Neugeborene gehören an die Euter – Natürliche Milchviehwirtschaft fristet Nischendasein
Die muttergebundene Kälberaufzucht ist noch nicht vielen bekannt. Grundsätzlich gehen die meisten Konsumenten davon aus, dass neugeborene Kälber immer bei den Müttern zum Säugen gelassen werden.
Doch so ist es nicht! Tatsächlich nehmen sich nur wenige Milchbauern dieser ethischen Herausforderung an. Vorreiter dafür sind unter anderem in Deutschland die „De Öko Melkburen“, in Großbritannien die Milchviehhalterin Fiona Provan, in der Schweiz der „Bolderhof“ und in Österreich der der „Weinkirnhof“.
Hans Möller von „De Öko Melkburen“ meint:
Bei uns bleiben alle Aufzuchtkälber drei Monate lang durchgehend in der Herde bei ihren Müttern. Nach drei Monaten können sich die Kälber selbst ernähren und werden abgesetzt.“
Übliches Verfahren der Milcherzeugung
Die Konsumenten sehen es der Milch nicht an, doch die handelsübliche Herstellung des „weißen Goldes“ ist mit Trennungsschmerz verbunden. Die wenigsten Konsumenten sind sich bewusst, dass ihre Milch aus nicht-kalbfreundlicher Herkunft stammt.
Kommerzielle Milch ist das Ergebnis einer Trennung zwischen Kälbern und ihren Müttern“, erklärte Fiona Provan.
Um konstant Milch zu liefern, müssen Kühe jährliche geschwängert werden. Die durchschnittliche – auf Leistung gezüchtete Milchkuh – gibt täglich 20 bis 35 Liter ab. Ein Kalb kann somit nicht alles an Milch „wegtrinken“. Trotzdem trennen sogar Biobauern in den ersten Tagen die Mutter vom Neugeborenen. Vorteilhaft für Kälber von Bio-Kühen ist, dass Milchaustauscher (Ersatzmuttermilch für Kälber) verboten sind.
In den ersten drei Monaten werden Kälber mit Nuckeleimern aufgezogen oder bestenfalls von Ammen gesäugt. Dieses Verfahren ist lang bewährt, doch für die natürliche Beziehungsentwicklung zwischen Mutter und Kalb sowie für die Eingliederung in eine Herde kontraproduktiv. Für Standard-Milchkühe wird es auch nicht als notwendig gesehen ein Sozialverhalten zu entwickeln.
Diese Tiere werden größtenteils in das Futterautomaten- und Melkrobotersystem eingegliedert. Dafür ist natürliches Sozialverhalten sowie die Grundbefriedigung nach Körperkontakt unnötig. Zukünftig wird alles vom Computer überwacht und gesteuert.
Ob es die Milchmengenerfassung, die Futtergabe oder deren Zusammenstellung ist, alles wird in Zukunft automatisch aufeinander abgestimmt sein. Mit anderen Worten: In der Hochleistungs-Milchviehhaltung ist weder für säugende Muttertiere noch für komplexe Sozialdynamiken Platz.
Wenn Kuh und Kalb beisammen bleiben
Die muttergebundene Kälberaufzucht erfordert zwar einiges an Umstellungen, doch lohnend ist dies alle mal. Diese Zusammenarbeit fördert unter anderem die Entwicklung unterschiedlicher Systeme.
So kann es beispielsweise sein, dass Kälber an Müttern oder an Ammen säugen und sich kurzes Treffen zwischen Kühen und Kälbern auftuen oder auch ein längere Zusammentreffen stattfinden – je nach Bedürfnis der Tiere. Wann Kälber saugen, ob vor oder nach dem Melken, ergibt sich ebenfalls je nach Bedürfnis der Tiere.
Kühe sind hingebungsvolle Mütter, deren Mutter-Kalb-Beziehung besonders fest ist. So rufen Mutterkühe nach der Trennung fanatisch nach ihren Babies und suchen diese überall.
Dieser Stress bleibt den Tieren von muttergebundener Kälberaufzucht erspart. Darüber hinaus wird der Konsument verschont, die in die Milch eingeflossenen Stresshormonen zu trinken. Fiona Provan hierzu auf ihrer Homepage:
Wenn Sie Milch von unseren Kühen trinken, trinken Sie keine Milch von einem depressiven trauernden Tier, dem das Baby weggenommen wurde“.
Die meisten Tiere dieser Milchgewinnungsvariante werden zusätzlich auf natürliche Weise ernährt. Das bedeutet: kein Getreide, kein Soja, kein genetisch verändertes Futtermittel – nur reines Weidenfutter aus 100% Gras. So entsteht ein qualitativ hochwertiges Lebensmittel.
Derzeit ist die artgerechte Milcherzeugung eher ein Nischenprodukt für ein in Tierschutzfragen sensitives Klientel. Ob daraus ein Trend wird, hängt wohl mit dem Bewusstsein der Konsumenten von Milchprodukten zusammen. Das die konventionelle Milchviehwirtschaft aus sich selbst etwas ändert – ohne ein verändertes Kaufverhalten der Endverbraucher – ist unwahrscheinlich.
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