Peter Haisenko: Wo ist unser Gold geblieben? | ET im Fokus

Die deutschen Goldreserven wurden angesammelt in den Jahren von 1951 bis 1968. Sie hatten ihren Höchststand 1968 mit 4.000 Tonnen. Seit 1971 sind sie aber nicht mehr gewachsen, obwohl die deutschen Außenhandelsüberschüsse seither stetig wuchsen.
Von 20. März 2019

Im Juli 1944 fand im amerikanischen Ferienort Bretton Woods eine Konferenz statt, auf der ein multilaterales Währungsabkommen – durch Finanzminister und Notenbankgouverneure bzw. -präsidenten von 44 Staaten der späteren Siegermächte – ausgehandelt wurde. Es wurde „Bretton Woods“-Abkommen genannt.

Zur Kontrolle und Durchsetzung des Abkommens wurden in der Folge die Bretton-Woods-Organisationen bzw. -Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) geschaffen.

Das Abkommen stellt den Kern des institutionellen Netzwerks dar, mit dem die westlichen Industriestaaten nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten, der Weltwirtschaft eine neue ordnungspolitische Grundlage zu geben.

1945 hatte Deutschland kein Gold mehr

Mit Kriegsende 1945 hatte Deutschland überhaupt kein Gold mehr, denn alles, was an Reserve noch da war, wurde als Reparation von den Alliierten beschlagnahmt. Bereits ab 1951 erwirtschaftete die Bundesrepublik Deutschland wieder Außenhandels-Überschüsse, und diese bildeten in den folgenden Jahren die deutschen Goldreserven – bis 1971.

Das System von Bretton Woods sah vor, dass im Fall von Außenhandels-Ungleichgewichten die Nationen mit Außenhandels-Überschüssen von den Defizitnationen mit der Überschreibung von Gold einen Ausgleich für die Überschüsse zu erhalten hatten. Damit war gewährleistet, dass das von einem fleißigen Volk erwirtschaftete Vermögen eben diesem Volk in Form von Goldbarren auch zur Verfügung steht.

Nixons Coup: Aufhebung der Goldbindung des US-Dollars

Bis 1971 war das akkumulierte Außenhandelsdefizit der USA so weit angewachsen, und es kursierten so viele US-Dollar in der Welt, dass es in den USA nicht genügend Waren oder Dienstleistungen gab, die der Menge der außeramerikanischen Dollar einen realen Gegenwert hätten entgegensetzen können. Damals handelte es sich noch vorwiegend um reales Papiergeld – grün bedrucktes Papier, das bereits 1971 in seiner Menge so aufgebläht war, dass die in Bretton Woods festgelegte Goldbindung der Leitwährung US-Dollar nicht mehr zu halten war. Alternativ wäre eine drastische Abwertung der Leitwährung unumgänglich und im Übrigen die korrekte Vorgehensweise gewesen.

Deshalb hat Präsident Nixon 1971 kurzerhand die Goldbindung des US-Dollar aufgehoben. Obwohl die Implikationen dieser Maßnahme ein komplett neues Weltwährungssystem verlangt hätten, blieb die Reaktion der Welt aus. Alles lief weiter wie bisher, lediglich die fixen Wechselkurse wurden aufgehoben. So jedenfalls wurde es der Welt vermittelt. Tatsächlich ist aber etwas viel Schlimmeres passiert: Von 1971 an wurden die Außenhandels-Differenzen nicht mehr durch den Transfer von Gold ausgeglichen – und das gilt bis heute!

Deutsche Außenhandels-Überschüsse sind für immer verloren

Im Sommer 2012 versuchte ich von der Bundesbank zu erfahren, wo und wie die akkumulierten Außenhandels-Überschüsse seit 1971 verbucht sind, und wer wann darauf Zugriff haben könnte. Die Reaktion war niederschmetternd! Man konnte (oder wollte!) mir darüber keine Auskunft geben und verschanzte sich stattdessen hinter irrelevanten Statistiken und Zahlenreihen, die meine Frage in keiner Weise beantworten.

