Andreas Unterberger: Die Schlepper haben gesiegt – nicht die EU

Nichts Gutes bedeutet die neue Koalition jedenfalls schon beim gegenwärtigen Zentralproblem Europas, beim Ansturm der illegalen Migranten. Salvini hatte diese ja zuletzt wie ein Fels weitestgehend von Italien abgehalten.
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2017 - Gerettet: Auf dem Mittelmeer vor Italien besteigen Migranten ein Schiff der Guardia di Finanza.Foto: Alessandro Di Meo/Archiv/dpa
Von 3. September 2019

Die neue italienische Regierung wird in mehrfacher Hinsicht zur Katastrophe werden: für die Außenwelt, für Europa, für Österreich. Diese Auswirkungen sollten europaweit weit mehr Beachtung finden als die täglichen Schachzüge, Finessen und Intrigen der italienischen Innenpolitik.

An die haben wir uns ja schon seit Jahrzehnten gewöhnt – und sie mit Bewunderung wie Verachtung registriert. Freilich ist noch keineswegs so sicher, wie viele Medien glauben, dass die geplante neue Regierung überhaupt zustande kommt.

Denn eine Urabstimmung unter den – schwer berechenbaren – Cinque-Stelle-Parteimitgliedern könnte das verabredete Bündnis noch durchaus verhindern, bei dem die rechtspopulistische Lega von Innenminister Salvini durch die Sozialdemokraten des PD (Partito Democratico) abgelöst werden, während der zweite Koalitionspartner, die linkspopulistischen Cinque Stelle, gleich bleiben soll, ebenso der parteilose Regierungschef Giuseppe Conte.

Dieses (Zwischen-) Ergebnis ist jedenfalls einmal eine schwere Niederlage und Demütigung für den Lega-Chef Matteo Salvini, der die Regierung gesprengt hat, um Neuwahlen herbeizuführen. Und es ist ein großer taktischer Sieg für den Chef der linkspopulistischen Stelle-Partei Luigi Di Maio. Salvini wollte ihn auf Grund seiner guten Umfragewerte bei einem Wahlgang aus der Regierung kippen. Jetzt hat Di Maio umgekehrt Salvini hinausgekippt.

Diese Schlappe verspricht Salvini aber zugleich für die nächsten Wahlen zweifellos noch deutlich bessere Karten, da sich die beiden neuen Koalitionspartner mit Sicherheit in allen wesentlichen Fragen bald noch viel mehr streiten werden, als es Salvini je mit Di Maio getan hat.

So weit, so chaotisch, so italienisch, so beinahe amüsant.

Viel spannender ist aber, was die geplante Regierung für die Außenwelt bedeutet. Da ist die Antwort ganz eindeutig: nichts Gutes (auch wenn die Mainstreammedien und die EU derzeit geradezu Orgasmen der Begeisterung feiern, weil die Sozialdemokraten wieder an der Macht beteiligt sein werden).

Nichts Gutes bedeutet die neue Koalition jedenfalls schon beim gegenwärtigen Zentralproblem Europas, beim Ansturm der illegalen Migranten. Salvini hatte diese ja zuletzt wie ein Fels – trotz aller Anfeindungen von links – weitestgehend von Italien abgehalten. Er hat damit eindeutig und nachweisbar den Migrationsdruck übers ganze Mittelmeer reduziert. Immerhin drei außeritalienische Politiker haben deshalb jetzt auch den Mut gehabt, Salvini trotz seines selbstausgelösten Sturzes ausdrücklich zu danken: Ungarns Orbán, der österreichische Freiheitliche Kickl und die ÖVP-Politikerin Edtstadler.

Als Folge der Salvini-Politik haben die Schlepper zunehmend wieder ihre kriminellen Wege über die diversen Balkanstaaten suchen müssen. Das ist freilich – dank Ungarn – auch nicht mehr so einfach wie vor vier Jahren.

Es wird sich wohl schon wenige Tage nach Regierungsbildung zeigen, wie sehr sich die Dinge ändern: Denn vor den Küsten Italiens kreuzen bereits zwei neue NGO-Schiffe voll mit Afrikanern, die sie von den nordafrikanischen Schlepperbanden übernommen haben, und die sie nun in Italien absetzen wollen. Salvini hatte das in seiner Zeit fast immer verhindert – oder die Afrikaner erst dann hereingelassen, wenn Deutschland und andere europäische Linksregierungen ihm deren Abnahme versprochen haben.

Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass das jetzt ganz anders laufen wird.

Denn die italienischen Sozialdemokraten sind wie ihre Schwesterparteien Vertreter einer Welcome-Politik. Sie fordern jetzt auch prompt eine Rücknahme der Anti-Migrationsmaßnahmen Salvinis. Und für die Cinque Stelle waren diese auch kein wirkliches Herzensanliegen, sondern eher ein Zugeständnis an den Koalitionspartner.

