Von Bundesregierung finanziert: Studie bescheinigt Ostdeutschland starke Demokratiedefizite

Die AfD verzeichnet in Umfragen aktuell Höchstwerte in den neuen Bundesländern, erstmals werden ein Landrats- und Bürgermeisteramt gewonnen. Eine Studie will jetzt belegen, dass die Ostdeutschen Demokratiedefizite haben und viele latent rechtsextrem sind. Wer steckt hinter der Studie, wer finanziert sie? Ein Kommentar.
Titelbild
Plattenbau in Ostdeutschland.Foto: iStock
Von 7. Juli 2023

Im zeitnahen Zusammenhang mit einem Anwachsen der Zustimmungswerte für die AfD insbesondere in den neuen Bundesländern nebst Wahl eines AfD-Landrats in Thüringen berichtet unter anderem der MDR über eine neue Studie eines Instituts der Uni Leipzig unter der Schlagzeile „Studie: Viele Ostdeutsche fremdeln mit Demokratie und wünschen sich autoritären Staat“.

Aber fremdeln die Ostdeutschen wirklich mit der Demokratie oder fremdeln sie vielleicht eher mit den Repräsentanten der Demokratie? Wer der Bundesregierung Demokratiedefizite unterstellt, fremdelt ja nicht automatisch mit der Demokratie. Man könnte hier durchaus unterstellen, so jemand sei gerade in besonderem Maße sensibilisiert für Demokratie.

Wer hat die Studie beauftragt, wer hat sie durchgeführt?

Die Befragung selbst wurde vom Meinungsforschungsinstitut USUMA durchgeführt. Das sind gewissermaßen die Handwerker, der Dienstleister. Die Fragestellung, spätere Analyse und Interpretation der Umfrage hat ein alter Bekannter übernommen: Oliver Decker ist seit bald zwanzig Jahren dabei, mit immer neuen Studien zu erforschen, wer im Land alles rechtsextrem, antisemitisch und ausländerfeindlich agiert.

Decker wurde bekannt mit seinen hochumstrittenen „Mitte-Studien“. Der Soziologe bekam trotz umfassender Kritik an seiner Vorgehensweise 2020 sein eigenes Institut unter dem Dach der Universität Leipzig. Das Else-Frenkel-Brunswik-Institut (EFBI) erforscht und dokumentiert laut Selbstbekunden „demokratiefeindliche Einstellungen, Strukturen und Bestrebungen in Sachsen und berät darauf aufbauend Zivilgesellschaft und Politik“.

Wikipedia kommentiert die Mitte-Studien von Decker unter anderem so: „Generalisierende Suggestivfragen würden zudem auf eine interessengeleitete Forschung hindeuten.“

So wurde beispielsweise in einer Decker-Studie von 2016 jeder, der der Frage „Bei der Prüfung von Asylanträgen sollte der Staat nicht großzügig sein“ ganz oder teilweise zustimmte, bereits als „fremdenfeindlich“ gezählt.

Der ebenfalls von Wikipedia zitierte Extremismusforscher Eckhardt Jessen kritisierte die Arbeit von Decker fundamental: „Was ihnen im politischen Alltag nicht gelingt, schaffen Sozialwissenschaftler mit ihrer ‚ideologisch geleiteten‘, ‚analytisch irreführenden‘ und ‚inhaltlich fragwürdigen‘ Vorgehensweise.“

Davon vollkommen unbeeindruckt baut auch die vorliegende Studie teilweise auf den Ergebnissen solcher vielfach kritisierten Decker-Studien auf.

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Was macht das neue Institut von Decker?

Ein Schwerpunkt sei die „(p)sychosoziale Beratung für Kommunen und zivilgesellschaftliche Organisationen“, heißt es da. Es ging darum, „die Zivilgesellschaft zu stärken“ beziehungsweise „Wissen in die Öffentlichkeit zu tragen“. Das Decker-Institut wird gefördert vom „Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung“ oder früher kurz „Justizministerium“. Ministerin ist dort Kaja Meier von Bündnis 90/ Die Grünen.

Zur Finanzierung der Studie und des Decker-Institutes erfährt man: „Die Studie wurde als Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert und das Else-Frenkel-Brunswik-Institut selbst wird auf Grundlage eines Beschlusses des Sächsischen Landtags gefördert.

Über die eigenen Aufgaben berichtet die Website des Instituts:

„Ein weiteres Ziel des EFBI ist es, zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure sowie Institutionen in seine sozialraumnahe, partizipative Forschung einzubeziehen. Beabsichtigt ist auch, zur Vernetzung zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure aktiv beizutragen. Neben der partizipativen Forschung bietet das EFBI dafür eine gezielte psychosoziale Beratung für Kommunen sowie zivilgesellschaftlich aktive Gruppen an. Damit sollen deren Fähigkeiten ausgebaut werden, um auf die Herausforderungen insbesondere durch gewaltbereite Personen, aber auch antidemokratischer Einstellungen in der Bevölkerung besser zu reagieren.“

Es geht demnach um eine umfängliche Durchdringung der Gesellschaft mit den Ideen oder der Ideologie des Instituts beziehungsweise seiner politischen Auftraggeber und Finanziers. Man könnte an der Stelle auch behaupten, das Institut selbst sei aus sich heraus gut aufgestellt, die eigene Rolle in der Gesellschaft genauer zu überprüfen.

