Habeck bei Hayali: Scheitern Kanzlerpläne am Spagat zwischen Panik-Teens und Realpolitik?
Eine „Inzuchtveranstaltung“ erwartete eine erhebliche Anzahl an Twitter-Nutzern, nachdem das ZDF die Sendung mit Dunja Hayali für Mittwochabend (7.8.) mit Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete über die „Seenotrettung“ und Grünen-Sprecher Robert Habeck zur Klimapolitik ankündigte. Viele wollten sich die Sendung erst gar nicht erst ansehen.
Das ZDF verwahrte sich gegen die Verdächtigung, eine Dauerwerbesendung abhalten zu wollen, und versprach eine „kritische“ Befragung.
Diejenigen, die trotzdem einschalteten, dürften sich in ihrem Argwohn zumindest teilweise bestätigt fühlen – was allerdings nicht allein und wohl auch nicht hauptsächlich der Moderatorin anzulasten war.
Wer schon einmal ein Gespräch mit politischen Extremisten oder religiösen Fanatikern geführt hat, dürfte einen Eindruck davon haben, wie schwer es ist, in solchen Fällen überhaupt einen flüssigen Dialog aufzubauen.
Wo nur eine Seite überhaupt den Willen mitbringt, der anderen zuzuhören oder deren Argumente zumindest ernsthaft zu reflektieren, und die andere lediglich gekommen ist, um ihre Parolen zu platzieren, hat ein Austausch von Meinungen von vornherein wenig Raum.
„Extinction Rebellion“ als Identitäre Bewegung für die Oberschicht?
Carola Rackete erschien in einem T-Shirt, dessen Aufdruck dem Logo der „Identitären Bewegung“ ähnelte. Tatsächlich handelte es sich jedoch um jenes von „Extinction Rebellion“ – einer Bewegung, die zwar in ähnlich extremer Weise liberale Prinzipien in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft negiert, dies allerdings nicht mit Warnungen vor einem angeblich drohenden Weltuntergang infolge des Verlusts „biokultureller Diversität“, sondern einem solchen infolge der „Klimakatastrophe“ begründet.
Entsprechend ist Rackete kurz angebunden und bringt wenig Neues. Sie rechtfertigt erneut ihr nicht genehmigtes Eindringen in den Hafen von Lampedusa, vergleicht Flüchtlingslager in Libyen mit nationalsozialistischen Konzentrationslagern und bekennt, jederzeit selbst wieder in See stechen zu wollen, „wenn mal ein Kapitän ausfallen sollte“.
Die einzige kritische Frage, die auftaucht, bezieht sich auf Racketes Forderung, Europa müsse auch alle sogenannten „Klimaflüchtlinge“ aufnehmen, deren Zahl sich auf bis zu 50 Millionen belaufen soll.
Hayali wagt ein leise zweifelndes: „Haben Sie Verständnis für die Menschen, die sagen: ‚So, jetzt reicht’s aber auch mal?‘“ Rackete bügelt die Frage kurz und knapp mit einem „Nee, eigentlich nicht“ ab, das im tosenden Beifall des – dem ZDF zufolge nicht gezielt ausgesuchten – Saalpublikums untergeht.
Im Fall von Grünen-Chef Habeck hingegen waren tatsächlich mit Melanie Zirzow, einer Personalreferentin in der Braunkohleindustrie aus der Lausitz, Hannovers Flughafenchef Raoul Hille und Schweinebauer Thorsten Riggert drei kritische Bürger eingeladen, die als auch persönlich von einer ideologischen Klimapolitik Betroffene die Frage aufwerfen, wo denn eigentlich ihre Interessen dabei bleiben würden.
Kritische Bürger als unangenehme Herausforderer
Anders als im Fall Racketes, die sich damit begnügen konnte, eine moralische Überlegenheit zu behaupten, die zumindest all diejenigen akzeptieren werden, die ihre diesbezüglichen Maßstäbe teilen – und in Deutschland sind das viele, – steht Habeck vor dem Problem, Wahlen gewinnen und dafür Stimmen maximieren zu müssen.
Ein freimütiges Bekenntnis, für Bedenken der Leidtragenden einer einseitig öko-ideologisch ausgerichteten Politik kein Verständnis zu haben, könnte er sich nicht leisten – auch wenn ein nicht geringer Teil seiner Anhänger genau dies denken dürfte.
Entsprechend bemühte er sich, Fragen nach dem Grund, warum ein gerade erst auch mit den Stimmen der Grünen ausgehandelter Kohlekompromiss schon jetzt infrage gestellt werden soll oder was überhaupt dessen Sinn wäre, wenn nur wenige Kilometer von der Lausitz entfernt in Polen neue Kohlekraftwerke entstünden, gerade nicht mit der hypermoralischen Arroganz und Panikrhetorik eines Fridays-for-Future-Kids abzubügeln.
Während sich seine radikale Wählerschaft genau dies gewünscht hätte, war sich Habeck jedoch der Gefahr bewusst, die es für ihn wahltaktisch bedeuten würde, als möglicher Kanzlerkandidat wie ein emotionalisierter Teenie aufzutreten.
Entsprechend versuchte er, Feelgood-Rhetorik über konstruktive Diskussion mit ostdeutschen Betroffenen im Kohlerevier mit Appellen an die vermeintliche Alternativlosigkeit einer ambitionierten Klimapolitik zu kombinieren.
„Zu uninspiriert, um Weltuntergang zu verhindern“
Seine Botschaft: Nur weil andere sich dieser angeblichen Gefahr nicht im gleichen Maße bewusst wären wie die westdeutsche Oberschicht, könne man nicht abseitsstehen und müsse stattdessen mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn es funktioniere, würde man Deutschlands Beispiel denn auch auf internationaler Ebene folgen.
Gleichzeitig versicherte er, Inlandsflüge nicht zu verbieten und die Landwirtschaft auch nicht zwangsökologisieren zu wollen – man wolle, so Habeck, lediglich Alternativen schaffen.
Die „FAZ“ sieht in diesem Widerspruch zwischen apokalyptischer Panikrhetorik und dem Streben nach realpolitischer Seriosität bereits eine mögliche Stolperfalle für Habeck und seine Partei auf dem Weg ins Kanzleramt:
Habeck kann sich nicht außerhalb der realen Politik bewegen, wenn er noch ernst genommen werden will. Er ist schließlich keine Aktivistin, die eine Kreuzfahrt mit einem Segelschiff über den Atlantik schon für Politik hält. Damit gerät er aber in einen unauflösbaren Widerspruch mit der Klima-Kampagne namens Panik. Seine Einlassungen zu den Themen Luftverkehr, Energiewende oder Landwirtschaft waren viel zu konventionell, bisweilen sogar verblüffend uninspiriert, um eine vermeintlich vor dem Untergang stehende Welt zu retten.
Entsprechend sah man dort zumindest mit Blick auf Habeck keine Dauerwerbesendung, sondern vielmehr einen möglichen Schritt zur Entzauberung des grünen Medienlieblings.
<img class=“wort-pixel no-easylazy“ src=“https://vg09.met.vgwort.de/na/c8f8a22c90424b9080038200d8a5c3d6″ width=“1″ height=“1″ alt=““>
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion