Die Aufhebung der Null-COVID-Politik offenbart die größte Angst der KP Chinas

Ohne die Aufhebung der Null-COVID-Politik wäre die Kommunistische Partei Chinas untergegangen. Dieser Meinung ist Kevin Andrews, ehemaliger australischer Spitzenpolitiker. Ein Kommentar.
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Xi Jinping.Foto: NOEL CELIS/AFP via Getty Images
Von 31. Januar 2023


Die abrupte Aufhebung der Null-COVID-Politik in China zeigt, dass die Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) Angst davor hat, dasselbe Schicksal wie die Sowjetunion zu erleiden.

Die extreme Maßnahme geht allein auf Chinas Staatschef Xi Jinping zurück, der sie rein ideologisch begründete. Sie wurde fast drei Jahre lang Monat für Monat gnadenlos durchgezogen.

Ma Xiaowei, Leiter der Nationalen Gesundheitskommission, schrieb im April 2022 in der KP-Zeitung „Study Times“: „Wir müssen uns klar gegen falsche Ideen wie ‚mit dem Virus zusammen leben lernen‘ stellen und die Null-COVID-Strategie beibehalten.“

Als Chef der Gesundheitsbehörde des Landes ziehe er zwar medizinische und wissenschaftliche Experten zu Rate, allerdings würden die Entscheidungen vom „Zentralkomitee mit Xi Jinping an der Spitze“ nach „ideologischen Kriterien“ getroffen.

Es gebe einen „Xi-Jinping-Gedanken“ zu COVID, sagte er.

Es liegt klar auf der Hand, Xi hat sich damit zum Marxismus bekannt.

Laut Marx und Engels sind Epidemien auf den Kapitalismus zurückzuführen.

Folgt man dieser ideologischen Logik, muss das Virus aus einem kapitalistischen Land nach China eingeschleppt worden sein. Daher kommt auch die Behauptung, dass amerikanische Teilnehmer an den Military World Games 2019 in Wuhan [für die Pandemie] verantwortlich seien.

Das war auch ein Grund, warum die KPC eine unabhängige internationale Untersuchung der Ursache von COVID ablehnte.

Warum jetzt der plötzliche Wandel, obwohl Xi wiederholt die historische Richtigkeit der Politik der KPC vertreten hat?

Wuhan im Jahre 2020. Foto: Getty Images

Der Vorfall, der einen breiteren Dissens auslöste

Die naheliegendste Erklärung waren die Aufstände in China von Millionen Menschen gegen Xis Null-COVID-Politik. Auslöser der Proteste war ein Brand in einem Wohnhaus in Urumqi, der Hauptstadt der westlichsten Provinz Xinjiang. Das Wohnhaus war aufgrund der COVID-Beschränkungen mit Brettern vernagelt worden. 44 Menschen kamen offiziell bei dem Brand ums Leben.

Die Nachricht von diesem Ereignis verbreitete sich schnell über die sozialen Medien und führte in vielen chinesischen Städten zu Protesten. Am stärksten waren die Proteste in Shanghai, wo sich Demonstranten in der Urumqi-Straße versammelten, in dem sich viele Wohnblocks befinden. Sie legten Blumen nieder und forderten die Beseitigung der Barrikaden, die um die Wohnhäuser errichtet worden waren.

Diese Proteste weiteten sich auf andere Städte aus. Studenten führten die Proteste an, aber unter den Menschenmassen waren auch viele einfache Bürger, die gegen die harte Politik demonstrierten.

In der iPhone-Fabrik Foxconn in Zhengzhou rissen Tausende Arbeiter die Barrikaden nieder und lieferten sich ein Handgemenge mit der Polizei. Um den Betrieb aufrechtzuerhalten, hatte das Werk die Arbeiter auf dem Gelände festgehalten, wo sie dann leben und arbeiten mussten.

Einige der rund 200.000 Beschäftigten des Werks, das rund die Hälfte aller iPhones der Welt herstellt, liefen fort. Sie kehrten in ihre entfernten Heimatstädte und -dörfer zurück.

In Guangzhou flüchteten die Demonstranten aus verbarrikadierten Gebäuden. In Wuhan, dem Ursprungsort von COVID-19, rissen die Bewohner riesige Eisentore nieder, die zur Absperrung von Straßen errichtet worden waren.