Weitere Projekte des Instituts

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Politische Einstellungen und politische Partizipation infolge der COVID-19 Pandemie“ (PEPP-COV) untersucht den Einfluss der durch die Pandemie ausgelösten Krise auf die politische Partizipation in Deutschland.

Ein weiteres Projekt wird von der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung finanziert und eines vom Bundesinnenministerium. Ein Schwerpunkt ist die „Psychosoziale Beratung für Kommunen und zivilgesellschaftliche Organisationen“.

Zur Studie: Wie bereits erwähnt, wurde das Markt- und Meinungsforschungsinstitut USUMA mit der Befragung beauftragt. Das Schema der Antwortmöglichkeiten geht so: „Lehne völlig ab“, „Lehne überwiegend ab“, „Stimme teils zu/ teils nicht zu“, „Stimme überwiegend zu“, „Stimme voll und ganz zu“.

Für die Bewertung der Antworten wurden diese in drei Kategorien unterteilt: „Ablehnung“, „latente Zustimmung“, „manifeste Zustimmung“. Aus einem gleichgewichtigen Ja oder Nein wurde demnach ein Nein und ein Doppel-Ja.

„Latente Zustimmung“  soll den Befragten Gelegenheit geben, sich nicht eindeutig positionieren zu müssen, aber dem Inhalt der extrem-rechten Aussagen dennoch in Teilen zuzustimmen. Mit anderen Worten: Das Rechtsextreme wird hier verstärkt aus den Befragten herausgekitzelt.

Das Institut schreibt dazu: „Um dieses Potenzial in unseren Analysen abzubilden, werden wir in den folgenden Darstellungen zwischen latenter und manifester Zustimmung differenzieren.“

Ein Beispiel zur Fragestellung: „Was Deutschland jetzt braucht, ist eine starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.“ Wo ist hier der Unterschied zum Satz: „Wir brauchen eine Partei, die wieder die Interessen des Volkes vertritt?“

Die Haltung der Studienmacher wird mehr oder weniger offen kommuniziert, wenn es da beispielsweise über die AfD heißt: „Spätestens seit den Wahlerfolgen extrem-rechter Parteien wie der NPD und der AfD finden entsprechende Stimmen auch Eingang in die Landesparlamente Ostdeutschlands.“

Extrem-rechts steht hier für rechtsextrem

Zum Themenfeld Antisemitismus beispielsweise heißt es ohne Einbeziehung eines neuen zugewanderten Antisemitismus: „Auch der latente Antisemitismus (ist) sehr stark ausgeprägt. Die teilweise Zustimmung ist deutlich größer und damit steigt der Anteil derjenigen in der Bevölkerung, von denen eine Bedrohung für jüdisches Leben in Ostdeutschland ausgeht, massiv an.“

Zustimmende oder teilweise zustimmende Antworten auf folgende Fragen sind bereits „chauvinistisch“ oder werden als Beleg für einen „Ethnozentrismus“ gewertet.

„Wir sollten endlich wieder mehr Mut zu einem starken Nationalgefühl haben.“

„Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland.“

„Das oberste Ziel deutscher Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht.“

„Ausländerfeindlich“ ist hier, wer teilweise zustimmt, dass Zuwanderer nur hierherkommen, um den deutschen Sozialstaat auszunutzen. Angesichts der geringen Anerkennungsquote von Asylbewerbern und des überwiegenden Wunsches innerhalb von Europa nach Deutschland einzuwandern, kann allerdings statistisch belegt von einer Einwanderung in die Sozialsysteme gesprochen werden. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) titelte einmal: „Warum Einwanderung in die Sozialsysteme etwas Gutes ist.“

Bedenkt man zudem die hohe Quote (weit über die Hälfte) der trotz vielfacher Bemühungen, Förderungen und Angebote nach wie vor Sozialhilfe beziehenden Zuwanderern von 2015, dann kann hier ja nicht ernsthaft von Ausländerfeindlichkeit gesprochen werden.

Anstatt dass nun Oliver Decker und sein Institut als Macher solcher Studien infrage gestellt wird, wurde ihm 2020 sein eigenes Institut finanziert. Von den genannten Ausnahmen abgesehen haben die Medien über viele Jahre vielfach kritiklos übernommen, was Decker ihnen serviert hat.