Die daher zu befürchtende Wiederöffnung der italienischen Häfen für die NGO-Schlepper wird mittelfristig zwei klare Folgen haben: Erstens werden bald noch mehr italienische Städte aussehen, wie wenn sie in Afrika lägen. Und zweitens werden viele der „Geretteten“ zunehmend den Weg in die nördlichen Wohlfahrtsparadiese schaffen. Deren erstgelegenes den Namen Österreich trägt …

Aber auch in Sachen EU-, Finanz- und Wirtschaftspolitik, also der zweiten für ganz Europa wichtigen Frage, werden sich bald jene über Italien wundern müssen, die jetzt jubeln. Die jetzt allen Ernstes glauben, nach Salvinis Hinauswurf werde es in Italien wirtschaftlich vernünftiger und EU-freundlicher zugehen.

Das zeigt schon allein jenes Projekt, wegen dem im Sommer die finale Krise der Rechts-Links-Populisten-Regierung ausgebrochen ist. Das war der geplante Bau einer neuen Schnellzugsverbindung zwischen Italien und Frankreich. Dieser wird von der EU dringend gewünscht (und mitfinanziert). Dieser ist von Salvini auch voll unterstützt worden. Dieser wird von Di Maio hingegen geradezu militant bekämpft. Jetzt ist Di Maio der Triumphator Italiens.

Wie kann sich da auch nur ein einziger des Denkens fähiger EU-Politiker freuen?

Die völlig geschwächten, von innerem Richtungsstreit zerfressenen und von einem ständigen Wechsel der Parteichefs geplagten Sozialdemokraten werden sich diesem Herzensanliegen von Di Maio sicherlich nicht in den Weg stellen. Können sie doch kaum ihr Glück fassen, mitten aus einer inneren Dauerkrise heraus plötzlich in der Regierung zu landen. Das werden sie nicht wegen eines Eisenbahnbaus auf Spiel setzen (Genauso wie sie schon in der Frage nachgegeben haben, wer Ministerpräsident werden soll).

Aber auch in Sachen Stabilitätspolitik waren die Cinque Stelle das viel größere Problem für den Euro-Raum als die Lega. Und Sozialdemokraten waren ja noch nirgendwo eine Partei der Sanierung und Sparsamkeit. Wie soll da etwas für Europa und die Euro-Stabilität Besseres herausschauen?

Die Stelle-Partei wird sicher nicht von ihrem (nach dem Eisenbahn-Njet) zweiten zentralen Identitätskern abrücken. Das war die von ihnen durchgesetzte verschwenderische Sozialpolitik. Diese bestand vor allem aus der Einführung eines Grundeinkommens und einer Rücknahme der von Vorgängerregierungen beschlossenen Pensionsreform (samt einem höheren Antrittsalter).

Aber auch den Sozialdemokraten sind nur teure Forderungen eingefallen, die das Defizit Italiens um einen weiteren zweistelligen Milliardenbetrag zu erhöhen drohen: Senkung der Abgaben für niedrige Löhne, Förderung des Gesundheitssystems und ein öffentlicher Investitionsplan.

Von konkretem Sparen ist hingegen nirgends die Rede.

Statt dessen fordern die Sozialdemokraten – es darf gelacht werden – die Einführung einer Vermögenssteuer. Die solle offenbar alles finanzieren.

Gewiss hat auch Salvini nicht für wirtschaftspolitische Stabilität und eine Eindämmung des Defizits gekämpft. Er hat den teuren Cinque-Stelle-Forderungen vielmehr widerstandslos nachgegeben. Und er hat selber Steuersenkungen verlangt, die das Defizit ebenfalls weiter vergrößern. Allerdings haben Steuersenkungen zum Unterschied von höheren Pensions- und Grundeinkommensausgaben zumindest theoretisch das Potenzial, dass dadurch die Wirtschaft angekurbelt und dass dadurch wiederum das Defizit verringert werden könnte.

Italiens – wahrscheinliche – neue Regierung bedeutet daher eine zusätzliche Belastung und Gefahr für die finanzpolitische Stabilität des ganzen Euro-Raumes. Zu dem zufällig auch ein Land namens Österreich gehört.

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Mehr zum Autor Andreas Unterberger und seinem Blog finden Sie HIER Österreichs meistgelesener Internet-Blog: www.andreas-unterberger.at – Autor von „Zwischen Lügenpresse und Fake news“    Regelmäßige Kommentare auf: ORF-Watch.at, EU-Infothek, in der „Weltwoche“, im „Börsen-Kurier“, in „Alles Roger“ und in „thema vorarlberg“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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