Propagandasprache für ARD: Gespickt mit marxistischen und patriotischen Parolen

Die ARD sieht in den vielen Initiativen gegen den Rundfunkbeitrag offenbar eine Gefahr. Deshalb hat sie ein Framing-Handbuch in Auftrag gegeben, das sprachliche Strategien gegen die Kritiker der Öffentlich-Rechtlichen vorschlägt.
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ARD-Studio.Foto: iStock
Von 18. Februar 2019

Der Begriff des „Framings“, zu Deutsch: Einrahmens, kommt aus der sogenannten Medienwirkungsforschung und beschreibt nach gängiger Definition den Prozess einer „Einbettung von Ereignissen und Themen in Deutungsraster“. Man nannte es früher Propaganda.

Im Kontext politischer Debatten ist Framing ein bedeutendes Instrument zur Herstellung und Aufrechterhaltung der Diskursherrschaft und Diskurskontrolle. Wer die faktische Macht hat, Ereignisse oder Fakten in einen dominanten Narrativ einzubetten, der gibt bis zu einem Grad vor, aus welchem Blickwinkel Menschen diese betrachten – und in weiterer Folge bewerten.

Je nach Deutungsmacht mittels Framings wird dann etwa der nicht erfolgende Schulbesuch an „Fridays for Future“ zu einem „Schwänzen“ und einer Verletzung der Schulpflicht – oder aber zu einem „engagierten Protest für eine bessere Klimapolitik“. Das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Gründen wird je nach Framing zu einer Form der Ausübung persönlicher Freiheit oder aber zur Legitimation für deren Einschränkung. Die Verbringung im Mittelmeer aufgegriffener Migranten und Flüchtlinge wird entweder zur „Seenotrettung“ oder zu einem Beitrag zur Schlepperei.

Je nach Framing lässt sich auch das Framing selbst als bloßer Versuch zur Einordnung von Fakten und Ereignissen deuten, das die Komplexität der Wirklichkeit fassbarer macht – oder aber als gezielter Akt der Manipulation der Wahrnehmung der Realität, wofür es einen eigenen, weniger unverfänglichen Begriff gibt, nämlich den des „Gaslightings“.

„Unser gemeinsamer freier Rundfunk“

Die „Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin“ Elisabeth Wehling, die von Kalifornien aus ihr „Berkeley International Framing Institute“ betreibt, befasst sich hauptberuflich mit Framing – und glaubt man ihren Angaben im Interview mit Anja Reschke von „ZAPP“, besteht dafür in Deutschland enormer Bedarf. Dies nicht nur deshalb, weil ineffektives und vernachlässigtes Framing in den letzten Jahren zu einer „Diskursverschiebung nach rechts“ geführt habe – sondern auch, weil die gesellschaftlich so unermesslich wertvolle Arbeit von „unserem gemeinsamen, freien Rundfunk ARD“ nicht immer in der Weise Würdigung erfährt, wie nicht nur dieser selbst, sondern auch Frau Wehling es für angemessen hält.

Deshalb hat die ARD bei dieser auch jüngst ein „Framing-Manual“ in Auftrag gegeben, sozusagen eine Bedienungsanleitung für den Umgang mit Kräften, die das Bestehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder von Teilaspekten desselben infrage stellen. Wie es aussieht, hat die in den letzten Jahren gewachsene Anzahl an Initiativen für eine Abschaffung der Rundfunkgebühr die öffentlich-rechtlichen Sender nicht unberührt gelassen.

Mit Elisabeth Wehling eine gleichsam hauptberufliche Framerin damit zu betrauen, den Kritikern des Rundfunkbeitrages und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Gegenerzählung zu präsentieren, unterstreicht die Wichtigkeit, die man vonseiten der ARD diesem Unterfangen zuordnet. Immerhin hatte Wehling bereits im Rahmen ihres „ZAPP“-Interviews Kostproben ihres Könnens offenbart, indem sie beispielsweise die AfD zur Regierungspartei stilisierte, die den Begriff „Jagen“ mit Blick auf die „Opposition“ gebrauche – und meinte, Berichte über Straftaten oder Gewaltakte von Migranten oder Flüchtlingen würden eine „verschobene Wahrscheinlichkeit wie beim Lotto“ erzeugen, wo nur über die Gewinner, aber nie über die viel zahlreicheren Verlierer gesprochen würde.

Generell, so Wehling, empfehle es sich, um den „Deutungsrahmen“ weiter setzen zu können, der Diskurse auf einen „Wahrheitsgehalt“ festlege, Diskurse „nicht immer nur aufzugreifen, sondern auch andere Fronten zu eröffnen“. Anders geframt könnte man diesen Sachverhalt auch so ausdrücken: Wenn man einer Behauptung sachlich-argumentativ nichts mehr entgegenzusetzen weiß, sei es an der Zeit, vom Thema abzulenken und bewusst am anderen vorbeizureden.

