Die feudale Symbolik von Restaurantschließungen

Restaurants haben in der COVID-Pandemie besonders gelitten. Als Sinnbilder von Öffentlichkeit und Diskurs war deren Schließung für Jeffrey A. Tucker ein Rückschritt in vormoderne Zeiten, in denen nur die oberen Schichten Rechte hatten.
Titelbild
Restaurant Le Train Bleu'im Bahnhof Gare de Lyon.Foto: istockphoto
Von 5. April 2022

Das Restaurant war nicht schon immer da. Es ist ein Produkt der Geburt der Moderne. Es ermöglichte, dass Talent und Kreativität die Abgeschlossenheit von Schlössern und großen Ländereien, die sich ihre Dienste leisten konnten, verlassen konnten und demokratisierte den Zugang zur Küche für die breite Masse.

Das Restaurant ermöglichte es, die höchsten und fabelhaftesten Genüsse des Lebens für jedermann zugänglich zu machen.

Dies galt auch für die Malerei, die Architektur, die Musik, die Bildung und alle anderen Konsumgüter, aber besonders für die Küche, die lange Zeit als Domäne der Aristokratie galt. Die Erfindung des öffentlich zugänglichen Restaurants war ein schönes Beispiel für das, was Benjamin Constant den Unterschied zwischen der Freiheit der Antike und der Moderne nannte.

99 Prozent vom Zugang ausgeschlossen

In der Antike war man frei, wenn man aufgrund von Geburt, Titel oder Stellung rechtlich privilegiert war und Zugang zur Macht hatte. Man hatte einen gewissen Anteil an der Verwaltung des öffentlichen Lebens, ein gewisses Maß an Kontrolle über die Gesetze, unter denen man lebte. Alle anderen waren vom Zugang ausgeschlossen: Bauern, Kaufleute, Sklaven und Bürgerliche – die entmachteten und entrechteten 99 Prozent.

Das begann sich im späten Mittelalter zu ändern, als die Seuchen aufhörten, der Feudalismus allmählich zurückging, Handelsbeziehungen entscheidender wurden als politische und die Masse der Menschen das scheinbar Unmögliche erlebte: die Möglichkeit, ein besseres Leben zu führen. Man konnte Geld verdienen und es behalten. Die Straßen wurden sicherer und man konnte reisen. Man konnte Unternehmen gründen und hatte Hoffnung auf ein besseres Leben.

Es gibt einen wunderbaren Film darüber, welche Rolle Restaurants bei dieser Erfolgsgeschichte spielten. Der Film heißt „À la Carte! – Freiheit geht durch den Magen“ (2021). Er beruht auf einer Legende, die auf Ereignissen des 18. Jahrhunderts basieren. Ein brillanter Koch, der im Dienste eines Herzogs stand, wurde von seinem Herrn brutal behandelt. Der Grund: Er hatte ein neues Gericht erfunden und wurde deshalb entlassen. Er zog sich in sein Haus in einer ländlichen Gegend zurück und beschäftigte sich mit anderen Aufgaben. Da taucht eine Frau auf, die bei ihm in die Lehre gehen wollte. Er zögerte sie einzustellen, weil er im Kochen keine Zukunft sah, wenn deren Sinn und Zweck lediglich in der unterwürfigen Ehrerbietung gegenüber der vorrevolutionären französischen Aristokratie bestand.

Geburt der Moderne – Erfindung des Restaurants

Schließlich versuchte der Herzog ihn zurückzuholen, – denn niemand sonst konnte so gut kochen – und ließ ihm ausrichten, dass er gerne im Haus des Kochs essen würde. Als der Tag nach wochenlangen Vorbereitungen gekommen war, fuhr der Herzog mit seinem Gefolge einfach vorbei. Angesichts einer weiteren unverschämten Brüskierung beschloss er, das Kochen für immer aufzugeben. Doch sein Sohn und die Auszubildende kamen auf die Idee, ein Gasthaus zu eröffnen, in dem Speisen vom Bauernhof am Tisch serviert werden, wobei die Gäste ihr Geld mitbringen und für den Verzehr bezahlen.

Das Ergebnis ist das, was der Legende nach das erste moderne Restaurant gewesen sein soll. Kurz darauf kam die politische Revolution, aber der Film macht deutlich, dass die wirtschaftliche Revolution schon früher stattfand. Handel und Gewerbe gewährten den einfachen Leuten Rechte. Lokale Unternehmen setzten Talente frei und boten sie auf demokratische Weise an, potenziell für alle Menschen, unabhängig von Klasse, Sprache, sozialem Status und so weiter.

Es ist eine schöne Geschichte, die so selten erzählt wird. Es ist eine Geschichte darüber, wie die Geburt der Moderne mit den klassenlosen Ambitionen der kommerziellen Wirtschaft verbunden war, die die Kasten auflöste, die materiellen Privilegien der Eliten demokratisierte und die Möglichkeit eines echten Fortschritts im Leben der Massen realisierte.

