Österreichischer Publizist über das deutsche Versagen gegenüber dem Extremismus
In einem Kommentar für die Zeitung „Österreich“ hat der Publizist und frühere Chef des „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ), Gerald Grosz, den deutschen Eliten und der politischen Mitte des Landes Unfähigkeit vorgeworfen, die Interessen der Normalbevölkerung und die Demokratie gegen Extremismus zu verteidigen.
Deutschland sei, so Grosz, in den vergangenen 50 Jahren regelmäßig von Terror heimgesucht worden. Der Bogen ziehe sich von der linksextremen RAF in den 1970ern über den rechtsextremen NSU in den frühen 2000ern und Anschläge von islamischen Extremisten in deutschen Großstädten bis hin zum Mord an Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke und erst jüngst die Ereignisse von Halle und Hanau.
Insgesamt habe Deutschland damit nun 1314 dokumentierte Terrorakte erlebt, die das Land in unterschiedlichem Ausmaß erschüttert hätten.
Verantwortungsträger in Deutschland hysterisieren oder relativieren
Daraus habe Deutschland jedoch nicht gelernt, schreibt Grosz. Vielmehr hätte die politische Führung des Landes noch zusätzlich Öl ins Feuer gegossen, indem sie „spaltende statt einende Entscheidungen“ getroffen hätte.
Die vernünftigen Kräfte hätten davor kapituliert, die demokratischen Parteien versagt und die kollektive Unfähigkeit, praktikable Lösungen zu konkreten Problemen zu liefern, sorge für noch mehr Polarisierung und Radikalisierung.
Am Ende könne dies noch mehr an Fanatismus und künftigem Extremismus nach sich ziehen. Das dauerhafte Scheitern der legitimierten demokratischen Anführer werde zum Brandbeschleuniger für anarchische Gewalt, Mord und Terror.
„Die Verantwortungsträger von Merkel abwärts suchen die Schuld nicht bei sich selbst und ihrer Politik“, schreibt Grosz weiter, „sondern es wird nach dem jeweiligen ideologischen Standpunkt relativiert oder hysterisiert, Schuld zu- oder Schuld abgewiesen, vergiften sich die Verantwortungsträger nicht nur selbst, sondern auch weiterhin die Gesellschaft und sie offenbaren damit ja nur die gänzliche Blindheit des Rechtsstaates gegenüber den von ihnen selbst gezüchteten Gefahren.“
Grosz sieht „geifernde Freude“ über Untaten des jeweils entgegengesetzten Extremismus
Man sehe den Splitter im Auge des anderen, nur den Balken im eigenen Auge nicht. Ein Mangel an rechtsstaatlichem Bewusstsein, demokratischen Umgangsformen und der Fähigkeit zur Selbstkritik ermögliche es Extremisten aller Couleur, die Zivilisation in den Abgrund zu ziehen.
Zudem sehe sich jeder Extremismus im Wüten des jeweils gegnerischen gerechtfertigt und freue sich sogar darüber. Eine apathische Mitte jedoch lasse sich bereitwillig einschüchtern und überlasse damit den Extremisten das Feld:
„Die geifernde Freude der Linken, dass es endlich wieder rechtsradikale Anschläge gibt, die geifernde Freude der Rechten, sich in islamischen Anschlägen oder linksextremen Umtrieben gerechtfertigt zu sehen. Dazu gesellt sich das Schweigen der Mitte und damit das Unvermögen, die breite Gesellschaft und die Demokratie zu verteidigen. Armes, blindes Deutschland!“
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