Jürgen Fritz: So würden die Deutschen 103 Wochen nach der Bundestagswahl wählen

Wie würden die Deutschen wählen, wären heute Bundestagswahlen? Aktuell liegen von sieben verschiedenen Instituten Umfrageergebnisse vor, die bezogen auf den mittleren Tag der Befragung in den letzten zwölf Tagen durchgeführt wurden.
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Wie weiter mit den Parteien?Foto: Epoch Times
Von 16. September 2019

Heute vor 103 Wochen fanden die letzten Bundestagswahlen statt. Bei diesen musste die SPD herbe Verluste von 5,2 Punkten, die Union sogar von 8,6 Punkten hinnehmen, während die AfD fast 8 Prozentpunkte zulegen konnte. Gleichwohl bildeten die beiden Wahlverlierer zum dritten Mal innerhalb von vier Legislaturperioden eine schwarz-rote Koalition, da die FDP sich im letzten Moment weigerte, mit Union und den Grünen eine Jamaika-Koalition zu bilden. So würden die Bundesbürger nun nach Ablauf von fast zwei Jahren wählen.

Grüne fallen seit über drei Monaten kontinuierlich, SPD kann sich aktuell erholen

Wie würden die Deutschen wählen, wären heute Bundestagswahlen? Aktuell liegen von sieben verschiedenen Instituten Umfrageergebnisse vor, die bezogen auf den mittleren Tag der Befragung in den letzten zwölf Tagen durchgeführt wurden, so dass wir eine recht gute Datenbasis zur Verfügung haben, um diese Frage natürlich nicht ganz exakt, aber doch einigermaßen genau beantworten zu können. Nehmen wir alle sieben Institute zusammen (Forschungsgruppe Wahlen, Infratest dimap, INSA, YouGov, Emnid, GMS und Forsa), so können wir konstatieren:

1. Die Union hat ihren absoluten Tiefpunkt von Mitte Juni, als sie bei ca. 25 bis 26 Prozent stand, zwar überwunden, über 27,5 Prozent kommt sie aber seither nicht hinaus und scheint jetzt sogar wieder leicht zu fallen.

2. Die Grünen können ihren Höhepunkt von nach der EU-Wahl, als sie schlagartig von 18 auf 26 Prozent emporgeschossen sind, nicht halten. Sie fallen seit gut drei Monaten zwar nur leicht, aber kontinuierlich auf jetzt ca. 22,4 Prozent. Damit liegen sie nun, nachdem sie kurzfristig sogar CDU und CSU zusammen überholt hatten, wieder fünf Punkte hinter diesen zurück.

3. Die SPD kann sich in den letzten Wochen, bedingt wohl durch ihren Kandidatenwettbewerb für den Parteivorsitz, von ihrem absoluten historischen Tiefpunkt von ca. 12,5 Prozent erholen und steigt nun Richtung 15 Prozent.

4. Insbesondere sehen wir derzeit also eine leichte Wanderung vor allem von Grünen-Anhängern zur SPD. Hierbei dürfte es sich allerdings um einen Strohfeuereffekt handeln. Diese Einschätzung teilt auch INSA-Chef Hermann Binkert:

„Die unterschiedlichen Bewerber um den SPD-Parteivorsitz machen die SPD wieder populärer. Potentielle Wähler setzen auf den Sieg des von ihnen favorisierten Kandidaten-Duos. Sobald die Vorsitzenden-Frage entschieden ist, verschwindet dieser Vorteil aber wieder. Dann gibt es auch wieder Enttäuschte.“

5. Die AfD steigt in den letzten Wochen ebenfalls, aber nur ganz leicht. Die phänomenalen Wahlergebnisse aus Brandenburg und Sachsen verleihen der Partei bundesweit keinen spürbaren zusätzlichen Aufschwung, aber sie kletterte seit Ende July immerhin von ca. 13 auf jetzt über 14 Prozent.

6. Eine klar negative Entwicklung sehen wir dagegen schon seit ein bis zwei Jahren bei der Linkspartei und der FDP, die beide kontinuierlich leicht verlieren und inzwischen unter 7,5 Prozent gefallen sind. Die FDP, die bei der Bundestagswahl vor zwei Jahren noch auf über 10,7 Prozent kam, droht nun sogar unter 7 Prozent zu fallen.

