Brandenburg vor Landtagswahl: SPD vier, CDU fünf Punkte hinter der AfD

Seit 1990 war die SPD in Brandenburg immer die Nummer eins. 1994 holte sie dort über 54 Prozent, konnte bis 1999 sogar alleine regieren. Ganz klar auf Platz eins liegt derzeit laut einer aktuellen Erhebung von Civey die AfD.
Titelbild
Brandenburgs AfD-Landeschef Andreas Kalbitz.Foto: Ralf Hirschberger/dpa
Von 19. Juli 2019

Sechseinhalb Wochen vor der Landtagswahl sieht es ziemlich düster aus für die Brandenburger SPD. Denn ganz klar auf Platz eins liegt derzeit laut einer aktuellen Erhebung von Civey die AfD, die mit 21,3 Prozent erstmals mehr als 4 Punkte Vorsprung vor der regierenden SPD hat, welche fast 15 Punkte zu verlieren droht. Aber auch für die CDU sieht es düster aus. Sie droht fast 7 Punkte zu verlieren, käme im Moment gerade einmal auf 16,3 Prozent und läge damit sogar noch knapp hinter der Linkspartei nur auf Platz vier. Die beiden regierenden Parteien, SPD und Linke, die vor knapp zehn Jahren noch über 60 Prozent der Stimmen erhielten, kämen im Moment gerade noch auf 34 Prozent.

2014 lag die SPD noch fast 20 Punkte vor der AfD

Seit 1990 war die SPD in Brandenburg immer die Nummer eins. 1994 holte sie dort über 54 Prozent, konnte bis 1999 sogar alleine regieren. Bei der letzten Landtagswahl waren es immerhin noch knapp 32 Prozent, womit sie fast 20 Punkte vor der AfD lag. Doch nun liegt eine neue Umfrage von Civey im Auftrag des Tagesspiegel vor (2.895 vom 19.06.19 – 17.07.19 online per Stichprobe Befragte, statistischer Fehler: 3 %), welche viel schlimmer kaum ausfallen könnte für die Sozis. Dazu gleich mehr.

Brandenburg ist das Bundesland um Berlin herum. Hauptstadt ist Potsdam, weitere große Zentren sind Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder). Das auf die Bevölkerung bezogene zehntgrößte Bundesland hat ca. 2,5 Millionen Einwohner und wird seit 2009 von Rot-Dunkelrot regiert, seit 2013 unter dem amtierenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), siehe Titelbild. Seine Vorgänger waren Matthias Platzeck (SPD, 2002 – 2013) und davor Manfred Stolpe (SPD, 1990 – 2002), unter dem die Sozis 1994 auf sagenhafte 54,1 Prozent kamen.

Platzeck koalierte zunächst mit der CDU, dann ab 2009 mit der Linkspartei (SED, PDS, Linkspartei, Die Linke). An diese Koalition knüpfte sein Nachfolger Woidke an. Am 1. September 2019, also in sechseinhalb Wochen, kommt es in Brandenburg wieder zu Landtagswahlen und da wird sich einiges verändern, dies kann schon jetzt konstatiert werden.

Die letzten brandenburgischen Landtagswahlen fanden im September 2014 statt. Dabei kamen die Parteien auf folgende Ergebnisse:

SPD: 31,9 %
CDU: 23,0 %
LINKE: 18,6 %
AfD: 12,2 %
GRÜNE: 6,2 %
FDP: 1,5 %
Sonstige: 6,6 %

SPD und Die Linke kamen zusammen auf 50,5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen, was klar für eine Mehrheit reichte, da über 8 Prozent der Stimmen (Sonstige und FDP) im Landtag nicht abgebildet waren. 2009 war Rot-Dunkelrot sogar auf über 60 Prozent der Stimmen gekommen. Doch das Bild hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt.

AfD nun über 4 Punkte vor der SPD klar auf Platz 1

Schon seit Januar zeichnet sich ab, dass die AfD in Brandenburg mit ihrem Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz, siehe Titelbild, etwa gleichauf mit der SPD sein dürfte, doch nun liegt die Alternative für Deutschland, mit ca. 21,3 Prozent erstmal über 4 Punkte vor der SPD, die laut Civey derzeit gerade noch auf 17,2 Prozent käme. Für die CDU sieht ebenfalls düster aus für die kommende Landtagswahl. Auch sie konnte sich lange Zeit berechtigte Hoffnung machen auf Platz eins, doch inzwischen liegt sie mit 16,3 Prozent gerade noch auf Rang vier, noch hinter der Linkspartei mit 16,9 Prozent.

SPD und Die Linke (SED) kämen nach der aktuellen Umfrage von Civey gerade noch auf ca. 34 Prozent. Die Mehrheit für die aktuelle Regierung ist damit nicht nur weg, sie ist meilenweit entfernt! Nur noch jeder Dritte will inzwischen SPD oder die SED-Nachfolgerin (Die Linke) wählen. Nochmals zur Erinnerung: vor knapp zehn Jahren hatte rot-dunkelrot noch über 60 Prozent (60,2).

AfD: 21,3 % (+ 9,1)
SPD: 17,2 % (– 14,7)
LINKE: 16,9 % (– 1,7)
CDU: 16,3 % (– 6,7)
GRÜNE: 15,1 % (+ 8,9)
FDP: 5,2 % (+ 3,7)
Sonstige: 8,0 % (+ 1,4)

Beide regierende Parteien scheinen also massive Verluste hinnehmen zu müssen, die SPD ganz enorme von fast 15 Punkten (!), aber auch Die Linke droht knapp 2 Punkte zu verlieren. Das heißt, mehr als vier von neun bisherigen SPD-Wählern in Brandenburg wollen den Sozis ihre Stimme inzwischen nicht mehr geben. Das käme einem wahren Erdrutsch gleich.

Was, wenn die SPD auch Brandenburg verliert?

Bei so einem Ergebnis würde es für Rot-Dunkelrot für eine Mehrheit im Landtag nur reichen, wenn sie noch die Grünen dazu nähmen. Rot-Dunkelrot-Grün käme laut Civey derzeit zusammen auf ca. 49 Prozent (deutlich weniger als die SPD 1994 alleine). Sofern die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nehmen wird, bräuchte es wegen der ca. 8 Prozent für sonstige Kleinparteien nur rund 46 Prozent für eine Mehrheit der Sitze im Landtag. 49 Prozent würden also reichen.

Sollten es AfD, CDU und FDP in den nächsten sechseinhalb Wochen aber schaffen, noch mehr Stimmen von SPD, Linkspartei und Grünen abzuziehen, wird es unter Umständen nicht einmal für Rot-Grün-Dunkelrot für eine Mehrheit reichen. Drei Punkte könnten hier schon ausreichen und die SPD würde dann womöglich erstmalig in der Geschichte des Bundeslandes nicht mehr den brandenburgischen Ministerpräsidenten stellen können. Eine absolute SPD-Hochburg ginge dann verloren.

Zuerst erschienen bei JFB

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