Zweifel an Erfolgschancen für Scholz: „SPD sagt Wählern nur die halbe Wahrheit“
Die SPD hatte einige gute Gründe, auf die Ankündigung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, im Dezember als Kandidat für den Parteivorsitz zur Verfügung zu stehen, mit Erleichterung zu reagieren.
Seit dem Ende der Ära Schröder hatte sie es immer wieder geschafft, Hoffnungsträger mit langjähriger Regierungserfahrung als Ministerpräsidenten, Bundesminister oder beidem in erfolglosen Kanzlerwahlkämpfen zu verbrennen, während die Partei in der Wählergunst durchgereicht wurde.
Nun, da die bundesweiten Umfragewerte auf deutlich unter 20 Prozent abgerutscht waren – als Schröder das Kanzleramt verließ, kam die SPD noch auf 34,2 Prozent -, drohten der Partei endgültig die renommierten Kandidaten für den Parteivorsitz auszugehen. Ministerpräsidenten und Minister winkten der Reihe nach ab, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey droht die Diskreditierung durch Verlust des Doktortitels. Zur Kandidatur bereit zeigten sich nur solche Genossen, die als zu radikal, zu unbekannt oder beides galten, bis Olaf Scholz, zweimaliger triumphaler Wahlsieger in Hamburg, der Partei eine große Sorge nahm.
„Wie viele dieser reichen Dax-Manager gibt es wirklich?“
Dass Olaf Scholz die Sozialdemokratie zu neuen Höhen führen wird, dessen sind sich nicht alle Beobachter sicher. In einer Kolumne für den „Focus“ attestiert Ulrich Reitz dem Hanseaten, der sich gerne als Vertreter eines moderaten und berechenbaren Kurses präsentiert, ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Insbesondere die Steuerpläne, die er in den vorangegangenen Tagen anklingen ließ, erweckten nicht den Eindruck, moderat zu sein. Stattdessen gefährdeten sie Deutschland als Standort.
Scholz, der als Bundesfinanzminister eigentlich in der Lage sein müsste, gerade in Steuerfragen seine Fachkompetenz auszuspielen, patze gerade in diesem Bereich. Er behauptet – beispielsweise entgegen der Auffassung des früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans Jürgen Papier -, dass sein Konzept einer Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages verfassungskonform sei. Und könne diese Einschätzung nicht einmal begründen. Allenfalls mit dem Hinweis auf schwerreiche Dax-Manager, die dann ebenfalls ein Steuergeschenk erhielten, deren es aber nicht mehr als ein paar Dutzend gäbe.
„Scholz könnte als Kandidat für den SPD-Vorsitz seine Parteifreunde und die Gewerkschaften in den Aufsichtsräten auffordern, den Managern die Gehälter zu kürzen“, schreibt Reitz. „Das tut er aber nicht. Auch fallen ihm als Beispiele für Luxusverdiener stets nur Manager ein, nicht aber Fußballstars – vielleicht weil er ahnt, dass es unter den Fußballfans doch noch zu viele Sozialdemokraten gibt, die Scholz nicht vergraulen will?“
SPD gegen selbst geschaffene Strohmänner
Die SPD, so diagnostiziert der Kolumnist, baut Strohmänner zum Feindbild auf und versuche, auf der Welle des antikapitalistischen Ressentiments zu surfen. Dass die Ausklammerung einiger Gruppen von der Soli-Senkung aber auch Handwerksmeister oder Selbstständige betroffen sein könnten, lasse Scholz unerwähnt.
Auch bezüglich des jüngst vom kommissarischen Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel vorgestellten Konzepts zur Vermögenssteuer schenke die SPD der Bevölkerung keinen reinen Wein ein. Der Verweis auf das „Schweizer Modell“ komme einer Irreführung des Wählers gleich:
Auf das Steuermodell Schweiz kann man sich gerne berufen – die Schweiz erhebt auf Bundesebene einen Spitzensteuersatz von 11,5 Prozent. Gleichzeitig zahlen die Schweizer sehr viel höhere Sozialversicherungsbeiträge als die Deutschen. Das hat in dem helvetischen Nachbarland Deutschlands Tradition. Sich aber nur einen Aspekt des Schweizer Steuersystems heraus zu suchen, die anderen aber zu ignorieren, schrammt an dem Tatbestand der Volksverdummung nur knapp vorbei.“
Scholz will für Grün-Rot-Rot attraktiv bleiben
Deutschland gehöre heute schon zu den Ländern, die im europäischen Vergleich eine unattraktive Steuergesetzgebung aufweisen. Nun komme eine Konjunktureintrübung dazu. Dies werfe die Frage auf:
Wie kann man in einer solchen Situation darauf kommen, den Leistungsträgern, und dazu zählt der gutverdienende Mittelstand, die Steuern erhöhen zu wollen?“
Die Sorge um die Infrastruktur könne es nicht sein, denn trotz der jetzt schon höchsten Steuern sei die Infrastruktur im Digitalen, bei Straßen und Schulen bestenfalls mittelmäßig.
Die aktuellen steuerpolitischen Vorstellungen, die Scholz präsentiert, durchkreuzen seinen soliden bis bürgerlichen Ruf, lautet das Fazit, das Reitz zieht. Er mutmaßt, dass Scholz seine Partei für ein mögliches Linksbündnis attraktiv halten will – auch wenn in diesem die SPD, anders als in der Ära Schröder, nur noch die zweite Geige spielen würde.
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