Was es mit dem wandelnden Narrativ über Donald Trump auf sich hat

In letzter Zeit zeichnete sich ein verändertes Narrativ hinsichtlich Donald Trump ab. Was verbirgt sich dahinter und ist Trump wirklich Schnee von gestern? Der amerikanische Verleger Roger Kimball wagt eine Analyse.
Titelbild
Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis (l.), und der ehemalige US-Präsident Donald Trump.Foto: Giorgio Viera/Angela Weiss/Getty Images
Von 15. November 2022

Dies ist eine Beschreibung eines Phänomens, es geht nicht darum, etwas festzulegen.

Das heißt, ich möchte weder für jemanden noch gegen etwas sprechen.

Vielmehr möchte ich etwas verstehen und beschreiben, das gerade passiert oder vielleicht schon geschehen ist.

Etwas, das mich überrascht, möchte ich sagen.

Auch etwas, dessen Züge ich nicht ganz verstehe.

Es könnte eine Art politischer Geisteswandel sein, eine plötzliche Veränderung eines Narrativs, das an Kraft und Anhängern gewinnt, je länger es anhält.

Ich frage mich allerdings, ob es wirklich so endgültig oder stark ist, wie es scheint.

Vielleicht handelt es sich eher um einen vorübergehenden Einbruch eines Narrativs als um eine unabänderliche Tatsache.

Wovon ich spreche, ist die plötzliche Veränderung des Narrativs in Bezug auf Donald Trump.

DeSantis gilt als neuer Favorit

Einher mit dieser Verschiebung geht, dass sich auch das Narrativ über Ron DeSantis ändert.

Ende Oktober hieß es noch, Trump hat die Basis der Republikanischen Partei in der Tasche.

Jeder mochte Ron DeSantis. Aber niemand dachte, dass er DEN Donald im Wahlzyklus 2024 herausfordern könnte.

Megyn Kellys Aussage vor ein paar Wochen in der Sendung „The Rubin Report“  verdeutlichte das allgemeine Verständnis über das Verhältnis von Trump und DeSantis.

Wenn Trump kandidieren würde, so Kelly, würde er jeden Gegner vernichten, auch DeSantis.

„Glauben Sie wirklich, dass der harte Kern der MAGA-Partei Trump für DeSantis aufgeben wird?“, fragte sie. „Das werden sie nicht. … Sie mögen DeSantis. Aber sie glauben nicht, dass er schon dran ist.“

Außerdem, so sagte sie, denken Trumps Unterstützer, „dass DeSantis seine politische Karriere Trump verdankt. … Sie würden Trump niemals für [DeSantis] opfern.“

Ist dies immer noch der Fall?

Ich weiß es nicht.

Aber schon vor den Zwischenwahlen habe ich Risse und Sprünge in dieser Darstellung bemerkt.

War es Trumps Witzelei über DeSantis?

Trump machte sich über DeSantis lustig und nannte ihn „DeSanctimonious“.

Das sorgte für Kopfschütteln und für Geläster.

Alle, auch die Trump-Anhänger, fanden das undankbar.

Es mag so gewesen sein.

Es war aber auch ganz typisch Trump. Jeder, der sich an Trumps frühere Spitznamen für seine politischen Gegner erinnert, weiß das: „Low-Energy Jeb“, „Little Marco“ und viele mehr.

Es sieht so aus, als ob DeSantis Trump innerhalb der Republikanischen Partei herausfordern könnte. Trump bereitet sich darauf vor.

Aber ich vermute, dass diese Sache bei der plötzlichen Abneigung gegen Trump nur eine kleine Rolle spielt.

Ein größerer Faktor ist wohl das Ergebnis der Zwischenwahlen, weil die prophezeite rote Welle ausblieb. Viele von Trumps favorisierten Kandidaten haben gegen die von den Demokraten aufgestellten Briefwahlkandidaten verloren.

