Thorsten Polleit: Mit dem Entlastungspaket in die Planwirtschaft

Chefvolkswirt Polleit sieht nur einen Weg, die Menschen im Land und die Unternehmer wirklich nachhaltig zu entlasten: „Der Staat muss schrumpfen. Die Deutschen können ihn sich in dieser Größenordnung schlichtweg nicht mehr leisten.“ Ein Kommentar.
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Thorsten Polleit.Foto: Degussa
Von 5. September 2022

Die Ampel-Koalition hat ein drittes „Entlastungspaket“ beschlossen. Es hat einen Umfang von 65 Milliarden Euro und entspricht damit nicht einmal zwei Prozentpunkten des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Eine wirklich große Entlastung für die gebeutelten Verbraucher und Firmen ist das also nicht. Und wie immer, wenn etwas verteilt wird, hagelt es Kritik. So ist zu hören, das Entlastungspaket sei unkonkret, ungenügend, unvollständig.

Zentrales Problem nicht gelöst

Es enthält eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen: Rentner erhalten eine Energiepreispauschale, Studenten bekommen eine Einmalzahlung, Kindergeld und Kinderzuschlag werden erhöht, Bürgergeld wird eingeführt und Wohngeld reformiert, eine „Strompreisbremse“ soll kommen, vermutlich auch eine „Übergewinnsteuer“ für Energieversorgungsunternehmen, eine Entlastung für Geringverdiener durch die Anhebung der Midi-Job-Grenze soll es geben, auch die Fortführung des 9-Euro-Tickets.

Auf das zentrale Problem – die Energiekrise – gibt das Entlastungspaket jedoch keine überzeugende Antwort. Die Ampel-Koalition hat keine Entscheidung zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke getroffen, auch fehlt eine Entscheidung, wie der Gaspreis verringert werden soll. Die problematische Gasumlage wurde nicht gestoppt. Vielmehr droht nun sogar ein staatliches Eingreifen in den Strommarkt, und das lässt nichts Gutes für die Stromversorgungslage erwarten.

Vor allem bleibt ebenfalls ungeklärt, wie das Ganze finanziert werden soll. Wenn die Bundesregierung ihre neuen Ausgaben und Steuereinnahmeausfälle mit neuen Krediten finanziert, also Anleihen ausgibt, die von Banken gekauft werden, steigt die Euro-Geldmenge – und in der Folge werden auch die Güterpreise noch stärker als bisher schon ansteigen. In diesem Falle wird dann also nichts aus der verkündeten Entlastung.

„Der Staat muss schrumpfen“

Im Grunde gibt es nur einen Weg, Konsumenten und Unternehmer zu entlasten: Der Staat muss schrumpfen. Die Deutschen können ihn sich in dieser Größenordnung schlichtweg nicht mehr leisten: Die „grüne Politik“ und die westlichen Sanktionen gegenüber Russland, die sich insbesondere für Deutschland unübersehbar als ruinös erweisen, setzen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit massiv und dauerhaft herab.

Der Staat muss daher Steuern und Abgaben senken und Ausgaben kürzen, damit den Nettosteuerproduzenten mehr bleibt von ihrem Bruttoeinkommen. Dass das auf heftigen Widerstand stößt, ist absehbar. Ein großer Teil der Bevölkerung hängt schließlich am Geldtropf des Staates – und findet nichts dabei, vom Geld anderer Leute zu leben, zumal Politiker ihnen dafür die passenden Parteiprogramme anbieten.

Doch die Energiekrise, wenn sie andauert, bringt Deutschland an eine schicksalhafte Weggabelung: Entweder es gelingt, den Staat zurückzubauen und der Privatwirtschaft mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, damit der Wohlstand erhalten und ausgebaut werden kann, oder wenn das nicht gelingt, dann droht das Abrutschen in eine Befehls- und Lenkungswirtschaft, in der der Staat maßgeblich bestimmt, wer was wann in welcher Menge konsumieren darf und wer was wann und wie produzieren kann. Willkommen in der Planwirtschaft.

An politischen Ursachen der Krise ansetzen

Damit die Weichen in Richtung wirtschaftliche Freiheit und Wohlstand gestellt werden, bedarf es der folgenden Einsicht: Die Energie- und Wirtschaftskrise in Europa, die immer dramatischer wird, hat politische Ursachen: Dazu zählen vor allem die überzogene „grüne Politik“, die inflationäre Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die selbstschädigende westliche Sanktionspolitik gegenüber Russland.

Wer also eine Besserung der Lage und künftigen Wohlstand anstrebt, der muss diese Politiken neu ausrichten.

Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel in Frankfurt/Main, Europas größtem Edelmetallhandelshaus. Davor war er als Ökonom 15 Jahre im internationalen Investment-Banking tätig. Er ist zudem Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth, Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland und Buchautor. Weitere Informationen unter: www.thorsten-polleit.com

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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