Geheimtreffen in der Nacht: Wie AKK sich ihre hauchdünne Mehrheit verschaffte

Mit nur 51,75 Prozent der Stimmen haben die Parteitagsdelegierten Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen CDU-Vorsitzenden gewählt. Ganze 18 Stimmen fehlten Friedrich Merz in der entscheidenden Stichwahl. Ging hier alles mit rechten Dingen zu? Eine Analyse von Gastautor Jürgen Fritz.
Von 12. Dezember 2018

Mit nur 51,75 Prozent der Stimmen haben die Parteitagsdelegierten Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen CDU-Vorsitzenden gewählt. Ganze 18 Stimmen fehlten Friedrich Merz in der entscheidenden Stichwahl, dann wäre er und nicht AKK der erste Anwärter als Nachfolger von Merkel im Kanzleramt gewesen. Wie war es Kramp-Karrenbauer möglich, die Mehrheit zu erringen? Ging hier alles mit rechten Dingen zu? Seit Tagen gibt es nun immer mehr Gerüchte, mit welchen Methoden die Saarländerin sich die letzten Stimmen besorgte.

Von langer Hand geplant und eingefädelt

Wie Helmut Kohl 1973 CDU-Vorsitzender wurde, wissen wir inzwischen. Seinem Vorgänger und Konkurrenten Rainer Barzel ließ man über sieben Jahre hinweg insgesamt 1,562 Millionen DM quasi als Entschädigung zufließen, damit er Kohl den Weg an die Spitze „freiwillig“ frei machte. Fast 1,6 Millionen DM war in den 1970er Jahren enorm viel Geld! Spätestens seit der Flick-Affäre, den schwarzen Kassen der CDU, welche diese über mehr als ein viertel Jahrhundert führte, sowie Kohls Erfindung der Großspenden von „vier oder fünf“ Freunden, denen er sein Ehrenwort gegeben haben wollte, ihre Namen nicht zu nennen – ein reines Ablenkungsmanöver von den schwarzen Kassen und der systematischen Geldwäsche -, ist klar, dass die Christen- und Bimbespartei eine der korruptesten von allen ist.

Nun 45 Jahre später kam es erneut zu einem Kampf um den Parteivorsitz, zunächst zwischen drei Bewerbern, der sich aber auf einen Zweikampf zwischen Kramp-Karrenbauer und Merz zuspitzte. Die Tage zuvor war schon relativ klar, dass die Wahrscheinlichkeit sehr groß sein würde, dass es sehr eng wird und womöglich auf jede Stimme der ca. tausend Delegierten ankommen könnte.

Bereits im Februar 2018 gab Annegret Kramp-Karrenbauer ihr Amt als Ministerpräsidentin des Saarlandes auf, um als CDU-Generalsekretärin nach Berlin zu gehen. Natürlich fragte man sich, warum jemand ein Ministerpräsidentenamt freiwillig aufgibt, nur um Generalsekretärin der Partei zu werden und die Antwort war von Anfang an klar: Hier sollte die nächste Parteivorsitzende und Kanzlerin systematisch aufgebaut werden. Man dachte, dies sei die Idee von Merkel gewesen, die AKK mit dem Versprechen „Ich mache dich zu meiner Nachfolgerin“ nach Berlin gelockt hatte, doch nun behauptete die Saarländerin, dies wäre gar nicht Merkels, sondern ihre eigene Idee gewesen, das Amt der Generalsekretärin zu übernehmen.

Geheimtreffen am späten Donnerstagabend?

Wenn dies wahr sein sollte, so fragt man sich unwillkürlich: Warum gibt eine Frau, die – was sie nicht müde wird zu betonen – drei Kinder und einen Ehemann im Saarland hat, ihr Amt als Ministerpräsidentin auf, um ins 700 bis 800 Kilometer entfernte Berlin in eine deutlich niedrigere Position zu wechseln, wo sie zudem sehr viel weniger bei ihrer Familie sein kann? Dies macht man nur, wenn man Größeres vor hat. Ist also die so unscheinbar wirkende Frau gar nicht so harmlos und integer, wie sie nach außen hin scheint, sondern in Wahrheit unglaublich machtversessen? Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang, was die Bild recherchiert hat und diese Tage berichtete.

Sowohl Kohl als auch Merkel, die beide sehr lange CDU-Vorsitzende (und Kanzler) waren, waren große Strippenzieher im Hintergrund. Über dieses Talent scheint auch AKK zu verfügen. Seit vielen Monaten schon war sie durch ganz Deutschland auf einer sogenannten „Zuhörtour“ in unzähligen Ort- und Kreisverbänden und knüpfte sich ein Netz von Kontakten, etwas wozu ihr das Amt als Generalsekretärin ungemein nutzte – ein Vorteil, den Merz so nicht hatte. Doch das war der Saarländerin offensichtlich noch nicht genug, wie sich inzwischen herausstellte.