Moralisieren mit marxistischen Buzzwords

Auch das jüngst über Umwege an die Öffentlichkeit gelangte „Framing-Manual“ für die ARD, das die Plattform „Netzpolitik“ veröffentlichte, legt die Annahme nahe, dass Elisabeth Wehling ihrer Strategie treu geblieben ist. Wie sie selbst nahelegt, kann ein Eingehen auf Sachaussagen allzu oft nur schaden, weshalb – ähnlich dem politischen Diskurs in Deutschland – primär moralisch argumentiert werden sollte:

„Denken und sprechen Sie nicht primär in Form von Faktenlisten und einzelnen Details. Denken und sprechen Sie zunächst immer über die moralischen Prämissen.“

Immerhin würden sich Menschen ja nicht auf Grund von einzelnen Faktenargumenten und auch nicht auf Grund von Appellen an den materiellen Eigennutz für oder gegen etwas einsetzen, sondern „weil sie das Gefühl haben, dass es ums Prinzip geht“.

Nun werden gläubige Calvinisten auf beiden Seiten der Debatte, die von der völligen Verderbtheit des gefallenen Menschen ausgehen und auch vermeintlichen Altruismus deshalb nur als Ausdruck maskierten Eigennutzes betrachten, dieser Argumentation wenig abgewinnen können. Auch überrascht es, dass die gleiche Autorin, die der „Moral“ einen so hohen Wert zubilligt, in weiterer Folge ausgiebig mit marxistischen Schlagworten wie „Profitzensur“ oder „Rundfunkkapitalismus“ um sich wirft, während Moral gemäß der Lehre von Karl Marx doch lediglich der „ideologische Überbau der herrschenden ökonomischen Verhältnisse“ beziehungsweise der „Interessen der herrschenden Klassen“ sei. Erst Walter Ulbricht versuchte diese Diskrepanz 1958 durch die „Zehn Gebote der Sozialistischen Moral“ zu beseitigen.

Wehling geht es aber nicht darum, sich an logischen Inkonsistenzen hochzuziehen – sie will von einer reinen Faktensprache hin zu einer gelangen, die – wie es für das ARD-Anliegen zentral sei – „gesellschaftliche Sachverhalte und Vorhaben moralisch interpretiert“. Womit man wieder bei der biblischen Aussage angelangt ist, die da lautet: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist.“

„Du willst es doch auch“

Im Framing-Manual warnt Wehling die ARD explizit davor, sich selbst auf das Framing ihrer Gegner einzulassen, etwa, indem auch sie vom „Konsumenten“ oder „Consumer Value“ spreche. Aus ihrer Sicht ist es völlig falsch, im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Begriffe zu benutzen, die Anklänge an den Markt und an Angebot und Nachfrage weckten. Schließlich bestehe das Framing der Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ja gerade darin, dass diese die gesetzlich vorgeschriebene Rundfunkgebühr als einen Akt des Abnahmezwangs – und damit etwas Unmoralisches vor dem Hintergrund der Freiheit eines mündigen Konsumenten – darstellten.

Demgegenüber sollten die ARD-Mitarbeiter, für die das Manual bestimmt ist, im Sinne des „Hebbian Learnings“ nie den Frame ihrer Gegner nutzen, sondern stets nur jenen, der die eigene moralische Perspektive auf die Sachverhalte deutlich mache, und dies immer und immer wieder. Nur durch die ständige Wiederholung neuer sprachlicher Muster über lange Zeit hinweg sei es möglich, den „neuen Frames kognitiv Geltung zu verschaffen“ und damit zu einer „realistischen Wahrnehmungsalternative werden zu lassen“.

Strategisches Framing, so Wehling, sei ein „stufenweiser Prozess, und: Es führt kein Weg an einem strategischen Framing vorbei, will man erfolgreich Mitbürger mobilisieren und sie heute und morgen für die ARD begeistern.“ Dabei müsse man geduldig vorgehen und dürfe nicht alle derzeit benutzten Begriffe und Narrative abrupt fallen lassen. Dies stifte nur Verwirrung in einer Zeit, da „ehrliche Sprache zunehmend als ‚Politische Korrektheit‘ diffamiert“ werde.

Statt Begriffe wie „Beitragszahler“ zu verwenden, solle eher auf eine Strategie des „Du willst es doch auch“ zurückgegriffen werden, indem die ARD als ein „von Bürgern ermöglichtes Rundfunksystem“ begriffen werde – oder als „Rundfunkkapital für ein eigenes und gemeinsames Wohlergehen“.

