Die Intoleranz der „Toleranten“ und die Unfreiheit im freien Westen

Auf dem Blog von Boris Reitschuster veröffentlichte die Journalistin Ekaterina Quehl ihre Empfindungen zur heutigen politischen und besonders der mitmenschlichen Situation in Deutschland.
Titelbild
Eine Demo-Teilnehmerin trägt einen Mund-Nasen-Schutz mit der Aufschrift "1984" - in Anspielung auf den berühmten Roman von George Orwell.Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 26. Februar 2021

Ich bin in einer Diktatur aufgewachsen, habe lange in einem autoritären Regime gelebt und ich habe mich noch nie so unfrei gefühlt wie im heutigen Deutschland. Und ich habe noch nie so wenig Toleranz erlebt wie hier in diesem Land, in dem die Medien und die Politik ständig von Toleranz reden, sie in Wirklichkeit aber da fehlt, wo sie am wichtigsten ist: gegenüber Menschen mit anderen Meinungen.

Wie ich zu diesen heftigen Schlussfolgerungen komme? Das ist eine eigene Geschichte. Es begann in einem Gespräch mit Boris Reitschuster. Wir rätselten über die nahe Zukunft Deutschlands. Er sagte, er sei optimistisch und hege Hoffnung auf eine positive Wendung. Und obwohl ich ein fröhlicher und optimistischer Mensch bin, kann ich leider seinen Optimismus nicht teilen.

Seit Monaten graut es mir vor morgen in Deutschland. Die vielen Parallelen zum sowjetischen autoritären Regime, die ich hier in der Bundesrepublik erkenne, machen mir richtig Angst davor, was mich in den nächsten Monaten und Jahren in diesem Land erwartet. Und besonders große Angst bereitet mir das menschliche Miteinander hier. Der Eifer, mit dem sich viele Menschen an bestimmte Entwicklungen klammern, wie sie auf sie reagieren und wie sie mit denjenigen umgehen, die auf diese Entwicklungen anders reagieren, scheint mir beinahe neurotisch und ist genau der Grund, warum ich nicht so optimistisch sein kann wie Boris Reitschuster.

1,5 = 35

Noch 2019 hatten wir ein großes Thema in Deutschland. Menschen gingen auf die Straßen, es wurden neue Regeln eingeführt, neue Ziele gesetzt. Medien schrien von einer Welt-Gefahr, die uns unweigerlich drohe. Und wenn wir jetzt nicht sofort etwas dagegen unternähmen, dann hätten unsere Kinder keine Zukunft mehr. Und Menschen, die dieses Narrativ hinterfragt haben, wurden sofort als Rechte bzw. Rechtsextreme eingestuft. Potenzielle Feinde, die dabei stören, die Welt zu retten. Ein öffentlicher Diskurs außerhalb des Narratives fand nicht statt. Sprache und Symbolik dienten als Instrument zur Unterstützung des Narratives. Das Rennen um das 1,5-Grad-Ziel schien in der Gesellschaft alles andere zu überschatten.

Als ich Boris Reitschuster damals fragte, warum man in Deutschland auf das Thema Klimawandel so fixiert sei und warum Menschen in ihrer Mehrheit sehr aggressiv auf diejenigen reagieren, die darauf nicht so fixiert sind, bzw. das Thema unter einem anderen Blickwinkel betrachten, meinte er nur: „Warte ab, es kommt irgendwas Neues und sie werden dieses Thema vergessen.“

Heute, in 2021, haben Menschen in Deutschland ein neues Thema, auf das sich sehr viele fixieren. Ein Thema, das den Sinn unseres Lebens jetzt bestimmen soll. Wir haben eine Gefahr von außen, die wir mit allen unseren Kräften abwehren müssen. Wir haben ein gemeinsames Ziel und müssen stark sein und zusammenhalten, um das zu erreichen. Das Ziel 35. Verzicht und Einschränkungen dienen zum Erreichen des Ziels. Nur so können wir der Gefahr keine Chance geben. Diejenigen, die sie als „Nicht-Genug-Gefahr“ oder gar als „Nicht-Gefahr“ betrachten, sind Feinde. Rechtsradikale, Verschwörungstheoretiker, Coronaleugner, Coronaverharmloser, Covidioten, Querdenker.

Feinde, Zahlen und Parolen

In der Sowjetunion hatten wir immer Feinde. Feinde waren immer diejenigen, die die Gefahr, die der Sowjetunion stets von kapitalistischen Mächten drohte, verharmlosten und somit die Abwehr-Maßnahmen des sowjetischen Regimes infrage stellten. Die Gefahr, der sowjetische Bürger ausgesetzt wurden, musste ihnen immer bewusst sein. Wir Kinder mussten lernen, was zu tun ist, wenn ein atomarer Angriff auf unser Land ausgeübt wird. Im speziellen Schulunterricht haben wir Gasmasken tragen müssen und übten, wo man sich verstecken muss, wenn man einer radioaktiven Strahlung ausgesetzt wird. Dass das alles absurd war, wurde uns nicht erklärt. Dafür aber, dass diejenigen, die es für absurd hielten, unsere Feinde waren.