Denn gut zwölf Stunden vor dem Parteitag ereignete sich in Hamburg am späten Donnerstagabend etwas, das die Bild als „das vielleicht entscheidende Geheimtreffen“ bezeichnet. Ab ca. 22 Uhr kommen dort in dem vornehmen Übersee-Club am Neuen Jungfernstieg ca. 200 der knapp tausend CDU-Delegierten zu einem „Nikolaus-Drink“ zusammen.

Wer steckt hinter den Einladungen?

Doch wer hat diesen „Nikolaus-Drink“ organisiert? Wer hat dazu eingeladen? Offiziell waren dies mehrere Start-Up-Unternehmen, aber die eigentlichen Organisatoren waren wohl der ehemalige Erste Bürgermeister der Freien und Handelsstadt Hamburg, Ole von Beust, sowie der Berliner Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann. Letzterer war von 2012 bis 2016 Justizsenator von Berlin, verpasste dann aber bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2016 den Einzug ins Parlament. Seit 2017 ist er Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Wie der Tagesspiegel Anfang des Jahres berichtete, hat der Ex-Kreisgeschäftsführer der CDU Steglitz-Zehlendorf, Florian Lehmann, Strafanzeige gegen Heilmann und noch zwei andere gestellt, wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung sowie Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Dieser streitet jedoch alle Vorwürfe ab.

Ole von Beust, der heute am späten Abend übrigens bei Markus Lanz zu Gast sein wird, war von 2001 bis 2010 Regierungschef des Bundeslandes Hamburg, seither ist er als Lobbyist tätig; unter anderem für die türkische staatliche Investitionsagentur ISPAT. Auch als Recep Tayyip Erdogan 2013 die Proteste in Istanbuls Gezi-Park zusammenknüppeln ließ, machte von Beust, der zugibt, als Lobbyist sehr gut zu verdienen, viel besser als zuvor als Erster Bürgermeister, weiter. Auf die Frage, ob er nie darüber nachgedacht habe, ob es richtig sei, weiter Erdogans Interessen zu vertreten, antwortete er 2017„Doch, aber dann dürfte man mit 70 Prozent der Länder der Welt nicht zusammenarbeiten.“ Das sei „ein übertriebener moralischer Anspruch“. Altkanzler Gerhard Schröder sei auch für den russischen Staatskonzern Gazprom tätig.

Erst nach dem Putsch 2016 äußerte sich von Beust in einem Interview erstmals öffentlich kritisch gegenüber Erdogan. Kurz darauf beendete die türkische Investitionsagentur die wahrscheinlich nicht wenig lukrative Zusammenarbeit mit ihm. Von Beust schließt nicht aus, dass er eines Tages wieder für sie arbeiten wird. Besonders pikant auch: Es war Ole von Beust, der 2008, also vor zehn Jahren, das erste schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene schmiedete.

Nachtrag vom 12.12.2018: Von Beust war gestern Abend in der ZDF-Sendung im Gegensatz zum „Moderator“ Markus Lanz Merz gegenüber sehr fair. Gleichwohl war auch bei ihm zu erkennen, wem seine Sympathien hauptsächlich gelten. Von Beust gehört klar ins AKK-Lager und er hat ihr zusammen mit Heilmann mit dieser Veranstaltung nicht nur eine Bühne vor 200 Delegierten, sondern wahrscheinlich einen entscheidenden Vorteil verschafft, denn Merz hatte eine solche Gelegenheit nicht, wenige Stunden vor der Entscheidung nochmals in solch einem Ambiente vor 200 zum Teil noch Unentschlossenen zu ihnen zu sprechen.

Der Testlauf für die Freitagsrede

Mit dabei am späten Donnerstagabend im Überseeclub waren zum Beispiel Ex-Innenminister Thomas de Maizière, Bildungsministerin Anja Karliczek und Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe, alles Personen, die eher Merkel nahe stehen, sowie viele andere Bundestagsabgeordnete, auch aus dem Merz-freundlichen Landesverband Baden-Württemberg. Manche, so berichtet die Bild, hätten eine Einladung bekommen, andere nur eine SMS oder einen Anruf. Einige sind AKK-Anhänger. Vor allem waren aber wohl viele noch Unentschlossene geladen. Und wir erinnern uns: Merz fehlten nur 18 Stimmen. An diesem Abend waren ca. 200 der rund tausend CDU-Delegierten geladen. Wenn auch nur neun oder zehn Prozent von diesen 200 Anwesenden maßgeblich beeinflusst wurden, so waren das die entscheidenden Stimmen. Aber was geschah an diesem späten Donnerstagabend, wenige Stunden vor Beginn des historischen Parteitages?

