Stasi-Methoden zur Vermeidung von Konflikten? – Verfassungsschutz will alle AfD-Kontakte von Mitarbeitern kennen
Die jüngste Niederlage des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vor dem Verwaltungsgericht Köln, das der Behörde die Bezeichnung der Alternative für Deutschland (AfD) als „Prüffall“ untersagte, scheint deren Führung nicht entmutigt zu haben.
Wie „Focus online“ berichtet, ist das Magazin in den Besitz eines internen Schreibens des BfV gelangt, in dem dieses seine mehr als 3000 Mitglieder dazu auffordert, eine etwaige Mitgliedschaft bei der AfD der Sicherheitsabteilung mitzuteilen. Den Informationen des Focus zufolge sei das Schreiben an Beamte und Angestellte der Einrichtung ergangen.
Wegen des Tennispartners versetzt?
Wer Mitglied in der rechtskonservativen Partei sei, möge sich, so heißt es in dem Schreiben, an die Sicherheitsabteilung wenden, um dort den „jeweiligen Sachverhalt in einem vertrauensvollen Gespräch zu erörtern“.
Bereits die Terminologie könnte insbesondere dem einen oder anderen ostdeutschen Mitarbeiter als durchaus pikant erscheinen, erinnert sie doch zumindest entfernt an jene von der „Klärung eines Sachverhalts“. Diese Wendung wurde in der DDR zum geflügelten Begriff für ein bevorstehendes Verhör mit möglicher anschließender Inhaftierung durch das Ministerium für Staatssicherheit.
Das Bundesamt will aber nicht nur über aktive Mitgliedschaften seiner Mitarbeiter in der AfD informiert sein, sondern auch über „private Kontakte“ zu Mitgliedern der Partei. Wie weit der Begriff des Kontakts dabei verstanden wird, lässt das Schreiben offen. Dabei reichen „private Kontakte“ potenziell von Verwandtschaftsverhältnissen über das gemeinsame Tennisspielen oder der gemeinsamen Mitgliedschaft in schulischen Elterngremien bis hin zu Facebook-Freundschaften.
Es sei relevant, so heißt es weiter, „ob einzelne Amtsangehörige des BfV durch Kontakte zu AfD-Mitgliedern oder eine eigene Mitgliedschaft in dieser Partei in sicherheitsrelevante Konfliktsituationen geraten können“.
Unmut vor allem bei Nichtmitgliedern
Alle Amtsangehörigen werden daher gebeten, zu prüfen, ob sich in ihrem persönlichen Umfeld „Kontakte zu Angehörigen der AfD ergeben haben oder fortbestehen“. Bei „Interessenskonflikten“ komme eine Versetzung in einen anderen Bereich in Betracht, heißt es in dem Schreiben.
Der Focus schreibt, dass es intern scharfe Kritik an dem Schreiben gibt. Diese komme insbesondere von Beamten, die selbst nicht Mitglied der Partei sind, aber nun Rechenschaft über private Kontakte zu AfD-Mitgliedern ablegen sollen – mit der möglichen Folge einer Versetzung in andere Bereiche des Hauses. Bereits, dass das interne Schreiben dem Magazin zugespielt wurde, deutet darauf hin, dass der Kurs, den die Führung des Verfassungsschutzes seit der erzwungenen Ablösung des langjährigen Präsidenten Hans-Georg Maaßen hinsichtlich der AfD fährt, auch innerhalb der Behörde umstritten ist.
AfD-Chef Jörg Meuthen sprach auch prompt von „Stasi-Methoden“. BfV-Präsident Thomas Haldenwang setze den Verfassungsschutz im Auftrag der Regierung gegen die AfD ein. Ähnlich äußerte sich der wiederholt im „Prüffall“-Gutachten genannte Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke in seiner Aschermittwochsrede in Arnstadt. Er sprach davon, dass der Verfassungsschutz zu einem „Etabliertenschutz“ geworden sei. Seine Solidarität gelte jenen Mitarbeitern des Amtes, die noch über ein intaktes Berufsethos verfügten.
Stegner bestätigte, dass Maaßen einer AfD-Beobachtung im Weg stand
Hans-Georg Maaßen war im Spätsommer des Vorjahres zum Ziel einer heftigen Kampagne durch Medien und weite Teile der Politik geworden, nachdem er zur Quellenkritik bezüglich eines von Linksextremisten veröffentlichten Videos aufgerufen hatte. Dieses solle beweisen, dass es im Zuge der Spannungen nach einem schweren Gewaltverbrechen durch illegale Einwanderer in Chemnitz zu „Hetzjagden auf Ausländer“ gekommen wäre. Maaßen äußerte Zweifel an dieser Darstellung und widersprach damit öffentlich der Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Im Zusammenhang mit der darauffolgenden Ablösung Maaßens äußerten Kritiker schon damals Besorgnis hinsichtlich des antitotalitären Grundkonsenses, auf dem die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde, und der ihrer Auffassung nach durch einen „antifaschistischen“ Konsens abgelöst zu werden drohe, wie er in der DDR zur Staatsdoktrin gehörte.
Die AfD argwöhnte, mit Maaßen solle ein Beamter entfernt werden, der sich politischem und medialem Druck nicht gebeugt hätte. Seine Ablösung sollte den Weg frei machen für eine Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes gegen die Oppositionspartei.
Tatsächlich äußerte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner im Januar im Zusammenhang mit der Erklärung der AfD zum „Prüffall“ auf Twitter: „Die Rechtspopulisten von der AfD kommen endlich in den Fokus des Verfassungsschutzes. Dazu musste der unselige Herr Maaßen gehen, damit das passieren kann, was längst überfällig war.“
„Verfassungsschutz trägt Demokratie zu Grabe“
Aus Sicht der AfD kam diese Äußerung einem Eingeständnis gleich, dass in den Regierungsparteien eine Stigmatisierung der Partei mittels der Beobachtung durch den Verfassungsschutz von langer Hand geplant war – und Maaßen gehen musste, weil er sich dieser politischen Vereinnahmung verweigert habe.
Der Kreisverband Wuppertal der AfD hat auf Facebook bereits auf die Meldung des Focus reagiert und erklärt:
Wer sich hier zunehmend an die Stasi erinnert fühlt, der liegt damit möglicherweise nicht ganz falsch. Es scheint, dass es in Deutschland der Verfassungsschutz ist, der sich anschickt, die Demokratie zu Grabe zu tragen.“
Aus dem Bundestag kommt Kritik am Vorgehen der BfV-Führung. Der CDU-Innenpolitiker Patrick Sensburg kritisierte, wer Mitarbeiter auf AfD-Kontakte prüfe, müsse sie auch auf Linkspartei-Kontakte durchleuchten.
Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), sagte dem Focus, sie verstehe das Schreiben lediglich als Angebot an Mitarbeiter, sich bei Interessenskonflikten frühzeitig melden zu können.
Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, mahnte, der notwendige Eigenschutz der Behörde müsse im richtigen Verhältnis zur Privatsphäre der Mitarbeiter stehen.
Das Bundesinnenministerium und die Kölner Behörde wollten sich auf FOCUS-Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern.
(Mit Material von dts)
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