7. Die Kleinparteien zusammen (Sonstige) stiegen dagegen seither von 5 auf jetzt fast 7 Prozent.

Dawum-Graphik

So würden die Deutschen heute in etwa wählen

Hier nun die Wahl-O-Matrix-Werte gewonnen aus den Daten der sieben genannten Institute, die bezogen auf den mittleren Tag der Befragung in den letzten zwei Wochen eine aktuelle Umfrage durchführten. Angegeben ist für jede Partei die jeweilige Bandbreite der Umfrageresultate sowie jeweils das arithmetische Mittel:

CDU/CSU: 27 – 28 % ==> 27,3 %
GRÜNE: 21 – 24 % ==> 22,4 %
SPD: 13,5 – 16 % ==> 14,9 %
AfD: 12 – 15,5 % ==> 14,1 %
LINKE: 7 – 8 % ==> 7,4 %
FDP: 6 – 8 % ==> 7,1 %
Sonstige: 5 – 8 % ==> 6,8 %

© JFB

Veränderungen gegenüber der Bundestagswahl vom September 2017

Die Bundestagswahl vom 24.09.2017 liegt nun fast zwei Jahre zurück. Welche Partei konnte seither in der Wählergunst zulegen, welche hat verloren?

GRÜNE: + 13,5 %
Sonstige: + 1,8 %
AfD: + 1,5 %
LINKE: – 1,8 %
FDP: – 3,6 %
CDU/CSU: – 5,6 %
SPD: – 5,6 %

Womit der derzeitige große Erfolg der Grünen zusammenhängt, können Sie hier sehr schön sehen:

Civey-Screenshot

Fast 30 Prozent der Deutschen sind der Auffassung, dass die Grünen die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft hätten. Damit liegen sie in dieser Frage in der Einschätzung der Bürger weit vor allen anderen. Auf Platz zwei folgt mit über 10 Punkten Abstand die Union, dann auf Platz drei die AfD.

Weit abgeschlagen sind die SPD, die FDP und die Linkspartei, alle mit weit unter 10 Prozent. Fast ein Viertel der Bundesbürger denkt, dass keine der zur Wahl gestellten Parteien die besten Antworten auf die Zukunftsfragen hat. Auffällig dabei: Bei leitenden Angestellten ist das Vertrauen in die Grünen besonders groß (35,6 %), während Arbeiter tendenziell für keine der großen Parteien stimmen (25,4 %).

Nach vorgezogenen Neuwahlen gäbe es höchstwahrscheinlich Schwarz-Grün

Insgesamt können wir ganz klar konstatieren: Von vorgezogenen Neuwahlen würde vor allen Dingen eine Partei ganz enorm profitieren, die ihr 2017er-Ergebnis derzeit womöglich auf das 2,5-fache steigern könnte: Die Grünen. Leicht profitieren könnten eventuell auch die Kleinparteien sowie die AfD.

Alle anderen müssten mit zum Teil erheblichen Einbußen rechnen. Die Linkspartei würde nach aktuellem Stand ein Fünftel, die FDP sogar ein Drittel ihrer Wähler verlieren. Union und SPD müssten mit fünf bis sechs Punkten Verlusten rechnen und würden wohl historische Pleiten einfahren.

Damit stecken sowohl CDU/CSU als auch SPD in einem Dilemma. Die Motivation, die schwarz-rote Koalition weiterzuführen, scheint bei beiden ausgesprochen gering. Irgendwie hat man das Gefühl, das wird nichts mehr. Andererseits wissen beide: „Gehen wir in vorgezogenen Neuwahlen, werden wir aus diesen noch mehr geschwächt hervorgehen, als wir dies nach unseren miserablen 2017er-Ergebnissen ohnehin schon sind.“

Würde man in den nächsten Monaten die schwarz-rote Koalition gleichwohl aufkündigen und sich für Neuwahlen entscheiden, so käme es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Schwarz-Grün. Union und Grüne kämen derzeit zusammen auf fast 50 Prozent (ca. 49,7), was wegen der fast sieben Prozent für Kleinparteien klar für eine Mehrheit der Sitze im Bundestag reichen würde. Dazu reichten wahrscheinlich schon ca. 46 bis 47 Prozent der Zweitstimmen aus.

Aber selbst die Grünen scheinen gar kein so großes Interesse an vorgezogenen Neuwahlen und einer schnellen Regierungsbeteiligung zu haben. Vielleicht ja weil sie wissen, dass es manchmal leichter ist, die Regierung aus der Opposition heraus mit Forderungen vor sich her zu treiben, als selbst zu regieren und die Verantwortung für die Folgen der Umsetzung dieser Forderungen übernehmen zu müssen.

Zuerst erschienen auf www.jürgenfritz.com

Jürgen Fritz studierte in Heidelberg Philosophie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Physik und Geschichte (Lehramt). Nach dem zweiten Staatsexamen absolvierte er eine zusätzliche Ausbildung zum Financial Consultant unter anderem an der heutigen MLP Corporate University. Er ist seit Jahren als freier Autor tätig. Sein Blog: JFB

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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