Unser heutiger Kapitalismus heißt Covid-19.“

In der Sowjetunion hatten wir viele Zahlen. Zahlen waren unsere Gegenwart, Zahlen bestimmten unsere Zukunft. Wir lebten in einer Planwirtschaft und im ständigen Rennen nach der Erfüllung eines Fünf-Jahres-Plans. Es war unerheblich zu wissen, was sich konkret hinter diesem Plan verbirgt. Das hat auch keiner von uns verlangt. Maßgeblich war es aber, die Wichtigkeit dessen zu verstehen und diesen in vier – besser noch, in drei – Jahren zu erreichen. Wenn man eine Zahl als Zielpunkt definiert, dann nimmt das Ziel konkrete Züge an.

Unser heutiger Fünf-Jahres-Plan heißt 35. Oder 10? Oder vielleicht 0?“

Mit der Zahl in der Zukunft lässt sich das gegenwärtige Streben nach ihr besser rechtfertigen. Dabei ist es völlig unerheblich, was sich hinter dieser Zahl konkret verbirgt.

In der Sowjetunion hatten wir unsere eigene Sprache, eine Art Neusprech, mit der wir das ganze Pathos des kommunistischen Lebensglücks perfekt zum Ausdruck bringen konnten. Und mussten. Dabei ließen sich Vorurteile mit Narrativen perfekt bedienen und das schwarz-weiße Weltbild aufrechterhalten. Hinterfragst du, ob das Schwarze schwarz ist oder denkst du gar, das Schwarze sei weiß, bist du Feind. Denkst du, es gibt außer schwarz und weiß noch andere Töne, bist du Feind.

Unsere heutigen Dissidenten heißen „Nazis“, „Verschwörungstheoretiker“ und „Coronaleugner“.“

Verzicht

Ob freiwillig oder nicht war Verzicht dem höheren Ziel zuliebe stets ein Teil unseres Lebens. Auf dem holprigen Weg zum kommunistischen Glück voller Gefahren und Feinde, machte es uns nichts aus, auf Dinge zu verzichten, die in einer demokratischen wohlhabenden Gesellschaft Spaß und Freude bringen, sei es Grundfreiheiten oder Konsum. Es wurde uns suggeriert, dass Einschränkungen ein notwendiges Mittel seien, um das Ziel schneller zu erreichen und es doch nichts ausmache, wenn man sich etwas einschränke.

Unser heutiger Verzicht ist der Lockdown.“

Ich bin in der Sowjetunion aufgewachsen und habe in Putin-Russland bis zu meinem 27. Lebensjahr gelebt. Doch noch niemals habe ich mich so unfrei gefühlt, wie im heutigen Deutschland. Bei all den Unfreiheiten, die ich in der Sowjetunion und in Putin-Russland erlebt habe.

Eine Handvoll Instrumente, derer sich autoritäre Regime immer wieder bedienen und die in etlichen Büchern – unter anderem auch im Orwells Roman 1984 – beschrieben sind, sind genauso simpel wie wirkungsvoll. Und die Tatsache, dass auch in demokratischen Gesellschaften solche Instrumente immer wieder Anwendung finden, bestätigt nur, wie fragil diese Gesellschaften häufig sind und wie gefährlich es ist, die Schrecken der Vergangenheit nicht ganz aufgearbeitet zu haben.

Neben diesen universellen Instrumenten fällt mir jedoch in Deutschland eine Besonderheit auf, die ich in der damaligen Sowjetunion und im heutigen Russland im menschlichen Verhalten nicht gesehen habe und die mich meines Optimismus bei der aktuellen Entwicklung in Deutschland beraubt. Das menschliche Miteinander. Die für mich unerklärliche Inakzeptanz, ja Aggression den Anders-Denkenden gegenüber, das Denunziantentum und die Intoleranz. Ja, die Intoleranz. Hier, in Deutschland, wird sehr viel über Toleranz gesprochen. Toleranz gegenüber Menschen anderer Nationalitäten, anderer Religionen, Toleranz gegenüber Schwerbehinderten, Toleranz gegenüber Homosexuellen, gegenüber Regen und Sonne und was weiß ich, was noch.

Doch wie wäre es mit Toleranz gegenüber kritischen Stimmen, gegenüber denen, die nicht mit allem einverstanden sind, was die Mehrheit vertritt, gegenüber denen, die das aktuelle mediale und politische Narrativ nicht teilen und andere Ansichten vertreten? Und wie wäre es mit Klardenken? Statt sich von der Angst fesseln zu lassen und die eigene Aggression auf die zu richten, die diese Angst nicht haben? Und lernen, Werte und Freiheiten zu behalten, die jahrzehntelang so schwer errungen wurden und sie nicht über Bord werfen, wegen etwas, was es definitiv nicht wert ist?

Erstveröffentlichug des Artikels auf www.reitschuster.de

Die Autorin Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin, und lebt seit über 15 Jahren in Berlin. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Mit 27 kam sie nach einem abgeschlossenen Informatik-Studium aus privaten Gründen nach Berlin und arbeitete nach ihrem zweiten Studienabschluss viele Jahre als Übersetzerin, aber auch als Grafik-Designerin. Mittlerweile arbeitet sie für reitschuster.de und studiert nebenberuflich Design und Journalismus.

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