Dänemark: Tausende Knochen von Germanen entdeckt – und es waren nicht die Römer

Schnittwunden, Bissspuren und abgetrennte Beckenknochen: Forscher haben bei Ausgrabungen in Dänemark neue Erkenntnisse über eine Schlacht vor 2000 Jahren gewonnen. Tausende Knochen von germanischen Kriegern wurden dort gefunden und analysiert. 
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Woher die Toten stammen und gegen wen sie kämpften, beibt vorerst ungeklärt.Foto: iStock
Epoch Times24. Mai 2018

Schnittwunden, Bissspuren und abgetrennte Beckenknochen: Forscher haben bei Ausgrabungen in Alken Enge auf Jütland (Dänemark) neue Erkenntnisse über eine Schlacht vor etwa 2000 Jahren gewonnen. In einem 75 ha großen Sumpfgebiet entdeckten die Forscher die Knochen von mindestens 80 Personen, sowie Teile der militärischen Ausrüstung.

Vor einer Woche veröffentlichten die Forscher ihre aktuelle Studie in der Fachzeitschrift „Pnas“, die darauf hindeutet, dass überwiegend junge männliche Erwachsene in einem einzigen Ereignis im frühen ersten Jahrhundert nach Christus starben.

2.095 Knochen auf 75 Hektar Sumpfgebiet

Die Sumpfgebiete von Alken Enge erstrecken sich über 75 ha und sind ein Teil des Illerup-Tals, dass den Forschern bereits durch eine Reihe von rituellen Niederlegungen bekannt ist. Pollenaufzeichnungen aus Ostjütland deuten darauf hin, dass die Landschaft vor 2000 Jahren durch Wiesen sowie verstreute Laubwälder und Haine geprägt war.

Bereits in den Jahren 1957 bis 1960 wurden an zwei Orten vereinzelt menschlichen Knochen und Artefakten entdeckt. Neuere Ausgrabungen folgten in den Jahren 2009 sowie 2012 bis 2014. Die Archäologen konzentrierten sich dabei nur auf das Gebiet mit der höchsten Funddichte.

Die Ausgrabungen deckten dabei insgesamt 2.095 neue menschliche Knochen und Knochenfragmente auf. Forscher vermuten jedoch, dass sich in diesem Gebiet die sterblichen Überreste von etwa 380 Kriegern befinden. Die Funde wurden in einem relativ ruhigen Wasser, bis zu einer Tiefe von 2 Meter abgelagert.

Beschädigte Kriegswaffen und aufgespießte Beckenknochen

Im Vergleich zu der Masse an Menschenknochen konnte nur wenige Artefakte ausgegraben werden. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Waffen, wie Speerspitzen, Äxte, die Fragmente von Schwertern sowie Schilden und eine Holzkeule. Eher selten fanden sich Tierknochen, Teile von Wagen oder Keramik. Metallurgische Analysen weisen zudem auf eine lokale Herkunft der Metallartefakte hin.

Bereits bei der Freilegung der Funde zeichneten sich teils ungewöhnliche Knochenanhäufungen ab: So entdeckten die Forscher unter anderem vier auf Erlenzweigen aufgespießte Beckenknochen. Es wird vermutet, dass die Anordnung der Knochen auf dem Ast nach der Skelettierung erfolgt sein muss.

Mehr als 80 Männer fielen in einem brutalen Kampf

Die mehr als 2.000 menschlichen Knochen und Knochenfragmente stammen von mindestens 82 Individuen, basierend auf dem am häufigsten vorkommenden Knochen, dem linken Oberschenkelknochen. Vor allem die Knochen von Extremitäten sind vorhanden, während kleinere Hand- oder Fußknochen stark unterrepräsentiert sind. Zudem sind nur 14 Schädel vollständig.

Weiterhin stellten die Forscher fest, dass überwiegend Männer in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren unter den Toten sind. Dagegen sind Männer unter 20 und über 40 Jahren eher selten. An ihren Knochen fanden sich Spuren von schweren Traumata an Rippen, Schlüsselbein, Schädeln und den Extremitäten.

Diese spiegeln wahrscheinlich Verletzungen im Kampf wider, bei denen spitze Waffen verwendet wurden, die das Weichgewebe stärker schädigen als die Knochen. Dieses Muster steht laut den Forschern im Einklang mit den Waffen und der Kampftechnik der germanischen Stämme in den Jahrhunderten um die Jahrtausendwende.

Insbesondere die Verletzungen an der Rückseite der Oberschenkelknochen können eine letzte Phase im Kampf hinweisen, bei der die Tötung von fliehenden, unterworfenen und verwundeten Kämpfern vorgenommen wurde.

Angenagt, zerstückelt und entfleischt

Doch nicht alle Verletzungen stammen aus dem Kampf: Stattdessen fanden sich Hinweise, dass die menschlichen Überreste gezielt bearbeitet wurden. So wurden die Knochen entfleischt oder zeigen Anzeichen von der Trennung von Körperteilen.

Weiterhin entdeckten die Wissenschaftler an den Knochen eine große Anzahl von Bissspuren, die von Raubtieren wie Wölfen, Füchsen und Hunden stammen. Die Erhaltungsbedingungen und die Bissspuren deuten darauf hin, dass die Leichen für 6 bis 12 Monate der Natur ausgesetzt waren.

„Barbaren gegen Barbaren“

Woher die Toten stammen und gegen wen sie kämpften, konnten die Forscher bislang noch nicht konkret klären. Das Team fand keine Beweise für eine direkte römische Beteiligung an dieser Schlacht, wie anderen Quellen verlauten lassen. Stattdessen spricht vieles für eine Begegnung von „barbarian-on-barbarian“ – Barbaren gegen Barbaren.

„Die Verletzungen entsprechen dem, was wir von einer Begegnung mit einer gut ausgerüsteten germanischen Armee erwarten würden“, sagt Mads Holst, Hauptautor der Studie, zu National Geographic.

Fest steht jedoch, dass die Toten laut demografischen Berechnungen der Forscher zu einer Bevölkerung von mehr als 380 Personen gehörten. Diese geschätzte Bevölkerungszahl übertrifft somit deutlich das Ausmaß jeder bekannten eisenzeitlichen Dorfgemeinschaft. Die Forscher gehen davon aus, dass die Männer demnach aus einem großen Gebiet rekrutiert wurden. (ls)

Den Link zur PDF der Studie finden Sie hier (Englisch): Direct evidence of a large Northern European Roman period martial event and post-battle corpse manipulation



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