Höckeanische Anklänge

Sogar vom „öffentlich­rechtlichen“ Rundfunk solle perspektivisch nicht mehr gesprochen werden, da dies ein Gefühl der Distanz aufkommen lassen könnte. Stattdessen sollten die „gemeinsamen Anstrengungen“, das „zusammen Gestalten“ oder das „Ermöglichen“ im Vordergrund stehen. Ebenso wenig wie ein Bürger sich allein ein Krankenhaus baue, wenn er sich behandeln lassen wolle, sei es tunlich, den Medienkonsum als eine bloß individuelle Angelegenheit zu begreifen:

„Die Beteiligung am gemeinsamen Rundfunk ist gelebte Eigenverantwortung für das individuelle tägliche Schaffen und Leben.“

Fast wie eine Lagerfeuerrede von Björn Höcke klingt das Manual dann gar, wenn es darum geht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als etwas darzustellen, das vergangene Generationen geschaffen hätten und das zu erhalten demnach gleichsam die vaterländische Pflicht der künftigen darstelle. Und das nicht nur deshalb, weil die ARD deutsches Filmschaffen ermögliche, sondern weil das gemeinsame Sehen der Tagesschau auch eine Art Heimat und kulturelle Identität bedeute:

„Wir sorgen für ein sorgsames Gedächtnis unserer Kultur und Geschichte und schaffen damit eine Verbindung über Generationen hinweg und eine wichtige Anbindung neuer Generationen an die Kultur und Geschichte unserer Vorfahren – unserer Urgroßeltern, Großeltern und Eltern. Unsere Eltern und Großeltern haben den gemeinsamen Rundfunk ARD demokratisch beschlossen und mit eigenen Händen aufgebaut. Bis heute haben wir uns immer wieder mehrheitlich für diesen gemeinsamen Rundfunk entschieden. […] Wir halten instand, was unser Land an medialer Infrastruktur ARD aufgebaut hat. Wir halten damit auch die Leistung und den Weitblick unserer Großeltern in Ehren.“

„Demokratie“ statt „Kapitalismus“

Wir beteiligen uns deshalb am „gemeinsamen Rundfunk um unserer selbst und unseres Landes willen“. Die „bildend-sinnstiftende Unterhaltung, auf deren Boden unsere deutsche Kultur- und Filmlandschaft lebt und gedeiht“, schützt nicht nur Kinder und auch alle anderen vor Gewaltorgien oder menschenverachtenden Formaten, wie man sie aus Privatsendern kenne. Die unverrückbare Übereinkunft über die Generationen hinweg, dass Deutschland seinen „gemeinsamen freien Rundfunk“ brauche, macht die „Beitragshinterziehung“ auch zu einem „demokratischen Wort- und Loyalitätsbruch“. Wer nicht bereitwillig und gerne seinen Obolus zu diesem großen Projekt leiste, sei demnach eine Art Volksfeind.

Nach so viel an ungewohntem patriotischem Pathos wird auch in weiterer Folge ein „Wir gegen die“ konstruiert: Auf der einen Seite die mündige, demokratische (Volks-)Gemeinschaft der Bürger, die mit Freude „unseren gemeinsamen freien Rundfunk tragen“ – auf der anderen die nichtdemokratischen, profitgetriebenen „medienkapitalistischen Heuschrecken“. „Demokratie“ und „Kapitalismus“ auf diese Weise gleichsam schon zu begrifflichen Antipoden zu erklären – das war in dieser Reinform seit dem Ende des „Schwarzen Kanals“ im öffentlich-rechtlichen Kontext nur selten zu beobachten.

Auch die am Ende des Manuals aufgeführten Vorschläge für „Beispielhafte linguistische Umsetzungen der moralischen Framings 1­4 in kurzen Sätzen und Slogans“ lassen tief blicken. So lautet gleich der erste davon „Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will“ – wobei offenbleibt, worin der wesentliche Unterschied zwischen einer „kontrollierten“ und einer „gelenkten“ Demokratie bestehen soll.

Andere Parolen fordern „Demokratie statt Umsatz“, stilisieren die ARD zum „verlängerten Arm des Bürgers“, sagen der „Informationsanarchie“ den Kampf an und deklamieren: „Unsere Redakteure strengen sich für die Bürger an, andere für den Profit.“ Abgerundet wird der Reigen durch Aussagen wie „Kein Demokratiekapitalismus. Kein Rundfunkkapitalismus. Kein Informationskapitalismus.“

Ob Elisabeth Wehling angesichts eines so ausgeprägten Maßes an Verachtung für gewinnorientiertes Wirtschaften ihr Gutachten für die ARD zum Selbstkostenpreis erstattet hat, bleibt offen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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