Nach dem fünften Briefwechsel stellte ich dann die entscheidende Frage: Können die akkumulierten deutschen Außenhandels-Überschüsse bei einem eventuellen deutschen Außenhandels-Defizit verrechnet werden? Hierauf erhielt ich die erste klare und unmissverständliche Antwort: Die akkumulierten deutschen Außenhandels-Überschüsse können dafür nicht verwendet werden. Das ist eine Sensation, denn im Klartext heißt das: Die deutschen Außenhandels-Überschüsse sind für immer verloren, irgendwo im Finanz-Nirwana verschwunden. Oder anders gesagt: Die Arbeit, die die Deutschen in den letzten 40 Jahren geleistet, deren Ertrag sie jedoch nicht selbst verbraucht haben, haben sie umsonst geleistet.

An dieser Stelle wird deutlich, was 1971 mit der Entkopplung des US-Dollar vom Gold tatsächlich passiert ist. Die Nation mit der Leitwährung, mit dem höchsten Schuldenstand, die USA, werden ihre Außenhandels-Defizite niemals zurückerstatten. Niemandem, schon gar nicht Deutschland.

So viel Gold gibt’s gar nicht

Jetzt müssen wir uns ein paar Zahlen genauer ansehen: Der Wert der deutschen Goldreserven – 3391 Tonnen – wird mit Stand Dezember 2012 mit 137,51 Milliarden Euro beziffert. Die seit 1971 akkumulierten Außenhandels-Überschüsse Deutschlands übertreffen mittlerweile 2.500 Milliarden Euro – man beachte die Relation zum Schuldenstand. Hätte das System von Bretton Woods nach 1971 mit der Goldbindung der Leitwährung und dem pflichtgemäßen Ausgleich der Außenhandels-Differenzen in Gold weiterhin in dem Sinn Bestand gehabt, wie es ursprünglich gedacht war, dann wären die deutschen Goldreserven jetzt auf 61.000 Tonnen angewachsen. Hoppla! So viel Gold gibt es nicht auf der Welt!

Wäre also das System von Bretton Woods nach 1971 konsequent weitergeführt worden, dann hätten die USA ihre etwa 9.000 Tonnen Goldreserven bereits in den 1970er Jahren komplett an Deutschland überschreiben müssen und wären danach nicht mehr zahlungsfähig gewesen. Das konnte die Siegernation natürlich nicht zulassen, schon gar nicht gegenüber einem besetzten Land, mit dem sie nicht im Frieden lebt, sondern lediglich im Waffenstillstand. Mit dem Recht des Stärkeren drucken die USA einfach munter Dollar in beliebiger Menge.

Keine Zinsen auf die deutschen Exportüberschüsse

Allein im Jahr 2012 betrugen die deutschen Außenhandelsüberschüsse mehr als 200 Milliarden Euro. Auch diese sind mit den älteren Überschüssen im Finanz-Nirwana verschwunden. Diese „Guthaben“ Deutschlands können auch als Kredit an Defizitnationen betrachtet werden. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müssten diese „Guthaben“ durch die Kreditnehmer verzinst werden, nachdem sie nicht mehr in Gold aufgewogen werden. Genau das passiert aber nicht.

Um die Dimension des Betrugs an Deutschland zu verdeutlichen, bemühe ich wieder Zahlen: Eine durchaus übliche Verzinsung für Kredite kann mit fünf Prozent angenommen werden. Bei der Höhe von mehr als 2.500 Milliarden Euro der akkumulierten Außenhandels-Überschüsse würde das eine Einnahme für den deutschen Staat von 125 Milliarden Euro ausmachen. Jedes Jahr! Allein die Überschüsse des letzten Jahres müssten schon 10 Milliarden an Zinsen bringen.
Wir wissen, dass genau das Gegenteil die Realität ist. Deutschland muss aus Steuergeldern für seine Schulden etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr an Zinsen bezahlen.

Würde mit den Außenhandels-Überschüssen Deutschlands redlich umgegangen, dann könnte Deutschland in großem Umfang sogar Schulden tilgen. Wahrscheinlich hätte sich der deutsche Staat niemals verschulden müssen, wenn die Außenhandels-Überschüsse nach 1971 ordentlich verzinst worden wären. Und hier sollte bedacht werden, dass der Deutsche Staat erst mit den Jahren nach 1971 von Helmut Schmidt in die exponentiell anwachsende Schuldenspirale geführt worden ist.