Restaurantschließungen: Rückkehr in ein vormodernes Zeitalter

All dies deutet auf eine erstaunlich düstere Realität unserer Zeit hin: Im März 2020 und danach, mancherorts bis zu einem und sogar fast zwei Jahren, haben Staaten in aller Welt die Restaurants geschlossen! Diese Maßnahme hat nie einen Sinn ergeben (die Alters- und Gesundheitsschichtung des COVID-Schweregrads konzentrierte sich immer auf alte und kranke Menschen), obwohl es tausend Ausreden gab. Selbst wenn sich das Virus dort ausbreiten konnte, hätte es sich auch in Wohnungen oder wirklich überall dort ausbreiten können, wo Menschen zusammenkommen. Ist es nicht der Sinn der Freiheit, dass die Menschen selbst entscheiden können, ob sie das Risiko eingehen wollen oder nicht?

Die Wissenschaft spielt hier keine Rolle. Was zählt, ist die Symbolik. Die Schließung der Restaurants war ein revanchistischer Akt, die Rückkehr in ein vormodernes Zeitalter, in dem nur die Eliten Zugang zu den feineren Dingen hatten. Es war alles Teil der Erfüllung des Wunsches der New York Times vom 28. Februar 2020, das Virus „mittelalterlich“ zu bekämpfen. Es war ein deutliches Zeichen dafür, wie die COVID-Kontrollen einen neuen Feudalismus einleiteten.

Beim Eintreten maskiert, am Tisch unmaskiert

Die Länder waren äußerst zögerlich, die Restaurants wieder zu öffnen, und als sie es schließlich taten, wurden in vielen Teilen der Welt neue Vorschriften eingeführt. Es gab Kapazitätsgrenzen, – als ob die Spatzenhirne in der Bürokratie genau wüssten, wie viele Menschen sich in einem Raum aufhalten können, bevor das Virus eine Chance zur Ansteckung wittert. Kapazitätsbeschränkungen privilegieren zwangsläufig große Restaurants gegenüber kleinen. Ein kleines Café, das nur 25 Personen bedienen kann, durfte nur 12 bedienen, was nicht rentabel ist. Aber eine große Restaurantkette, die 250 Gäste bewirten kann, kann mit 125 Gästen immer noch ein gutes Geschäft machen.

Ein anderes merkwürdiges Protokoll verlangte, dass sich die Gäste beim Eintreten maskieren mussten, wenn sie sich gesetzt hatten, durften sie die Masken aber wieder abnehmen. Die Kellner hingegen mussten maskiert bleiben, weil sie standen und herumliefen (das Virus schwebt vermutlich 1,50 Meter über dem Boden). Die Symbolik dieser Situation war geradezu grotesk: ein perfektes Bild von Privilegien und Unterwürfigkeit. Es ist ein Wunder, dass dies überhaupt geduldet wurde, denn es widerspricht dem demokratischen Ethos des Marktes, in dem Menschen mit gleichen Freiheiten und Rechten einander mit gegenseitigem Respekt dienen.

Früchte der Freiheit für die Eliten

Glücklicherweise verschwindet der größte Teil dieses Unsinns, aber er muss dauerhaft verschwinden. Wir müssen über den tieferen Grundgedanken nachdenken, der hinter all diesen Regeln steht und warum sie entstanden sind. Es ging darum, mittelalterlich zu werden und damit die emanzipatorische Gedankenwelt des postfeudalen Wirtschaftslebens rundweg abzulehnen.

Die Taverne, das Kaffeehaus und das Restaurant spielten eine große Rolle bei der Verbreitung der Idee der allgemeinen Rechte. Die Menschen konnten sich an respektablen öffentlichen Orten treffen. Sie konnten Ideen austauschen. Sie konnten sich den Genüssen hingeben, die einst nur den Eliten vorbehalten waren.

Doch mit den Lockdowns kamen die Eliten zurück, und so mussten die Bars, Restaurants und Kaffeehäuser geschlossen werden. Das war notwendig, um nicht das Virus, sondern das Volk zu kontrollieren, denn „das Volk“ verdient es nicht, am Tisch zu sitzen. Es war nicht notwendig, um die Ausbreitung eines Virus zu stoppen, sondern die Ausbreitung von Ideen.

So etwas darf nie wieder geschehen. Die kleinen Unternehmen – insbesondere das örtliche Restaurant – müssen von allen Liebhabern von Freiheit, Rechten, Gleichheit und Demokratie vehement verteidigt werden. Es handelt sich hier um eine tiefgründige und äußerst wichtige Geschichte. Diejenigen, die die Restaurants schließen wollen, haben wahrscheinlich auch die Absicht, den revolutionären Sinn ihrer Entstehung und ihrer Existenz zu zerstören und uns in eine Vergangenheit zurückzuwerfen, in der nur die Eliten die Praxis und die Früchte der Freiheit genießen konnten.

Mit freundlicher Genehmigung vom Brownstone-Institut.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 37, vom 26. März 2022. Bearbeitung: Matthias Kehrein

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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