um das gleiche Ergebnis mit dem eigenen Vorbild und Überzeugung anderer Menschen zu erreichen. 

Bei der Bewertung von Straftaten, welche von Aktivisten begangen werden, zeigen sich die unterschiedlichen Perspektiven besonders deutlich. Für die ideologische Sicht sind beispielsweise die Sabotage von Kraftwerken oder Pipelines lediglich eine Aktionsform beziehungsweise ein legitimes Druckmittel.

Aus dieser Sicht bedarf es einer Vielzahl unterschiedlicher Aktionsformen, um einen solchen Druck aufzubauen, dass die Politik nicht anders kann, als den Forderungen der Aktivisten zu folgen. Es kommt hinzu, dass aus dieser Perspektive die eigentliche Straftat woanders gesehen wird.

Daher gibt es aus ideologischer Perspektive unterschiedliche Bewertungen bei gleichen Straftaten, es gibt also gute und schlechte Sabotage oder gute und schlechte Körperverletzung. Für die Bewertung kommt es darauf an, von wem die Straftat ausging und mit welcher Motivation diese erfolgte.

Aus praxeologischer Sicht sind gleiche Handlungen gleich zu bewerten. Wer beispielsweise einen Molotowcocktail wirft und damit vielleicht sogar in Kauf nimmt, einen Menschen zu töten, begeht eine mit nichts zu begründende Straftat – egal womit dieses Handeln gerechtfertigt wird.

Aus dieser Perspektive sind Straftaten von ideologischen Aktivisten nichts anderes als der Versuch, anderen Menschen mit Nötigung den eigenen Willen aufzuzwingen. Auch „noble Ziele“ machen aus schlechten Taten keine guten oder aus gewalttätigen Aktivisten keine besseren Menschen. 

Kurz gesagt

In der ideologischen Welt ist ein Aktivist jemand, der mit seinen Aktionen andere Menschen direkt oder indirekt zum Handeln zwingen will. In der praxeologischen Welt ist ein Aktivist jemand, der selbst handelt und andere Menschen durch sein Beispiel und gute Argumente zu überzeugen versucht.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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