Kurz nach 22 Uhr trifft Kramp-Karrenbauer ein. Es gibt ein Bild, das sie oben auf der Treppe zeigt, während alle anderen unten stehen und zu ihr hochschauen. Doch nun das Entscheidende: AKK hält jetzt vor den 200 Gästen eine kurze Rede. Dies ist der Testlauf für den nächsten Tag. Es war eine Kurzversion ihrer Rede am Freitag, die zur Überraschung vieler deutlich besser ausfiel als ihre sonstigen Reden. Die Anwesenden sollen sie am Donnerstagabend euphorisch gefeiert haben und auch am Freitag kam ihre Parteitagsrede sehr gut an. Offensichtlich wollte man nichts dem Zufall überlassen. Doch auch damit noch nicht genug.

Wie können möglichst viele Stimmen der Frauen Union und der Jungen Union gesichert werden?

Ebenfalls am Donnerstagabend kommt es zu einem Treffen der hessischen Delegierten. Hier versucht Roland Koch, der ehemalige hessische Ministerpräsident und Freund von Friedrich Merz für diesen zu trommeln, doch er wird ausgebremst von seinem Nachfolger Volker Bouffier, dem jetzigen Ministerpräsidenten. Dieser torpediert Kochs Bemühungen und wirbt hinter den Kulissen für AKK. Und was für eine Regierung führt Bouffier, ein Merkel-Mann, seit knapp fünf Jahren an? Eine schwarz-grüne.

Und Merkel und Kramp-Karrenbauer haben noch weitere Fäden, die im Hintergrund seit langem gesponnen wurden. Bei der Wahl der neuen Vorsitzenden der Frauen Union ließ AKK vor drei Jahren Annette Widmann-Mauz den Vortritt. In dieser hat sie seither eine treue Verbündete. Unter Widmann-Mauz Führung machte auch die Frauen Union über Wochen hinweg Stimmung für AKK, gegen Merz.

Und dann last, but not least noch ein Bündnis, das Kramp-Karrenbauer zu schmieden suchte. Schon vor Wochen soll es Gespräche mit dem Vorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, gegeben haben. Natürlich wird AKK nicht direkt gesagt haben, „Wenn du mir zumindest einen Teil der Stimmen der Jungen Union sicherst und ich die Wahl gewinne, wird ja das Amt des Generalsekretärs frei, das dann neu besetzt werden muss. Ich würde dann an dich denken. Du wärst meine erste Wahl als Generalsekretär, wenn ich Parteivorsitzende werde. Das wäre deiner Karriere nicht wenig förderlich.“

Nein, das hat sie so sicher nicht gesagt. Aber manchmal reichen ja schon versteckte Hinweise und Andeutungen aus, so dass der andere genau weiß, was gemeint ist. Und wer wurde am Samstag von Kramp-Karrenbauer quasi in ihrer ersten Amtshandlung als neue CDU-Vorsitzende als Generalsekretär vorgeschlagen und dann auch, wenngleich mit einem miserablen Ergebnis, gewählt? Wohlgemerkt, hier geht es nicht darum, dass Kramp-Karrenbauer Ziemiak als Generalsekretär haben wollte. Das ist ja völlig legitim. Aber warum spricht sie schon Wochen vor der Wahl mit ihm darüber? Es hätte doch gereicht, ihn nach ihrer Wahl am Freitag zu fragen, ob er für das Amt zu Verfügung stehe.

Die entscheidenden 18 Stimmen

Fassen wir zusammen: Kramp-Karrenbauer hatte als Generalsekretärin zehn Monate die Gelegenheit, unzählige Kontakte in alle möglichen Orts- und Kreisverbänden zu knüpfen. Sie hatte das gesamte Merkel-Netzwerk hinter sich und zusätzlich ihr eigenes Netzwerk, welche sie sich aufgebaut hat, und den Großteil der grün-linken Massenmedien, die versuchten, Merz förmlich abzuschießen.

Hinzu kam das wichtige Bündnis mit der Frauen Union und die Annäherung an die Jungen Union über Ziemiak, dem das Amt als Generalsekretär klar in Aussicht gestellt wurde. Und dann als krönender Abschluss das Geheimtreffen am Donnerstagabend. All das zusammen – das etwas fragwürdige Gerücht, das die Parteitagsregie bei Merz‘ Rede das Mikrofon etwas runterdimmte, damit man ihn weniger gut hören konnte, lassen wir mal außen vor – brachte ihr dann die entscheidenden letzten Stimmen. Hätten nur 18 Personen mehr sich für Merz entschieden, hätten all diese Bündnisse und Absprachen AKK nichts genutzt. So aber haben Merkel, Widmann-Mauz, Bouffier, von Beust etc. ihre Wunschkandidatin durchbekommen. Ob das für unser Land eine gute Entscheidung war, wird sich zeigen. Vieles spricht dagegen. Sogar Wolfgang Schäuble hatte da kurz vor der Wahl seine Bedenken geäußert.

Ole von Beust bei Markus Lanz

Hier besonders interessant die ersten 30 bis 40 Sekunden, in denen Lanz das Geheimtreffen und dessen Auswirkungen offen anspricht.

Im Original erschienen bei Jürgen Fritz.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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