Haben Sie die bestellt? Roger Letsch über „Schmierentheater im ZDF“

Das Sommerinterview mit AfD-Chef Alexander Gauland im ZDF hat viele Kritiker empört. Roger Letsch schreibt dazu: "Anders als etwa beim ARD-Sommerinterview mit dem Grünen Robert Habeck, der ausführlichst Regierungskritik äußern durfte, sollte sich Gauland in einer Weise zu Politikfeldern äußern, als hätte er das Versagen der Regierung dort zu verantworten."
Von 14. August 2018

Eins muss man dem ZDF lassen: man gibt sich dort redlich Mühe, um nicht der Fraternisierung mit dem erklärten Feind oder gar der unvoreingenommenen Berichterstattung bezichtigt werden zu können. Beim Sommerinterview mit AfD-Chef Alexander Gauland überließ man nichts dem Zufall. Moderator Thomas Waldes Fragen endeten denn auch stets mit der plump hingezirkelten Feststellung, dass die AfD vor allem eines sei – keine Alternative für Deutschland. Der ZDF-Fernsehrat wird sich fragen lassen müssen, warum der Hinweis „Dauerwahlwerbesendung für alle Parteien, außer dieser einen“ nicht eingeblendet wurde.

Gleich zu Beginn behauptet Walde, die Menschen litten ja so entsetzlich unter dem Klimawandel, obwohl sie streng genommen nur unter einer ungewöhnlichen Sommerhitze leiden und manche es vor lauter Spaß am schönen Wetter auch mit dem Leiden nicht so genau nehmen. Dass jedoch Wetter und Klima heute ständig zu einem politischen Angstbrei zusammengerührt werden, daran haben sich die ZDF-Macher offenbar schon so gewöhnt, dass es jedem Moderator flüssig über die Lippen geht.

Deshalb leitet man eine Frage zum Klimawandel und was die AfD gegen die Affenhitze zu tun gedenke, mit einer Feststellung ein, dieser sei ja klar und ohne Zweifel menschengemacht. Darüber lässt man keine Zweifel zu und wer wie Gauland nicht gut im Thema drinsteckt und anders als Vertreter anderer Parteien nicht zumindest den Eindruck vermittelt, Experte für alles zu sein, muss sich vorführen lassen wie ein Tanzbär.

Gauland ist hier nicht erwünscht, die AfD ist hier nicht erwünscht

Doch eigentlich ist es nicht die Aufgabe des Moderators, Behauptungen zu unumstößlichen Fakten aufzublasen und als Pflöcke ins Gespräch zu schlagen, um die herum der interviewte Delinquent brav laufen soll. Die Aufgabe des Moderators wäre es, Fragen zu stellen, und zwar sachliche, meinetwegen auch provokante. Aber Walde leitet das Thema Rentenkonzept mit einem rotzigen „Warum haben sie sich die Mühe nicht gemacht, eins zu entwickeln“ ein, obwohl die AfD bei jeder Gelegenheit betont, dass sie dies sehr wohl tue und dafür einen eigenen Parteitag angesetzt habe.

Wusste Walde dies nicht? Unwahrscheinlich. Dazu wurde diese Frage schon viel zu oft gestellt, wenn auch noch nie in einer derart unsachlichen Form. Waldes Formulierung war somit nichts als eine Provokation, die wie alle seine Fragen dem Zuschauer vor allem eines klar machen sollten: Gauland ist hier nicht erwünscht, die AfD ist hier nicht erwünscht. Wir vom ZDF würden sie lieber vertreiben und zum Teufel jagen und lieber als uns in Interviews mitVertretern der AfD zu unterhalten, würden wir in deren Abwesenheit über sie reden.

