AfD auf dem Weg zur „Linkspartei von rechts“?

Die AfD wird im September zum zweiten Mal in den Bundestag einziehen. Seit Monaten lahmt die Partei in den Umfragen, und weder Corona noch die Flut geben ihr Auftrieb. Es macht den Anschein, als hätte die zerstrittene Rechtspartei sich politisch verrannt.
Titelbild
Jörg Meuten.Foto: JENS SCHLUETER/AFP via Getty Images
Von 27. Juli 2021

Die Flutkatastrophe in Teilen Deutschlands in der Vorwoche macht sich in den Meinungsumfragen noch nicht wesentlich bemerkbar. Ein unglücklicher Auftritt von Union-Spitzenkandidat Armin Laschet, der diesen schäkernd und lachend im Hintergrund einer Steinmeier-Rede an die Flutopfer zeigt, dürfte mitverantwortlich für ihren zwischenzeitlichen Sturz unter die 30-Prozent-Marke sein.

Das Kalkül der Grünen, die Ereignisse für ihre Klima-Agenda nutzbar zu machen, geht bislang noch nicht in der erhofften Form auf – die meisten Institute sehen sie immer noch unter 20 Prozent. Für die AfD bergen die jüngsten Erhebungen derweil eine gute und eine schlechte Nachricht für die Partei.

„Welt“ diagnostiziert eine „Selbstlähmung“

Die gute besteht dabei darin, dass die vor knapp zwei Wochen erschienenen Enthüllungen früherer Jugendfunktionäre über extremistische Chat-Inhalte nicht zu einem deutlichen Einbruch in der Publikumsgunst geführt haben.

Die schlechte: Es geht auch kaum noch aufwärts. Die Partei liegt im gewichteten Durchschnitt aller Umfrageinstitute zwar knapp im zweistelligen Bereich, dabei allerdings deutlich unter dem Ergebnis der Wahl von 2017. Wie bereits bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt muss die Rechtspartei mit Stimmen- und Mandatsverlusten rechnen – die Frage ist nur, wie hoch diese ausfallen werden.

Von einer „Selbstlähmung“ spricht „Welt“-Politikredakteur Matthias Kamann in einer Analyse. Inwieweit eine Niederlage bei der Bundestagswahl zu einer Eskalation der parteiinternen Flügelkämpfe oder zu einem Rückzug des immer stärker unter Beschuss geratenen Bundessprechers Jörg Meuthen führen wird, ist noch nicht abzusehen.

Dass sich aber nicht einmal mehr Skandale oder innerparteiliche Grabenkämpfe in Umfragebewegungen nennenswert auswirken, ist für die AfD kein Grund zum Jubel: Es deutet immer mehr darauf hin, dass ihr perspektivisch ein Dasein als eine Art „Linkspartei von rechts“ droht. In dem Sinne, dass sie zwar mit ihren ideologischen Kernbotschaften ein bestimmtes Klientel als stabile Stammwählerschaft an sich binden und damit Ergebnisse über der Fünf-Prozent-Hürde sichern könnte – darüber hinaus allerdings kaum noch Anziehungskraft entfalte.

Dogmatische Politik abseits der Lebensrealität

Umfragen nach ist AfD kaum in der Lage, die Flut für sich zu nutzen. Die Frage, ob und inwieweit Regierung oder Katastrophenschutz bei der rechtzeitigen Wahrnehmung der Gefahr versagt haben, thematisieren auch FDP oder Linke. Die „Lach-Affäre“ Armin Laschets scheint lediglich Wählerpotenziale emotional zu bewegen, die den CDU-Kandidaten ohnehin nicht unterstützen würden – und der Versuch von Teilen der AfD, die Bevölkerungsentwicklung in Afrika als eigene Front in der Klimadebatte zu eröffnen, vertreibt zwar scharenweise religiöse Wähler, nützt aber wenig bei der Beantwortung der Frage, welche Konsequenzen aus dem Hochwasser in Deutschland künftig gezogen werden sollen.

Die AfD-Kernbotschaft „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, die mittlerweile als Universalantwort auf alle Schwierigkeiten mit Blick auf Zuwanderungsfragen bis hin zur Außenpolitik präsentiert wird, nützt sich augenscheinlich ebenso ab wie die Verdammung der Flüchtlingspolitik Angela Merkels. Möglicherweise liegt es auch daran, dass dieser Satz vor allem in großstädtischen Lagen und in Westdeutschland schlicht nicht mehr der Lebensrealität gerecht wird.

