Der „Woke“-Bewegung zum Trotz

Medien, Behörden, Schulen – die ganze Gesellschaft ist von linken Ideen durchdrungen. Und trotzdem gibt es sie noch, die Konservativen, die an Land, Gott und die Familie glauben. Ein Kommentar.
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Seit den 1960er-Jahren sind im Westen verschiedene antitraditionelle Bewegungen wie der moderne Feminismus, die sexuelle Befreiung und die Rechte der Homosexuellen in den Vordergrund gerückt. Das schadete der Institution der Familie am stärksten.Foto: evgenyatamanenko/iStock
Von 25. November 2021

Dass eine konservative Einstellung in den USA weiterlebt, ist eine der bemerkenswertesten Tatsachen unserer Zeit. Dabei spreche ich nicht von dem Konservatismus der Libertären und der Vertreter der freien Marktwirtschaft oder dem der klassischen Liberalen, die sich für Redefreiheit und das Recht auf Privatsphäre einsetzen. 

Ich spreche von einem gesellschaftlichen und religiösen Konservatismus, der die traditionelle Familie, den unerschütterlichen Patriotismus und die religiösen Grundsätze im öffentlichen Leben hochhält. Letzteres ist der Glaube von Menschen, die Bedenken gegen die gleichgeschlechtliche Ehe haben, die USA als ein Leuchtfeuer der Hoffnung und Freiheit ansehen und die eine Gesellschaft ohne Gott als gefallen und gescheitert betrachten.

Diese unverblümte Aufzählung ihrer Ideale zeigt gut, wie fremdartig die gesellschaftlichen und religiösen Überzeugungen in unserem Land heute erscheinen. Wer in den Medien, an Hochschulen, in der Film-, Musik- und Unterhaltungsbranche, im Silicon Valley, in amerikanischen Unternehmen, im Gesundheitswesen und bei Behörden arbeitet, sagt so etwas einfach nicht. Diese [Überzeugungen] seien nicht nur falsch und unvernünftig. Sie seien unangemessen, stümperhaft, beleidigend, rückständig und unhöflich. An ihrer Unrichtigkeit gebe es keinen Zweifel. 

Es wird nie über die Vorzüge des gesellschaftlichen Konservatismus gesprochen. Darüber müsse man auch nicht sprechen. Die gesellschaftliche Unangemessenheit dieser Überzeugungen reicht aus, um sie abzuweisen. Wer diese Überzeugungen vertritt, beweist, dass er nicht zu den Aufgeklärten und in die feine Gesellschaft gehöre. Dort sind alle bien pensant – angepasst. Und er ist mal pensant – nonkonform. Hier geht es um Zugehörigkeit, nicht um Wahrheit. Es geht nicht einmal um Moral, sondern nur um eine Gruppenidentifikation. Wer an der Hochschule, in einer Redaktion oder an einem Filmset einen gesellschaftlichen oder religiösen Grundsatz ausspricht, gilt sofort als Sonderling.

Und es funktioniert. Das Verschwinden des Konservatismus – des authentischen Konservatismus des Typs Gott-Land-Familie – aus den elitären Einrichtungen war geradezu erstaunlich. Die Gatekeeper und Bevollmächtigten haben es tatsächlich geschafft, ihre Institutionen von Menschen zu säubern, die das glauben, was die Mehrheit der Amerikaner in den ersten zwei Jahrhunderten der Existenz der Nation glaubte. Einfach erstaunlich. 

Dabei taten sie dies nicht aktiv und verjagten nur selten Konservative aus ihren Ämtern. In der Regel wurde ein alter Konservativer in den Ruhestand versetzt und ein junger Linker übernahm seine Stelle. Das dauerte lange, aber wir wissen, dass die Linken langfristig denken und sich gerne langsam und unbemerkt bewegen. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Schleichtaktik besteht darin, dass gemäßigte Kräfte in den Institutionen, die nichts gegen Konservative hatten, sich normalerweise einem so langsamen Übergang nicht widersetzen.

Wie konnte es Trump überhaupt ins Weiße Haus schaffen?

Das Ergebnis ist überall um uns herum zu sehen: Medien, die zu einer linken Propagandamaschine geworden sind; eine Demokratische Partei, die schamlose machiavellistische Tricks wie die Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anwendet; Akademiker, die von Stellenbewerbern eine Erklärung über die Einbeziehung von Vielfalt und Gerechtigkeit verlangen, was einem Treueeid gleichkommt, den kein Konservativer jemals abgeben würde.

Amerikanische Unternehmen, die Millionen an „Black Lives Matter“ spenden; Fernsehmoderatoren des Abendprogramms, die eine entspannende Zeit am Ende des Tages in unlustige linke Sonntagsreden verwandeln … und vieles mehr. Wie um alles in der Welt konnte der Konservatismus bei dieser umfassenden Übernahme überleben? Oder sagen wir es so: Wie konnte Donald Trump überhaupt gewählt werden?