Der wahre Grund liegt woanders

Aber ich vermute, dass der ausschlaggebendste Faktor für das neue Anti-Trump-pro-DeSantis-Narrativ woanders liegt.

Ich denke, es stammt aus einer sorgfältig geplanten Kampagne mächtiger Medien sowie Anti-Trump-Kräften.

Einige glauben, dass das Murdoch-Medien-Imperium („Fox-News“, „The Wall Street Journal“, „The New York Post“) mit Trump sympathisiert.

Das tut es nicht.

Aber weil es immer noch als konservativ oder zumindest als Republikaner-freundlich wahrgenommen wird (was nicht dasselbe ist), nehmen viele Menschen an, dass es auch Trump-freundlich ist.

Ein kurzer Blick auf die Berichterstattung über Trump bei „Fox“, „The Wall Street Journal“, „The New York Post“ und auch anderswo wird diesen Eindruck korrigieren.

Wie der etablierte Flügel der Republikaner um Paul Ryan, Mitt Romney und Liz Cheney, ist auch diese große Medienkonzession zutiefst unzufrieden mit Trump.

Das liegt nicht am 6. Januar, wie manchmal behauptet wird, oder an Trumps rüdem Auftreten oder seiner unerbittlichen Rhetorik.

Es liegt an seiner antiglobalistischen, pro-populistischen, das heißt, pro-amerikanischer-Arbeiter-Haltung.

Bedrohung für das globalistische Paradigma

Trump stellt eine existenzielle Bedrohung für das globalistische Paradigma dar, bei der die nationale Souveränität vor den transnationalen Bestrebungen in den Hintergrund tritt.

Ich vermute, dass dies Trumps wahres, unverzeihliches Vergehen ist. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Michael Anton wohl recht hat. Diesen Sommer sagte er, dass „die Leute, die die Vereinigten Staaten von Amerika in Wahrheit führen, deutlich gemacht haben, dass sie nicht zulassen können und werden, dass Donald Trump wieder Präsident wird.“

Anton hatte das Machtgebahren bereits in seinen Anfängen gesehen.

Als er das schrieb, hieß es in den Umfragen, dass Trump unanfechtbar sei.

Aber für den regierenden Konsens war er unmöglich.

Es hat eine Weile gedauert, bis sich diese Realität bemerkbar gemacht hat.

Aber jetzt ist sie offenkundig.

Was wird das für die Zukunft bedeuten?

Wir wissen es noch nicht.

DeSantis ist der Favorit des Monats. Wir wissen, dass er in Florida eine enorme Anziehungskraft hat.

Wie er sich auf der nationalen Bühne macht, ist unbekannt.

Ist Trump Schnee von gestern?

Trump hat eine „große Ankündigung“ für Dienstag, den 15. November, versprochen.

Die meisten Beobachter glauben nicht, dass er in seinem Trump Tower für Joe Bidens Lieblingseissorte werben wird.

Die meisten gehen davon aus, dass er seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten im Jahr 2024 bekannt geben wird.

Wie wird das ausgehen?

Es gibt viele Leute, die uns sagen, dass Trumps Tage gezählt sind und er Schnee von gestern ist.

Ich weiß nicht, ob sie recht haben.

Ich erinnere mich jedoch daran, dass im Jahre 2016 viele Leute sagten, dass Trump unmöglich sei und er niemals gewinnen könne. Und selbst, wenn er doch noch gewinnen würde, er es nicht überleben könnte.

Vier Jahre lang wurde uns gesagt, was nicht alles dafür sorgt, um Trumps Untergang zu beschleunigen.

Vielleicht stimmt es dieses Mal.

Vielleicht.

Ich werde abwarten und schauen.

 

Zum Autor:

Roger Kimball ist Herausgeber und Verleger von „The New Criterion“ und Verleger von „Encounter Books“. Sein jüngstes Buch ist „The Critical Temper: Interventions from The New Criterion at 40“.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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