Gauck kritisiert bei Lanz Hysterie gegen Rechts – beklagt Integrationsdefizite bei Muslimen

In der Talksendung bei Markus Lanz wiederholte Altbundespräsident Joachim Gauck seine jüngste Kritik am aktuellen politischen Diskurs. Dieser bringe keine Toleranz für Meinungen auf, die nicht politisch links angesiedelt sind. Gauck warnt vor der Sehnsucht nach einer „gereinigten Gesellschaft“.
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Joachim GauckFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 21. Juni 2019

In seiner Rede nach der Vereidigung als Bundespräsident am 23. März 2012 hatte Joachim Gauck – durchaus zum Leidwesen vieler seiner euphorischen Befürworter – noch reichlich Lob für die Protagonisten der Studentenrevolte von 1968 übrig.

Die „Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte“, die zuvor „defizitär“ gewesen, habe sich erst durch diese nachhaltig geändert. Damals erklärte Gauck:

„Es war und blieb das Verdienst dieser Generation, der 68er: Es war ein mühsam errungener Segen, sich neu, anders und tiefer erinnern zu können. Trotz aller Irrwege, die sich mit dem Aufbegehren der 68er auch verbunden haben, hat sie die historische Schuld ins kollektive Bewusstsein gerückt.“

Heute scheint ihm die vermeintliche „Tiefe der Erinnerung“, die er mit der Doktrin der 68er verbindet, hingegen langsam unheimlich zu werden. Im ZDF-Gespräch mit Markus Lanz am Donnerstag (20.6.) macht er den Einfluss der Ideologie der Studentenbewegung verantwortlich für eine Verengung des politischen Diskurses.

Spätfolge der 68er Kultur

„Links darf alles“, schildert Gauck seinen Eindruck vom derzeitigen Zustand des Gemeinwesens, „ganz links fast alles, in der Mitte, die liberalen und netten Konservativen, die dürfen das Allermeiste, und die Edelgrünen sowieso, und dann haben wir aber eine ganz begrenzte Zuweisung von Meinungsfreiheit an das, was wir rechts nennen, rechtsextrem ist dann schon faschistisch.“

Gauck, der jüngst mit der Forderung nach einer „erweiterten Toleranz für rechts“ für Aufsehen gesorgt und sich gegen eine Dämonisierung „schwer konservativ“ denkender Menschen ausgesprochen hatte, mahnte dazu, Pluralität zu respektieren: „Unser Traum ist nicht eine gereinigte Gesellschaft, sondern eine Gesellschaft, die friedlich miteinander umgeht.“

In anderen Ländern sei „rechts“ ein normaler Bestandteil der politischen Debatte, erklärte der Altbundespräsident weiter. Indem dieser Begriff in Deutschland aber von vornherein negativ konnotiert worden wäre, verenge man die Möglichkeiten.

Es gebe ein altes linkes Denken, wonach alles, was nicht mehr linken Ideen entspreche, schon der Beginn des „Faschismus“ sei. Dass dies hier in Deutschland so bedeutsam sei, sei eine „Spätfolge der hier über lange Zeit dominierenden 68er Kultur“. Man dürfe aber „unserem Land mehr vertrauen“. Demokratie sei gerade das Aushalten unterschiedlicher Strömungen, so Gauck.

Antisemitismus schon im Kindesalter erlernt

Der Altbundespräsident erklärte auch, es müssten Fragen diskutiert werden, welches Maß an Zuwanderung für das Gemeinwesen wünschenswert und vertretbar wäre, es gäbe dazu auch umfangreiche Literatur und es zeige sich, dass dort, wo dieses überschritten werde, eine „Entsolidarisierung der Gesamtgesellschaft“ sei.