Ich komme aus dem rechten Lager und bin ein wenig erstaunt (in positiver Weise), dass der Konservatismus sich halten konnte, wenn auch nur notdürftig. Die Linken stellen die gleiche Frage, obgleich in einem anderen Ton: „Ich kann nicht glauben, dass es diese rückständigen Stümper immer noch gibt“, murmelt der aufgeklärte Linke. 

Er versteht den raffgierigen Kapitalisten, der den Konservatismus der freien Marktwirtschaft vorantreibt, um seine Taschen zu füllen, aber er kann sich nicht mit den gewöhnlichen Amerikanern anfreunden, die wirklich an Gott, Land und Apfelkuchen glauben. 

Nachdem wir so weit kamen und so viel Ungerechtigkeit und Vorurteile überwanden, können sich unsere gebildeten Linken nur wundern, warum diese engstirnigen Biester überhaupt existieren. Rassisten, Sexisten, Homophobe, Fremdenhasser … mehr können sie nicht sagen, und sie stammeln es voller Verzweiflung. 

Es ist das 21. Jahrhundert, sie haben gewonnen, alle Institutionen erobert, warum untersteht ihnen dann nicht die ganze Gesellschaft, um sie nach ihren Wünschen zu formen? Wer sind diese Eltern, die zu den Sitzungen des Schulausschusses kommen? Warum ist der verachtenswerte Tucker Carlson [von „Fox News“] immer noch auf Sendung? Für wen hält sich dieser Gouverneur von Florida?

Da haben sie nicht ganz unrecht. Sie kontrollieren den Funk, die Klassenzimmer, Filme und Fernsehsendungen, Museen, Bibliotheken, Galerien, Studios und Druckereien … und diese Kontrolle sollte doch jede Opposition auslöschen, oder? Diese hartnäckigen Konservativen sind lästig – sie nützen nichts. Die Geschichte bewegt sich in eine liberale Richtung, also beeilt euch und verschwindet!

Die „Woke“-Bewegung ist ein Ausdruck von Verzweiflung

Wann immer ein konservativer Widerstand auftaucht, ist dieser Ton der Dringlichkeit zu hören. Nach dem Sieg von Glenn Youngkin (Republikaner) in Virginia war er zu hören, genauso nach der Reaktion auf die Kritische Rassentheorie und vor allem nach dem Schock im November 2016, als Donald Trump das Unmögliche vollbrachte. Nach dem Einzug von Joe Biden ins Weiße Haus hätte man erwartet, dass wir weniger davon hören, doch die Reaktion der Linken nach Trumps Sturz zeigt, dass ihre Freude und Zuversicht brüchig und flüchtig sind. 

Hinter ihrem Triumphgeschrei konnte man die Angst spüren, dass die abscheuliche Situation, die sie gerade überwunden hatten – ein Mann im Weißen Haus, der Mauern errichtet, die Geschlechtsidentität aus den Grundrechten im Gesetz „Titel IX“ entfernt und sie für ihre politische Korrektheit verhöhnt – zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftauchen könnte. Was vor vier Jahren geschah, hatte sie überrascht, ist unvorstellbar gewesen, und sie haben den Schock bis heute nicht überwunden. 

Sie nahmen alle Institutionen in Beschlag, schafften es jedoch bis jetzt immer noch nicht, den Bösewichten endgültig den Garaus zu machen. Warum? WARUM?

Tief in ihren Herzen liegt ein beunruhigender Verdacht: Dass die Natur den gottesfürchtigen Menschen dem säkularen Linken vorzieht; dass die Natur die altmodische, heterosexuelle Kernfamilie all den Lebensexperimenten vorzieht, die die Linke zelebriert. Dass Menschen, die ihr Land lieben, glücklicher sind als Menschen, die auf seinen Sünden herumreiten. 

Trotz ihrer Kontrolle über von Menschen geschaffene Institutionen befürchten sie, dass sich die Realität nicht so leicht leugnen lässt. Das erklärt, warum die „Woke“-Bewegung aufkommen musste. Die Kontrolle muss verstärkt, die Überwachung der Bürger ausgeweitet werden. Die Liste der verbotenen Worte und Gedanken muss erweitert werden. 

Dies sind Handlungen ängstlicher und nicht sicherer Sieger. Die „Woke“-Bewegung ist ein Ausdruck von Verzweiflung. Vergessen Sie nicht: Je aggressiver sie wird – und das wird sie in den kommenden Monaten und Jahren sicherlich –, desto mehr fürchtet sie, zu verlieren.

Mark Bauerlein ist ein emeritierter Professor für Englisch an der Emory University in Atlanta. Seine Beiträge erschienen in solchen Publikationen wie „Wall Street Journal“, „The Weekly Standard“, „The Washington Post“, „TLS“ und „Chronicle of Higher Education“.

Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: The Exasperating Survival of Conservatism (deutsche Bearbeitung von as)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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