Nach der Corona-Krise: Italienischer Soziologe rechnet mit „Explosion an Lebensfreude“

Krisen lassen die Gesellschaft enger zusammenrücken, weiß der "Vater der italienischen Soziologie". Man werde aus dieser Phase Kraft schöpfen, ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
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Italiener singen und applaudieren sich gegenseitig Mut zu, um die Corona-Krise gut zu überstehen.Foto: ANDREAS SOLARO/AFP via Getty Images
Von 19. März 2020

Jeder Nacht folgt ein Sonnenaufgang, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Genauso geht auch jede Krise einmal vorüber und bringt neues Licht für all jene, die sie überstanden haben. Das weiß auch der italienische Soziologe Franco Ferrarotti, der mit seinen 93 Jahren sicher mehr als nur eine Krise in seinem Leben überstanden hat. Er glaubt, dass Italien nach Corona eine regelrechte „Explosion an Lebensfreude“ erleben wird. Der derzeitige Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus, so Ferrarotti gegenüber dem ARD-Studio Rom, sei eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft – aber auch eine Chance.

Er rechne mit einer enormen „Wiederkehr von Lebensfreude und Lust am Wiederaufbau“, wie man es sonst nur vom Ende eines Krieges kenne.

Krisen lassen die Gesellschaft enger zusammenrücken, weiß der „Vater der italienischen Soziologie“, wie der Sender ihn nennt. Man werde aus dieser Phase Kraft schöpfen, ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

„Das wird eine grundlegende, positive Erfahrung von Leben sein, gemeinsam die Krise durchzustehen. Für Europa, und, ich würde sagen, für die gesamte Menschheit“, so Ferrarotti.

Die Italiener seien wundervoll im „kollektiven Unglück“, aber „unerträglich, wenn alles gut läuft“, attestiert er seinen Landsleuten. Jetzt hätten sie jedoch die Chance, „die Grenzen ihres extremen Individualismus zu erkennen und den Wert der Solidarität wiederzuentdecken“.

Optimismus so notwendig wie Angst

Gianluca Castelnuovo, einer der bekanntesten Psychologen Italiens, spricht von einem Optimismus, der psychologisch genauso notwendig sei wie die Angst.

„Es ist wichtig, eine gewisse Dosis Angst zu haben. Angst um sich selbst und um die anderen. Also das Bewusstsein, selbst krank werden, aber auch andere, die vielleicht schwächer sind, anstecken zu können. Diese Angst ist notwendig, aber sollte nicht in Panik abgleiten, sondern zu reflektierten, vernünftigen Entscheidungen führen,“ zitiert ihn die ARD.

Die Italiener lassen sich nicht unterkriegen von Covid-19, der Lungenkrankheit, der bis zum 19. März schon fast 3000 Menschen im Land zum Opfer gefallen sind. Im Krieg gegen das Virus haben sie die Musik und den Zusammenhalt als Waffe entdeckt. So sieht man es zumindest in den sozialen Netzwerken. Unter dem Hashtag #andratuttobene (Alles wird gut) soll eine optimistische Grundstimmung im Land hochgehalten werden. Das Motto lautet: Wir lassen uns unsere Zuversicht nicht nehmen, auch wenn das Coronavirus unser Leben umgekrempelt und wir zu Hause bleiben müssen.

Der Franzose Benoit Maylin hofft, dass Frankreich in ähnlicher Weise dem Virus entgegentritt. Er twittert dazu: „Italien singt jeden Abend auf dem Balkon, Spanien öffnet seine Fenster, um seinem medizinischen Personal zu applaudieren ?. Was werden wir Franzosen tun, um dem Coronavirus zu zeigen, dass es uns keinen Maulkorb verpasst?

„Alles wird gut“ sieht man nach Angaben des ARD-Korrespondenten in Rom auch als Slogan auf Zetteln an Wohnungstüren und auf von Kindern bunt bemalten Bettlaken, die über Balkongittern hängen.

Momentan sprechen Experten davon, dass die Krise in Italien im April abklingt. Bis dahin müssen die Italiener in ihren eigenen vier Wänden ausharren und sich gegenseitig Mut zusprechen.

The show must go on.




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