Der Eindruck wird in der Analyse verfestigt, dass es bei dieser Studie darum geht, die Behauptung, die AfD sei rechtsextrem, weiter zu verfestigen. Hier wird ein „geschlossen rechtsextremes Weltbild“ schon behauptet, wenn jemand meint, Zuwanderer würden in den Sozialstaat einwandern oder Deutschland müsse sich wieder selbstbewusster aufstellen.

Und weil nun die Zustimmenden zu dieser Aussage zu 57,8 Prozent AfD-Wähler sind oder sich überlegen, vielleicht AfD zu wählen, wird von den Studienmachern einfach der Umkehrschluss gezogen: Die AfD ist die Partei der Wähler mit einem „geschlossen rechtsextremen Weltbild“.

Oder noch mal anders: „Rechtsextreme Einstellungen“ sind „Chauvinismus“ und „Ausländerfeindlichkeit“. Aber „ausländerfeindlich“ ist bereits, wer Kritik an der Massenzuwanderung in die Sozialsysteme übt. Die Befragung selbst ist in der Veröffentlichung kaum noch erkennbar, der interpretierende Teil unterdrückt hier mannigfaltig den Blick auf die eigentlichen Ergebnisse.

An einer Stelle heißt es:

„Einerseits wird auf den ersten Blick deutlich, dass nicht alle AfD-Anhänger manifeste Unterstützer der entsprechenden Forderungen sind, andererseits sind die latenten Zustimmungswerte zu berücksichtigen.“

Latente Zustimmung reicht für Kategorisierung „extrem“

Hier muss darauf verwiesen werden, dass, was die Studienmacher als „latente Zustimmung“ werten, exakt als jenes Mittel gewertet werden kann, die Ausgangsthese dieser Studie durchzusetzen, nämlich einen Anstieg rechtsextremer Einstellungen in den neuen Bundesländern und eine Unzufriedenheit mit der Demokratie.

Wo Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichtes den „Rechtsextremismus“ weiterhin als größte Gefahr für Deutschland behauptet, liefert das Leipziger Decker-Institut die passenden Umfrageergebnisse dazu als Belege.

Dass Deckers Arbeit seit Jahren vielfach umstritten ist, wird von Politik und Medien praktisch ausgeblendet.

In der Studie wurde auch eine „Verschwörungsmentalität“ abgefragt. Thüringen mit einer starken AfD liegt hier neben Sachsen-Anhalt mit weit über 40 Prozent vorn. Aber wie wurde diese „Verschwörungsmentalität“ ermittelt? Jedenfalls erfährt man, dass diese Mentalität oft mit einer „autoritären Aggression“ daherkomme.

Ein Migrationshintergrund der Teilnehmer wurde ebenfalls abgefragt, 5,2 Prozent haben Migrationsstatus. Solch eine Abfrage ergibt allerdings nur da Sinn, wo er bei einer Auswertung vergleichend herangezogen wird. Insbesondere, wo es um zugewanderten Antisemitismus geht, wäre dieser Bezug interessant. Die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wird lediglich mit „Ja/Nein abgefragt. Es kann also nicht festgestellt werden, inwieweit die Befragten muslimischer Herkunft sind, was wiederum im Zusammenhang mit einer bestimmten Form des Antisemitismus interessant wäre.

Auf Anfrage von Epoch Times beim Institut heißt es dazu:

„Da die Anzahl der Personen mit Migrationsgeschichte im Sample mit 5,2 Prozent recht gering ist, können hier keine gesicherten Aussagen über den Zusammenhang in dieser spezifischen Befragung gemacht werden.“

Die Studie ist überschrieben mit „Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie“. Das ist gewissermaßen die Arbeitsthese der Studie und hier ist schon ihr größter Fallstrick implementiert: Denn Unzufriedenheit mit Demokratie wird hier gleichgesetzt mit Unzufriedenheit an der Ampelregierung. Wer mit der Politik der Ampel nicht zufrieden ist, der lehnt demnach die Demokratie ab? Ein Feind der Demokratie ist ein Rechtsextremer, worauf dann die zweite These der Studie hinweist: „Die Rechtsextreme Einstellung in den ostdeutschen Bundesländern.“

Auf Anfrage beim Institut und Bitte um Zusendung des Fragebogens wird Epoch Times lediglich ein Teilstück zugesandt. Auf Nachfrage, warum wir nur eine – nämlich „Seite 39“ des Fragebogens – bekommen, heißt es, bisher hätten sich die Anfragenden nur für diesen Teil der Fragen interessiert, die da beispielsweise lauten:

Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland.“

„Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet.“

„Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen.“

Nachtrag: Das Institut teilt Epoch Times mit, dass eine Einsicht der Fragebögen zur Studie insgesamt nicht möglich ist. Per E-Mail schreibt eine Sprecherin: „Leider können wir nicht den gesamten Fragebogen rausgeben. An der Konzeption des umfangreichen Fragebogens sind mehrere Universitäten beteiligt, eine kurzfristige Abstimmung ist leider nicht möglich.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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