Wale schwimmen für eine glatte Haut wie Zugvögel durch die Ozeane

Bereits vor über einem Jahrhundert erkannten Walfänger, dass die meisten Wale zum Kalben tausende Kilometer in die Tropen wandern. Studien belegen jedoch die erfolgreiche Geburt in polaren Gewässern - und dass Wale während ihrer Reise oft fasten müssen. Warum sich also die Mühe machen?
Titelbild
Killerwale in der Antarktis zeigen oft eine gelbe Färbung aufgrund von Kieselalgen auf ihrer Haut. Für die Hautpflege schwimmen sie in wärmere Gewässer.Foto: SR3/NOAA Fischerei
Von 26. Februar 2020

Wale unternehmen einige der längsten Wanderungen auf der Erde und schwimmen oft viele tausend Kilometer, über viele Monate hinweg, um sich in den Tropen fortzupflanzen. Die Frage ist, warum – ist es, um Nahrung zu finden oder um zu gebären?

Wissenschaftler vermuten, dass Wale, die in polaren Gewässern nach Nahrung suchen, in niedrige Breitengrade wandern, um eine gesunde Haut zu erhalten. Erstmals bei Killerwalen beobachtet, könnte die Hautpflege die extreme Wanderung aller Wale, die in kalten Gewässern auf Nahrungssuche gehen, erklären. Hintergründe und Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in „Marine Mammal Science“.

Warmes Wasser beschleunigt die Häutung der Wale

Bereist vor über einem Jahrhundert erkannten Walfänger, dass die meisten Wale, die in hohen Breitengraden nach Futter suchen, zum Kalben in die Tropen wandern. Wissenschaftler konnten sich nie darüber einigen, warum. Aufgrund ihrer Größe sollten Wale in der Lage sein, auch in eisigen Gewässern erfolgreich zu gebären. Aufgrund des reduzierten Nahrungsmittelangebots in den Tropen fasten die meisten Wale während ihrer monatelangen Wanderungen.

Warum sich also die Mühe machen?

„Ich glaube, die Menschen haben die Hautabschilferung bei Walen nicht gebührend berücksichtigt, aber es ist ein wichtiges physiologisches Bedürfnis, das […] in wärmeren Gewässern befriedigt werden könnte“, sagte Robert Pitman, Hauptautor der neuen Studie und Meeresökologe am Institut für Meeressäuger der Oregon State University.

„Grundsätzlich ist die Fütterung in reichen antarktischen Gewässern so gut, dass der relativ kleine, warmblütige Killerwal ein bemerkenswertes Wanderverhalten entwickelt hat. Dies ermöglicht ihm, diese Ressourcen zu nutzen und trotzdem eine gesunde Hautfunktion zu erhalten“, ergänzte John Durban, Koautor der Studie.

Alle Vögel und Säugetiere verlieren regelmäßig ihre Haut, ihr Fell oder ihre Federn. Dieser Prozess ist als Häutung oder Mauser bekannt. Pitman und seine Koautoren glauben, dass Wale, die in den eiskalten Gewässern der Antarktis auf Nahrungssuche gehen, ihre Körperwärme erhalten, indem sie den Blutfluss von ihrer Haut wegleiten. Das würde die Regeneration der Hautzellen verringern und das normale Abschälen der Haut stoppen.

Die Wanderung in wärmeres Wasser ermöglicht es den Walen, ihren Hautstoffwechsel wiederzubeleben und sich in einer Umgebung zu häuten, die ihnen die Körperwärme nicht entzieht.

In 160 Tagen um die Welt

Im Laufe von acht Jahren haben die Wissenschaftler 62 Killerwalen verfolgt. Sie stellten fest, dass alle vier Arten, die sich in den eisigen Gewässern der Antarktis ernähren, bis zu 11.000 Kilometer hin und zurück wanderten.

Die meisten Wanderungen verliefen schnell, ohne Unterbrechung und größtenteils geradewegs. Ein Wal schloss sogar zwei solcher Wanderungen in fünfeinhalb Monaten ab. Die Forscher fotografierten zudem neugeborene Killerwalkälber in der Antarktis. Sie belegen, dass Wale zum Gebären nicht in wärmere Gewässer wandern müssen.

Wale schwimmen bis zu 11.000 Kilometer während einer Wanderung.

Ein in der Nähe der antarktischen Halbinsel markierter Killerwal wanderte nach Norden in wärmere Gewässer. Binnen nur 39 Tagen kehrte er in dasselbe Gebiet zurück. Foto: NOAA Fischerei/Marinesäugetierforschung

Die Forscher kamen daher zu dem Ergebnis, dass Wale nicht zum Kalben in die Tropen wandern, sondern viel mehr um sich zu mausern – und zufälligerweise in denselben wärmeren Gewässern gebären.

„Anstatt dass die Wale zum Kalben in die Tropen oder Subtropen wandern, könnten die Wale zur Hautpflege in warme Gewässer reisen und dort vielleicht ihre Kälber zur Welt bringen“, so die Wissenschaftler. Das warme Wasser beschleunigt zudem das Wachstum der Kälber in einer Umgebung mit viel weniger Fressfeinden.

Die Eingeborenen wusste es schon lange

In einem anderen Beispiel sind die Beluga-Wale in der Arktis dafür bekannt, dass sie sich im Sommer in Flussmündungen sammeln. Das Wasser dort ist wärmer, frischer und flacher als ihr typischer Lebensraum. Zunächst nahmen die Wissenschaftler an, dass sie sich dort versammelten, um zu gebären, und dass die wärmeren Temperaturen das Überleben der Kälber begünstigten.

Es stellte sich heraus, dass auch Belugas nicht in den Flussmündungen kalben oder sich dort ernähren, sondern dorthin gehen, um sich zu häuten. In einer früheren Studie wies ein Inuit-Jäger darauf hin, dass „Belugas in die Flüsse gehen, um sich dort zu wärmen. Und wie Robben häuten sie ihre Felle. Sie häuten sich im warmen Wasser.“

Ähnlich wie der Mensch verlieren Wale und Delfine normalerweise kontinuierlich äußere Hautzellen. Wissenschaftler beobachteten, dass Wale in eisigen antarktischen Gewässern oft durch einen dicken gelben Film mikroskopisch kleiner Kieselalgen verfärbt sind. Dies deutete darauf hin, dass sie nicht ihre normale, „selbstreinigende“ Hautfärbung erlebten.

Frühe Walfänger bezeichneten Blauwale mit einer dicken Schicht von Kieselalgen auf ihren weißen Bäuchen als „Schwefelgrund“. Sie nahmen auch an, dass Wale ohne Kieselalgenbelag wahrscheinlich neuere Ankömmlinge aus den Tropen seien. Wenn Wale sich häuten, werfen sie auch die Kieselalgen ab – und alle potenziell schädliche Bakterien darauf.

Der jährliche (im Gegensatz zum kontinuierlichen) Häutungszyklus der Beluga galt lange Zeit als einzigartig unter den Walen. Aber wenn die Wale zur Häutung in die Tropen ziehen, könnte sich der jährliche Zyklus „als die Regel unter allen Walen in den hohen Breitengraden erweisen“, so die Autoren.

(Mit Material der Nationalen Ozeanischen und Atmosphärischen Verwaltung (NOAA))



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