Ein belegtes Brötchen füllt Bildungslücken der Ökonomie

Vielleicht haben Sie irgendwann einmal ein belegtes Brötchen gekauft. Haben Sie darüber nachgedacht, woher das Mehl stammt oder der Käse, die Wurst, das Salatblatt? Dahinter steckt keine „Lieferkette“, sondern ein Netzwerk von Verflechtungen namens „Markt“ – und Freiheit.
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Wie ist die „Lieferkette“ dieses belegten Brötchens? Endlos.Foto: iStock
Von 18. September 2023

In der Ökonomie ist der Zusammenhang zwischen Marktwirtschaft und Freiheit seit Langem bekannt, insbesondere die Vertreter der österreichischen Schule haben wichtige Beiträge dazu geleistet. Leider sind diese Erkenntnisse weder in der Politik noch in der Bevölkerung weitverbreitet, zumindest deuten verschiedene Handlungen darauf hin.

Verschärfend kommt hinzu, dass es Indizien dafür gibt, dass der Zusammenhang zwischen Marktwirtschaft und Freiheit in der Politik auch ignoriert wird, um Macht zu gewinnen und auszubauen. Auch in der Bevölkerung werden die Erkenntnisse teilweise wissentlich ignoriert; hier scheinen Bequemlichkeitsgründe eine Rolle zu spielen.

Wenn man die Auswirkung dieser Unkenntnis bedenkt, wäre es ein großer Fehler, diese Bildungslücke (oder das bewusste Missachten) für vernachlässigbar zu halten. Wer den Zusammenhang nicht kennt, ist anfällig für Missdeutung des tatsächlichen Geschehens, was den Teufelskreis aus Marktfeindlichkeit und Freiheitsverlust weiter antreibt.

Die große Herausforderung besteht also darin, den Zusammenhang zwischen Markt und Freiheit so einfach und verständlich wie möglich zu vermitteln, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Das belegte Brötchen

Vielleicht haben Sie irgendwann einmal ein belegtes Brötchen gekauft. Das bestand ihrem Wunsch entsprechend aus zwei Brötchenhälften, die mit Butter beschmiert waren, darauf lag ein Blatt Salat, eine Tomatenscheibe, etwas Käse und Kochschinken. Eine Verkäuferin im Geschäft hat ein paar freundliche Worte mit Ihnen gewechselt, das belegte Brötchen in eine Tüte getan und ihr Geld entgegengenommen.

Das passiert so oder so ähnlich tagtäglich und scheint uns ganz selbstverständlich – das ist es aber nicht. Es ist das Ergebnis eines raum- und zeitübergreifenden Netzwerks beziehungsweise eines dynamischen Koordinationsprozesses, den wir „Markt“ oder „Marktwirtschaft“ nennen.

Der Bäcker brauchte einen Raum, Maschinen und Personal, um das Brötchen backen und verkaufen zu können. Außerdem brauchte er Mehl und andere Rohstoffe sowie Energie. Betrachten wir ein Element davon genauer: das Mehl. Um es zu produzieren, war eine industrielle Mühle im Einsatz, die ebenfalls Raum, Maschinen, Personal, Energie und Rohstoffe benötigte.

Ein Blick auf die Lieferkette

Der Mehl-Rohstoff ist Getreide, dieses wurde von einem Bauern geliefert, der zur Produktion auf die Natur, auf Erde, Sonne und Regen angewiesen war. Aber auch der Bauer brauchte Raum, Maschinen und Personal, auch er benötigte Energie und anderes, damit er das Getreide für die Mühle anbauen, ernten, trocknen, transportieren und verkaufen konnte.

Das Personal – die Menschen in der Backstube oder am Verkaufstresen, in der Mühle, beim Bauern oder den zahlreichen Zulieferern – braucht zu essen und zu trinken, es muss sich kleiden und benötigt ein Dach über dem Kopf. Auch dafür gibt es Anbieter, die wiederum in ein weitläufiges und unübersichtliches Netzwerk eingebunden sind.

Und jeder benötigt für seine Arbeit Expertise, die Verkäuferin ebenso wie der Bäckermeister, der Chef der Mühle, seine Arbeiter und so weiter.

Vernetzung passiert – das ist der „Markt“

Diese Vernetzung geht weit über das hinaus, was wir uns beim Kauf eines belegten Brötchens vorstellen – oder überhaupt erfassen können. Dieses Netzwerk verbindet und koordiniert über den Raum und die Zeit hinweg. Das Brötchenmehl von heute wurde bereits im Vorjahr angebaut und die im Prozess benötigten Maschinen vielleicht schon Jahrzehnte zuvor – manches im Inland, manches im Ausland – produziert. Die Rohstoffe für die Maschinen wurden in Minen irgendwo auf der Welt gewonnen, die unter Umständen schon vor Jahrhunderten erschlossen wurden.

Und obwohl jedes genannte Element (und noch viel mehr) benötigt wird, damit wir am Ende das gewünschte belegte Brötchen essen können, passieren die einzelnen Schritte, ohne dass die Beteiligten wussten, dass all dies dazu dient, dass Sie das gewünschte belegte Brötchen essen können.

Weder die Minenarbeiter in Afrika oder Australien noch die Maschinenbauer in Amerika oder Japan haben bei ihrer Arbeit daran gedacht oder überhaupt gewusst, dass Sie gern ein belegtes Brötchen essen möchten und dafür auf ihre Mitwirkung angewiesen sind. Die Beteiligten handelten im eigenen Interesse und nützten zugleich allen anderen – auch Ihnen.

