Präsident des Instituts Die Stoische Schule: „Die östliche Sicht auf die Dinge hat mich sehr ermutigt“

Angesichts der vielen gesellschaftlichen und politischen Verwerfungen der letzten Jahre stellt sich für immer mehr Menschen die Frage, wohin das Ganze letztendlich noch führt. Kelly Kinkade, ein Stoiker, ist überzeugt, dass die Rückbesinnung auf Tugend die Gesellschaft verbessern kann. Inspirierend und ermutigend fand er vor diesem Hintergrund den Artikel des Begründers von Falun Gong.
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Kelly Kinkade, Präsident des Instituts der Stoischen Schule, während eines Interviews am 13. Februar 2023.Foto: Screenshot/NTD
Epoch Times1. März 2023

Kelly Kinkade ist Präsident des Instituts Die Stoische Schule in Amerika. Die Denkschule aus der Antike und lehrt die Verbindung von Menschen zu Gott und hat auch heute noch eine große Anhängerschaft. Der jüngst erschienene Artikel „Warum gibt es die Menschheit“ von Herrn Li Hongzhi, dem Begründer von Falun Gong, hat bei Kinkade einen bleibenden Eindruck hinterlassen – insbesondere vor der sich aktuell in China zuspitzenden Lage.

In einem Interview mit dem TV-Sender NTD der Epoch Times Gruppe schildert er, wie der Artikel ihn in mehrerer Hinsicht bereichert hat. Er hat nicht nur mehrere Parallelen zum Stoizismus entdeckt, sondern auch das Ausmaß der Verfolgung in China und somit das Leid der Falun-Gong-Praktizierenden besser verstanden. Die buddhistische Kultivierungsschule wird seit 1999 in China durch die Kommunistische Partei Chinas verfolgt.

Sie haben gesagt, dass Sie Gemeinsamkeiten zwischen Herrn Lis Artikel und dem Stoizismus sehen. Welche sind das?

Richtig, ich habe drei Ähnlichkeiten zum Stoizismus gefunden – aber auch einen unterschiedlichen Ansatz, den ich sehr interessant finde, zu dem ich später komme. Das Erste, was mir aufgefallen ist, ist das Verständnis über Schmerz und Schwierigkeiten im Leben.

In dem Artikel heißt es sinngemäß, dass sich ein Mensch nur über schmerzhafte Erfahrungen erhöhen kann und dass Schwierigkeiten dazu dienen, aus Menschen etwas Großes zu machen. Das ist sehr ähnlich zu der stoischen Lehre. Wir bezeichnen es als das Leiden umarmen. Ein Stoiker übt sich darin, dem Schmerz im Leben so zu begegnen wie einem guten Freund, dem man vertraut.

Und das hat zwei Gründe. Das eine ist, dass Leiden und Schmerzen in dieser Welt unvermeidbar sind, wie es auch in Herrn Lis Artikel steht. Das andere ist, dass wir während des Leidens wachsen. Wenn wir richtig mit dem Leiden umgehen, kann uns das am Ende bereichern und verbessern. Anders, als wenn wir niemals dadurch gegangen wären.

Auch bedeutet es, dass, wenn man leidet, man nicht unbedingt etwas Falsches im Leben getan haben muss. Ganz im Gegenteil kann es ein Indiz dafür sein, dass man alles richtig gemacht hat. Und das ist ein sehr kraftvoller Gedanke – ganz gleich in welcher Weltanschauung.

Sie sprachen von insgesamt drei Gemeinsamkeiten.

Die zweite Gemeinsamkeit ist die Erwähnung des Göttlichen. Der Artikel beschreibt eine Verbindung zwischen dem Göttlichen und den gemeinsamen Werten der Menschen auf der Erde, die uns alle als Menschenfamilie verbinden. Das ist ähnlich wie im Stoizismus, wonach alle Menschen auf der Erde physisch und moralisch auf horizontaler Ebene miteinander verbunden sind und gleichzeitig eine vertikale Verbindung zu dem Göttlichen haben.

Vor 2.000 Jahren bezeichnete der Philosoph Epiktet den Stoizismus als Lehre über unsere Verbindung zu Gott. Und genau diese Verbindung gibt uns unsere unveräußerlichen Rechte, die alle menschliche Gesetze übersteigen. Als Stoiker assoziieren wir das Göttliche mit einer universellen Vernunft. Sie ist der Teil des Kosmos, der bewusst ist, der lebt und immer aus einem Grund heraus agiert.

Und deshalb ist ein Angriff oder eine Verfolgung von Menschen immer auch ein Angriff auf die [göttliche] Ordnung. Deshalb ist die extreme Verfolgung von Falun Gong zum Beispiel auch so schockierend für die zivilisierte Welt und schadet dem [chinesischen] Staat. Denn wir Menschen sind alle wie eine Familie miteinander verbunden.

Die dritte Gemeinsamkeit fand ich, als Herr Li über das Endergebnis eines Glaubenssystems sprach. Was bringt Glauben der Welt letztendlich? Der Artikel sprach über ideales Verhalten: Tue nur Gutes und halte Dich von Schlechtem fern.

Sprechen wir über die Ideale [von Falun Dafa] Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht. Im Stoizismus sprechen wir über Kardinaltugenden. Wir sehen es genauso wie Herr Li, dass Spiritualität und Tugendhaftigkeit dem Einzelnen guttun. Durch sie werden Menschen glücklicher, produktiver und bessere Bürger. Wenn man diese praktiziert, nutzt es nicht nur dem Einzelnen, sondern es ist gut für die Gesellschaft als Ganzes.

Warum ist der Artikel von Herrn Li aus Ihrer Sicht zu dieser Zeit besonders bedeutsam?

Ich war glücklich, dass der Artikel insbesondere ein Bewusstsein für die jetzige Situation [der Falun-Gong-Praktizierenden] schafft. Falun Gong wird, so heißt es, von 100 Millionen Menschen ausgeübt. Und dass etwas, von dem so viele Menschen profitieren, so schwer verfolgt wird, das ist richtig schockierend. Die Welt verdient, davon zu erfahren.

Auch bin ich dankbar, dass Herr Li Einblicke in die Ursprungslehre gibt, wie wir sie nennen, das heißt, warum die Menschheit in Wahrheit existiert. Denn letztendlich kommen wir zu demselben Schluss. Es geht darum, das gemeinsame Leben zu verbessern – den Einzelnen zu erhöhen und die Gesellschaft als Ganzes.

Das zeigt mir, dass wir physisch und moralisch miteinander verbunden sind – wie nach der kosmopolitischen Lehre. Auch hat mich die östliche Sicht auf die Dinge sehr ermutigt. Der einzige Unterschied ist nämlich die Rolle des Karmas, das Gutes und Böses in unser Leben bringt. Wir im Westen hingegen sehen das eher als natürliches Gesetz.

Das NTD-Interview führte Tiffany Meier (Redaktionelle Bearbeitung nh)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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