Im Zusammenhang mit Einwanderern aus arabischen oder anderen muslimischen Ländern gebe es Erfahrungen, „wie tief verankert und wie früh implementiert“ dort häufig in Kinderseelen schon der Antisemitismus sei, „wie wirklich der Jude ein ‚Untermensch‘ ist bei ihnen und mit dieser Ideologie kommen sie her“. Es gebe auch andere Vorurteile dort, etwa darüber, „was Kinder dürfen und sind, was Frauen dürfen und sind, welche Rechte Männer über Frauen haben, wie und ob die Religion wichtiger ist als das Gesetz des Landes, in dem sie leben“. Es gebe diesbezüglich einen „starken Unterschied“ zu dem, was die tragenden Vorstellungen seien in der „offenen Gesellschaft“ hier.

An Schulen, so Gauck weiter, gebe es ein „Mobbing“, wo sich zum Teil aus radikal-muslimischen Kreisen Kräfte fänden, die schon auf den Schulhöfen versuchten, Mädchen zu beeinflussen, was diese dürften, was „halal“ wäre und was nicht, Deutsche würden „Kartoffel“ genannt und wer den Ramadan nicht einhalte, bekommen Probleme. Aber: „In meinem Milieu war es nicht vornehm und nicht anständig, darauf zu verweisen“, schilderte das ehemalige Staatsoberhaupt.

Auch Gauck bald Kandidat für Artikel-18-Verfahren?

Einem von Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber initiierten Verfahren zum Grundrechtsentzug nach Artikel 18 GG dürfte Gauck jedoch trotz dieser Aussagen vorerst entgehen. Immerhin brach er auch eine Lanze für die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und meinte: „Wenn Sie dies oder jenes gegen ihre Politik haben, vergleichen Sie ihre Arbeit doch mal mit der Arbeit anderer Regierungschefs in Europa.“

Auch würde er sich nicht mit AfD-Bundessprecher Alexander Gauland auf ein öffentliches Diskussionspodium begeben, weil er dafür „nicht genug Achtung“ vor diesem habe. Er, Gauck, sei selbst sei ein „heftiger Gegner“ der AfD. Er halte aber nicht alle AfD-Wähler für „Faschisten“ und „Nazis“ – immerhin gebe es unter diesen auch sehr viele Protestwähler.

In der „Nordwest-Zeitung“ schreibt Newsdesk-Chef Alexander Will mit Blick auf Gaucks jüngste Äußerungen, im vergifteten Klima des Landes sei „in Deutschland die Vernunft 79 Jahre alt“.

In einer Zeit, in der „offenkundig immer weniger Angehörige der politisch-intellektuellen Eliten willig oder in der Lage“ seien, „Debatten über zentrale politische Themen zu führen ohne die sachliche Ebene zu verlassen und sich von Gefühlen übermannen zu lassen“, formuliere Gauck „schlicht etwas, das in freiheitlich und demokratisch verfassten Gemeinwesen Konsens sein muss, sollen sie funktionieren“. Dass seine Sätze wie jener, dass „rechts“ erst einmal nur eine „Verortung im politischen Raum“ bezeichne, vielfach als Provokation aufgefasst würden, sage „mehr über eine beginnende post-freiheitliche Zeit als über Joachim Gauck aus“.

Desktop-Chef der „Nordwest-Zeitung“ ebenfalls „für Lübcke-Mord mitverantwortlich“

Es sei „insgesamt […] 2019 ein trauriger Befund, dass ein Alt-Politiker wie Joachim Gauck heute in Deutschland die Verkörperung politischer Vernunft sein muss“. Es sei aber auch „Ausweis für die hohe moralische und politische Integrität, für die praktizierte politische Toleranz eines Mannes, der in seinem Leben mehr als die meisten am eigenen Leib erfahren hat, was Diffamierung, Verunglimpfung und Zersetzung wirklich bedeuten“.

Wie Will später auf Facebook mitteilt, habe er kurz darauf selbst „eine Zuschrift bekommen, die mich ob meiner Texte indirekt mitverantwortlich macht für den Mord an Lübcke“.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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