In diesem Zusammenhang von „Lieferkette“ zu sprechen, ist irreführend. Kette klingt nach Übersichtlichkeit, nach einzelnen bekannten miteinander verbundenen Gliedern. Tatsächlich gibt es ein raum- und zeitübergreifendes Netzwerk beziehungsweise einen dynamischen Koordinationsprozess, der sich der Erfassung, Planung und Lenkung entzieht. Wir nennen es „Markt“ oder „Marktwirtschaft“.

Die Idee eines „Lieferkettengesetzes“ oder der Glaube an staatliche Planung zeugt von Unkenntnis gigantischen Ausmaßes. Die „Unsichtbare Hand des Marktes“, die Abstimmung freiwilliger Handlungen aller Beteiligten im gegenseitigen Interesse, wird durch Bürokratie und Planwirtschaft derart gestört, dass die Auswirkungen erheblich sind.

Markt koordiniert das Notwendige

Leere Regale, fehlende und verfallende Wohnungen, Energiepreise, die Unternehmen zum Aufgeben und Haushalte in die Armut treiben und viele andere Störungen mehr sind die Konsequenz, wenn nicht verstanden wird, was Markt überhaupt ist. Es sind die politischen Eingriffe in den Markt, die zu jenen Problemen führen, welche in der Politik gern als „Marktversagen“ bezeichnet werden.

Wenn Mieten steigen, weil die Nachfrage wegen geförderter Zuwanderung zunimmt und das Angebot wegen der staatlichen Regelungswut sinkt, ist dies ein Zeichen, dass der Markt funktioniert. Die Störung geht vom politischen Eingriff aus, der Idee, etwas so Komplexes und Unübersichtliches wie das Gefüge der Wirtschaftsbeziehungen am rot-grün-gelben Tisch planen zu können.

Der Markt gehört zu den größten Errungenschaften der Menschen. In einer Welt der Knappheit (also unserer Welt) ist er der bestmögliche Koordinationsprozess.

Jeder politische Eingriff führt unweigerlich zu gewaltigen Störungen – selbst wenn er mit besten Absichten erfolgt.

Diese marktfeindliche Politik raubt unvermeidlich die Freiheit. Beispielsweise erscheinen Überlegungen wie „alte Menschen müssen raus aus großen Wohnungen“ bei immer knapper werdendem Wohnraum bedenkenswert. Auch die Überlegung, Preise politisch festzulegen, wenn diese kaum noch zu stemmen sind, scheint plausibel. Doch damit wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Es wäre besser, die Eingriffe, welche die Ursache der Störung waren, rückgängig zu machen – statt wegen der Folgen erneut Eingriffe zu tätigen, die ihrerseits Fehlentwicklungen bewirken werden.

Politisch erwünschtes „Ham wa nich“

Freiheitsverlust ist bei marktfeindlicher Politik unvermeidlich, weil die Eingriffe zu Fehlallokationen führen, deren Folgen offensichtlich werden. Neue politische Eingriffe zur Bekämpfung der auftretenden Effekte werden jedoch nur als „Lösung“ wahrgenommen, solange die Menschen nicht verstehen, was überhaupt den Markt ausmacht – darum ist dieses Wissen so wichtig.

Wenn der Bäcker trotz großer Nachfrage beispielsweise keinen Kochschinken mehr auf dem Brötchen anbietet, kann dies eine direkte Folge entsprechender Regelungen sein, weil zuvor entschieden wurde, dass der Fleischkonsum reduziert werden soll.

Es könnte aber auch die Folge eines weniger offensichtlichen Eingriffs sein. Beispielsweise könnte die Erhöhung der Energiepreise (als Folge einer politisch gewollten Transformation) einige Bäcker, Müller oder Bauern zum Aufgeben gezwungen haben, was Auswirkungen auf die Angebotsmenge und die Preise hatte.

Vielleicht hat auch eine Subvention in Bereichen, die auf den ersten Blick überhaupt nichts mit dem belegten Brötchen zu tun haben, zur „Umleitung“ von Ressourcen geführt. Auch in diesem Fall sind Auswirkungen auf das Marktangebot und die Konsumenten, den Wohlstand und die Freiheit zu erwarten.

Denken Sie an das belegte Brötchen, wenn mal wieder ein Politiker über das „Versagen des Marktes“ redet. Er lenkt damit nur davon ab, dass die Probleme ohne vorherige Eingriffe gar nicht erst entstanden wären.

Zum Autor

Rainer Fassnacht ist ausgebildeter Kaufmann und studierter Diplom-Ökonom. Er lebt in Berlin und ist Autor des Buches „Unglaubliche Welt: Etatismus und individuelle Freiheit im Dialog“. Auch in seinen sonstigen, unter anderem vom Austrian Economics Center in Wien veröffentlichten Texten setzt er sich für die Bewahrung der individuellen Freiheit ein.

Der Artikel erschien zuerst bei Misesde.org des Ludwig von Mises Instituts Deutschland unter dem Titel: „Was hat ein belegtes Brötchen mit Markt und Freiheit zu tun?“.

Noch ein Hinweis:

Am 7. Oktober 2023 lädt das Ludwig von Mises Institut Deutschland zu seiner alljährlichen Konferenz ein. Thema ist „Der Kampf um die öffentliche Meinung“. Als Redner sind unter anderem gesetzt Peter Hahne, Olivier Kessler, Prof. Dr. Philipp Baus und Prof. Dr. Thorsten Polleit. Hier geht es zur Anmeldung.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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