An einem Einspieler zum Thema Rente von Jörg Meuthen, in dem dieser „…die Menschen Schritt für Schritt in eine selbstgewählte Form der Altersvorsorge entlassen“ will, arbeitet man sich denn auch sehr selektiv ab. Die Äußerung bedeute ja wohl, dass man das Solidarprinzip bei der Rente abschaffen wolle. Walde insistiert geradezu, Gauland solle doch endlich zugeben, dass er die Hand an die Rente legen wolle, um möglichst viele Menschen ins Elend zu stürzen. Dass Meuthens Idee die Worte „Schritt für Schritt“ enthält, eben weil man selbst bei kompletter Umstellung des Rentensystems niemals bereits erworbene Ansprüche einfach so streichen kann, ignoriert das ZDF geflissentlich. Die Botschaft an die Zuschauer lautet hier: Die AfD hat zwar noch kein Rentenkonzept, aber sie will euch auf jeden Fall die Rente wegnehmen. Das ist natürlich keine Unterstellung, das ist Qualitätsjournalismus!

… damit der Zuschauer auch nicht vergisst, was der Zweck der Sendung ist

Nächste Frage: Digitalisierung. Gauland bekennt, dazu kaum Erhellendes beitragen zu können und Walde möchte die Gelegenheit nutzen, zum Todesstoß anzusetzen: „Wenn jetzt jemand morgen an seinen Arbeitsplatz zurück geht kann er auch nicht sagen, „tut mir Leid, Chefin, ich hab von digitalen Dingen jetzt nicht wirklich Ahnung, ich lass das bleiben.“ Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich jeden Tag damit beschäftigen und ihre Partei hat da keine Alternative für Deutschland.“

Da ist er wieder, der Claim „keine Alternative für Deutschland”, der immer wieder auftaucht, damit der Zuschauer auch nicht vergisst, was der Zweck der Sendung ist. Man muss sich jedoch wundern, ob man beim ZDF die Fragen, die man stellt, durch irgendeine Art von Redaktion laufen lässt, oder ob Walde solchen Blödsinn spontan raushaut. Stellt er sich so die Herausforderungen der Digitalisierung vor? Man kommt zur Arbeit und dann ist sie plötzlich da, die Digitalisierung und die Chefin sagt, das machen wir jetzt mal so? Doch bevor man etwas Zeit hatte, die Suggestion in ihrer ganzen Verkommenheit zu begreifen, steigt das ZDF noch eine Stufe höher auf der Empörungsleiter.

Ein lautes „Buhhh“ aus dem Off und Beschimpfungen setzen ein, und man darf sich fragen, wie die Anti-Gauland-Demonstranten es geschafft haben, so klar in den Ton des ZDF zu kommen. Auch dass gleich eine Kamera parat war, die die Störer nur Sekunden später ins Live-Bild rückte, erscheint im nicht gerade für Spontanität bekannten ZDF doch etwas merkwürdig.

Der Gipfel der Frechheit war jedoch, dass der Moderator seinen Talk-Gast fragte, ob dieser die Rufer bestellt habe. Man weiß ja, wie diese AfD-ler ticken…ohne Beschimpfungen und „Gauland, hau ab!“-Sprechchöre gehen die ja nicht mal zum Bäcker! Diese Begleitmusik hielt man bei den Mainzelmännchen offenbar für sehr passend, weshalb Walde auch die flapsige Zwischenbemerkung „Sie kommen damit klar?“ einstreute. Für einen spontanen Zwischenfall sah die Störung bemerkenswert organisiert aus.

Brauchen wir Schutz vor AirBnB?

Schwach reagierte Gauland zum Schluss auf die Frage, wie die AfD mit der Wohnungsnot umzugehen gedenke. Walde wörtlich. „AirBnB macht Druck auf den Mietwohnungsmarkt, wie wollen sie Menschen davor schützen?“ Hier hätte ich doch erwartet, dass jemand, der von sich behauptet, konservativ zu sein, zunächst mal die Fragestellung entlarvt. Kampf gegen AirBnB, wirklich? Warum soll man ein Symptom bekämpfen, statt die Ursache anzugehen? Aufgrund umständlicher Baugenehmigungen, Dämmauflagen, Energiepässen und anderen bürokratischen Hürden stagniert der Bau von Wohnungen, während in den letzten Jahren über eine Million Menschen ins Land kamen, die für ein extremes Ungleichgewicht am Wohnungsmarkt sorgen.