Mit den zunehmenden Abriegelungen und den Andeutungen der chinesischen Behörde, die Maßnahmen anzupassen, nahmen auch die Unruhen zu.

Widerstand richtet sich gegen Xi Jinping

Die Proteste gegen die COVID-Maßnahmen wurden schnell zu Demonstrationen gegen Xi Jinping. Angesichts der strengen Gesetze gegen abweichende Meinungen ließen sich die Demonstranten etwas Neues einfallen, um auf ihre Botschaft aufmerksam zu machen.

Sie zeigten unbeschriebene weiße Papierbögen, ein traditionelles Symbol für den Protest gegen Zensur. Die Nachricht vom „A4-Papier-Protest“ verbreitete sich schnell, und das, obwohl Apple zuvor seine File-Sharing-App AirDrop in China deaktiviert hatte, nachdem die KPC das Unternehmen dazu aufgefordert hatte.

Studenten der renommierten Tsinghua-Universität forderten „Redefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“.

Andere skandierten in der Nähe des Platzes des Himmlischen Friedens „Wir wollen universelle Werte“, „Wir wollen keine Diktatur“ und „Wir wollen keinen Personenkult“. In Chengdu riefen die Demonstranten: „Das chinesische Volk braucht keinen Kaiser“ und „Keine lebenslange Amtszeit“.

Demonstranten in China halten am 27. November 2022 ein weißes Blatt Papier gegen die Zensur hoch. Foto: Kevin Frayer/Getty Images

Andernorts riefen Sprechchöre: „Weg mit Xi Jinping, weg mit der Kommunistischen Partei“ und „Wir brauchen Freiheit und Menschenrechte“. Autofahrer hupten zur Unterstützung der Demonstranten mit den weißen Zetteln in der Hand. Trotz der staatlichen Zensur verbreiteten sich die Nachrichten über diese Ereignisse im ganzen Land.

In der Vergangenheit gab es bereits Proteste, zum Beispiel gegen Banken. Aber diese neuen Demonstrationen stellten das System selbst infrage.

Die KPC griff auf ihre übliche Taktik zurück: Sie schickte die Polizei und beschuldigte „antichinesische ausländische Kräfte“, die Demonstrationen anzuzetteln, um eine „farbige Revolution“ herbeizuführen. Medienvertreter fragten daraufhin, ob sie mit „ausländischen Kräften“ Marx und Engels meinten.

Interessanterweise hat die KPC behauptet, dass die Kehrtwende von der Null-COVID-Politik am 10. November vom Zentralkomitee der KPC unter dem Vorsitz von Xi Jinping getroffen wurde. Das wäre vor dem Brand in Urumqi und den Protesten in der iPhone-Fabrik in Zhengzhou gewesen.

Diese Darstellung steht auch im Widerspruch zu einer früheren Behauptung, dass die Politik bereits am 7. November aufgegeben worden sei.

Bezeichnenderweise vermittelt ein Bericht von Chinas Staatssender CCTV über das Treffen am 10. November ein anderes Bild.

In der englischen Übersetzung des Sitzungsberichts heißt es: „Wir müssen unsere Anstrengungen im Kampf gegen die Epidemie auf die Schlüsselgebiete konzentrieren, entschlossenere und entschiedenere Maßnahmen zur Bekämpfung des Problems ergreifen, die Ausbreitung der Epidemie so schnell wie möglich eindämmen und die normale Produktion und Lebensordnung so schnell wie möglich wiederherstellen.“

Auf dem Treffen wurden zudem „wissenschaftliche und präzise Maßnahmen zur Vorbeugung und Kontrolle“ gefordert – also kaum eine Abkehr von der Null-COVID-Politik, wie sie die KPC jetzt angeblich genehmigt hat.

Das Wahrscheinlichste ist, dass Xi Jinping die Politik wegen der zunehmenden Proteste aufgegeben hat. Sie drohten, das Regime zu untergraben.

Er befürchtete, dass sie zum Untergang der KPC führen würden.

Zum Autor

Kevin Andrews war von 1991 bis 2022 Mitglied des australischen Parlaments und bekleidete verschiedene Kabinettsposten, unter anderem den des Verteidigungsministers.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Undoing Zero-COVID Reveals the CCP’s Greatest Fear (deutsche Bearbeitung nh)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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