Der Versuch, muslimische Bevölkerungsgruppen mittlerweile auch zu den Allein- oder zumindest Hauptverantwortlichen für erneut steigende Corona-Zahlen zu stempeln, wie sie in einer jüngsten Anfrage aus der Bundestagsfraktion über Türkei-Reisen anklingt, wirkt vor diesem Hintergrund fast wie der Versuch, dieses Thema mit der Brechstange zurück in die öffentliche Debatte zu bringen.

Themen ziehen nicht abseits der eigenen Echokammer

Gleichzeitig wird der Partei außerhalb der eigenen Social-Media-Filterblase, die Corona für weitgehend ungefährlich hält und die Impfung zum Feindbild erkoren hat, kaum Kompetenz in der Pandemiebekämpfung zugetraut. Deshalb hatte die AfD bereits bei den jüngsten Landtagswahlen zugunsten der ebenfalls Lockdown-kritischen FDP und der Freien Wähler Federn lassen müssen.

Dass mittlerweile eine Vielzahl an Corona-Restriktionen für den Großteil der Bevölkerung weggefallen ist, dürfte auch der Offensive der AfD gegen einen „Impfzwang“, der von der Bundesregierung selbst nicht befürwortet wird, wenig Chancen bieten, entscheidend zu punkten.

Darüber hinaus scheint auch die Aufnahme eines „Dexit“ ins Bundestagswahlprogramm kein Zugpferd zu sein. Die Forderung, die nicht nur beim Bundessprecher Meuthen, sondern regelmäßig auch bei Europapolitikern der Partei wie Maximilian Krah auf Skepsis gestoßen ist, hat nicht nur dazu geführt, dass die Partei bei der jüngsten Gründung eines neuen Bündnisses europäischer Rechtsparteien außen vor geblieben ist. Die Frage steht in der breiten Bevölkerung selbst und sogar unter EU-kritischen Bürgern offenbar nicht auf der Tagesordnung.

AfD als Partei der Chinaversteher?

Die Zerstrittenheit der Partei spiegelt sich auch in der Außenpolitik wider. Während eine Position des Ausgleichs mit Russland und eine Ablehnung der EU-Sanktionspolitik auch über die unterschiedlichen Lager der Partei hinaus in deren Umfeld durchaus als konsensfähig erscheint, trifft dies auf die jüngst von Co-Bundessprecher Chrupalla geforderte Abkehr vom transatlantischen Bündnis nicht unbedingt zu.

Gleiches gilt erst recht für die zunehmenden Sympathiebekundungen seitens AfD-Politikern zugunsten des totalitären KP-Regimes in China, die vom Schönreden des Genozids an uigurischen Muslimen bis hin zur Erklärung reicht, das chinesische Modell wäre die „im Groben sinnvollste Form zukunftsfähiger Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen“.

Wie lange Jörg Meuthen, der sich jüngst im „ZDF“-Fernsehinterview explizit von mehreren als besonders radikal wahrgenommenen Kandidaten distanziert hat, noch in der Lage ist, sich einer sektiererischen Entwicklung der Partei entgegenzustellen, bleibt offen. Seine Chancen, extreme Kräfte einzudämmen, scheinen vielmehr mit jedem unbefriedigenden Wahlergebnis zu sinken – und was seiner Position dabei am meisten schadet, ist der Umstand, dass die Verluste an andere Parteien oder ins Lager der Nichtwähler im Westen regelmäßig noch höher sind als im Osten, wo der alte „Flügel“ den Ton angibt.

Kein Anreiz für Wende zur Realpolitik

Dazu kommen auch noch die Spendenvorwürfe rund um Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel, die nicht zuletzt deshalb auch in den Rechtsaußen-Bastionen des eigenen Landesverbandes unter Beschuss steht. Als mögliche Integrationsfigur abseits von Meuthen kommt daher auch sie nicht in Betracht.

Die AfD wird im September zum zweiten Mal in den Bundestag einziehen, offen bleibt nur, ob sie dabei wieder ein zweistelliges Ergebnis schafft. Es wird dadurch auch wahrscheinlich, dass sich für die parteinahe Stiftung das Füllhorn einer staatlichen Millionenfinanzierung öffnen wird. Dies würde auch eine Vielzahl an zumindest temporären, gut dotierten Versorgungsposten für selbst ernannte Visionäre im Umfeld der Partei schaffen.

Die Bereitschaft zur Realpolitik zu finden, dürfte dies indessen kaum begünstigen. Dazu kommt der Teufelskreis aus politischer Ausgrenzung durch etablierte Parteien, Radikalisierung von Teilen der Parteimitglieder und noch weiterer politischer Ausgrenzung. In diesem Sinne erscheint das Konzept „Linkspartei von rechts“ als die wahrscheinlichere Perspektive der Partei. Es garantierte zwar auf absehbare Zeit den Verbleib in den Parlamenten, dieser wäre jedoch mit minimalem realen Einfluss verbunden.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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