Die durch die permanente Eurorettung zusammengeschrumpften Anlagemöglichkeiten treiben die Immobilienmärkte in eine gigantische Blase hinein und außerdem sorgt die Mietpreisbremse für ein Ausweichen in den lukrativen Markt der Kurzzeitvermietung. Eigentum verpflichtet, sagt das Grundgesetz – und zwar zu verantwortungsvollem Umgang mit demselben. Wer daraus ableitet, man müsse es am besten kostenlos oder doch zumindest zu möglichst kleinem Preis jedem zur Verfügung stellen, der danach fragt, ist nicht nur schief, sondern sozialistisch-schief gewickelt. Das mag in Venezuela usus sein und auch ein Moderator des ZDF mag so ticken. Damit sollte man es aber auch bewenden lassen.

Politiker sollten – ganz gleich, welcher Coleur – stets deutlich machen, das die Probleme am Wohnungsmarkt schon etwas komplexer sind, als das man sie durch die Jagd auf AirBnB-Anbieter lösen könnte. Gauland kurzerhand als Hexer zu verbrennen, würde dem angespannten Wohnungsmarkt übrigens auch nicht helfen – ganz gleich, wie gern Walde die erste Fackel geworfen hätte.

Das die Staatsgläubigkeit beim ZDF ein warmes Zuhause hat, bewies Thomas Walde übrigens in seinem abschließenden Statement: „Die Menschen, die gern eine Antwort darauf hätten, wie sie ihre Zukunft gestalten und welche Rolle ihre Partei dabei spielt, welche Alternativen ihre Partei anbietet, dazu erfährt er in dem Programm nichts und muss sich das irgendwie zusammensuchen…“

Lieber Herr Walde, Sie irren sich. Die Menschen erwarten keine Antwort der Politik auf die Frage, wie sie ihr Leben gestalten sollen. Solche Antworten geben nur autoritäre Staaten. Die Menschen sollten jedoch erwarten können, dass sich die Politik bei der Gestaltung der Zukunft nicht mit Gängelung und Zielvorgaben in ihr Leben einmischt. Leider fehlte es Gauland hier an Schlagfertigkeit, um dieser letzten Unverschämtheit angemessen zu begegnen.

Fazit

Anders als etwa beim ARD-Sommerinterview mit dem Grünen Robert Habeck, der ausführlichst Regierungskritik äußern durfte, sollte sich Gauland in einer Weise zu Politikfeldern äußern, als hätte er das Versagen der Regierung dort zu verantworten.

Während sich Politiker der Grünen auf gefällige Stichworte verlassen können und höchstens mit ihren eigenen Aussagen konfrontiert werden, erwartet man von Gauland, dass er zu jedem Satz, den je ein AfDler von sich gegeben hat, inhaltlich Stellung bezieht. Tut er dies dann auch kritisch, bläst man seine abweichende Meinung zum parteiinternen Dissens auf. Das kann man machen, hinterlässt beim Zuschauer aber ein G’schmäckle, das sich durch die Art und Weise, wie Gauland vom ZDF vorgeführt wurde, nur noch verstärkt.

Unsere öffentlich-rechtlichen Medien sind immer schnell dabei, der AfD vorzuwerfen, sie hätte sich in einer Opferrolle eingerichtet, gehen aber gleichzeitig extrem unprofessionell mit deren Vertretern um. Inhaltlich hatte Gauland in der Tat wenig beizutragen, was natürlich auch an den Fragen gelegen hat. Dass ihm und seiner Partei das ZDF-Interview aufgrund des unwürdigen Auftritts des Moderators Thomas Walde am Ende eher nützen als schaden wird, war vom ZDF jedoch mit Sicherheit anders „bestellt”.

Im Original erschienen bei unbesorgt.de
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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