Warum akzeptieren wir das „weiter so“?

Halten wir fest: Die deutschen Goldreserven stammen aus der Zeit zwischen 1951 und 1971. Von 1971 an wird Deutschland um den Wert seiner Außenhandels-Überschüsse betrogen, respektive mit wertlosen Dollarnotierungen abgefunden. Das Weltfinanzsystem hätte bereits 1971 komplett neu aufgestellt werden müssen, als die Grundlage des Systems von Bretton Woods, nämlich der Gold-Devisen-Standard, geschleift wurde. Wo das undifferenzierte „weiter so“ hingeführt hat, sehen wir täglich an den Finanzkrisen.

Die Frage muss gestellt werden, warum gerade Deutschland nicht auf eine Neugestaltung des Weltfinanzsystems dringt. Die Antwort ist so einfach wie fatal: Sobald das Weltfinanzsystem nicht mehr die bisherigen Vorteile für die USA und Großbritannien garantieren kann, werden die USA und Großbritannien gnadenlos untergehen – inklusive Bürgerkrieg. Man bedenke, die USA und Großbritannien generieren etwa 30 Prozent ihres Brutto-Inlandsprodukts aus dem Finanzsektor, 30 Prozent des BIP also, die nicht wertschöpfender Arbeit entstammen.

Dazu muss dann noch das Außenhandels-Defizit von gut 15 Prozent gerechnet werden. Mit dem Zusammenbruch des heute gültigen Finanzsystems müssten diese Länder ihren Konsum also um knapp 50 Prozent reduzieren. Es gehört nicht allzu viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, was das für diese beiden Länder bedeuten würde.

Von langer Hand geplant

Bereits vor hundert Jahren war England mit einem Außenhandels-Defizit von 50 Prozent in einer ähnlich prekären Lage wie heute und jetzt befinden sich die USA an ihrer Seite. Wie ich in meinem Buch „England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert“ anhand von wirtschaftshistorischen Daten nachweise, konnte das British Empire nur mit Hilfe des Ersten Weltkriegs seinen drohenden Staatsbankrott verschleiern.

1923 wollte England auf der Weltwährungs-Konferenz in Genua einen Gold-Devisen-Standard mit dem Pfund als Leitwährung durchsetzen. Damals waren die Konferenzteilnehmer allerdings souveräne Staaten und haben erkannt, welche Probleme dieses System haben wird. Der Vorstoß Englands wurde abgelehnt.

Erst der Zweite Weltkrieg ermöglichte dann, dieses System in Bretton Woods mit Hilfe der Amerikaner zu etablieren. Ich gehe davon aus, dass der heutige Zustand der kontinuierlichen Ausbeutung Deutschlands vom angelsächsischen Raum seit Anfang des 20. Jahrhunderts konsequent geplant und betrieben worden ist. Mit allen bekannten Konsequenzen.

Das System von Bretton Woods

1944 haben die USA und Großbritannien ein Gegensystem zur europäischen BIZ in Basel auf der Konferenz in Bretton Woods durchgedrückt. Es basierte auf einem Gold-Devisen-Standard und hat den US-Dollar als Leitwährung festgesetzt. Warum dieses System nach der Abkopplung des US-Dollar vom Gold im Jahr 1971 nicht mehr funktionieren kann und welche Folgen das für die USA und den Rest der Welt hat, lesen Sie bitte in dem Grundsatzartikel: Die verschwiegenen Ursachen der Jahrhundertkrise. Nur wer diese Grundlagen verstanden hat, kann die „Finanzkrise“ in ihrem wahren Umfang verstehen.

Der Artikel erschien zuerst auf Anderweltonline.com

Peter Haisenko, Verkehrspilot, war nach seiner Ausbildung bei der Lufthansa 30 Jahre im weltweiten Einsatz als Copilot und Kapitän.  Seit 2004 ist er tätig als Autor und Journalist. Er gründete den Anderwelt Verlag. www.anderweltonline.com/

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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