Vergessene Pergamente über König Artus und Merlin in britischer Bibliothek entdeckt

"Dieser Teil der Geschichte von Merlin ist ein wunderbar spannender Fund. Außerdem wird er ebenso Auswirkungen auf andere verwandte und spätere Texte haben, die unser modernes Verständnis der Arthurianischen Legende geprägt haben", sagte Dr. Leah Tether, Literaturwissenschaftlerin an der Universität Bristol.
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Zufallsfund: Sieben bislang unbekannte Pergamente über König Artus und Merlin in Bristol entdeckt.Foto: University of Bristol
Epoch Times17. Februar 2019

Der Bibliothekar war nicht in einen magischen Bann gefallen, aber er fühlte sich trotzdem verzaubert, als er unerwartet sieben handgeschriebene Pergamente entdeckte. Sie beschreiben die legendären Abenteuer von Zauberer Merlin und König Artus. Seit Jahren lagen die Dokumente versteckt in der University of Bristol in England.

Verwahrt in einem Buch aus dem 16. Jahrhundert

In einer Erklärung gab Michael Richardson, Bibliothekar der Sondersammlung Bristol, bekannt, dass er die Pergamente in einem Buch aus dem 16. Jahrhundert fand. Eigentliche suchte er Materialien für Studenten, die historische Dokumente aus dem Mittelalter benötigten, als er auf die Dokumente stieß.

Die Pergamente waren in einer vierbändigen Ausgabe der Schriften des französischen Gelehrten und Reformers Jean Gerson (1363-1429) gebunden. Als Richardson mehrere arthurianische Namen erkannte, kontaktierte er seine Kollegen, um den Text zu entschlüsseln.

Leah Tether (links) und ihre Kollegen mit den neu entdeckten Pergamenten. Foto: University of Bristol

Nun möchte das Team herausfinden, wie die Fragmente in die Gerson-Bänden gelangten. Sie planen auch, den Text in einer neuen Publikation vollständig vom Altfranzösischen ins Moderne Englisch zu übersetzen. Sie wollen so die Geschichte der Schrift erklären.

„Dieser Teil der Geschichte von Merlin ist ein wunderbar spannender Fund, der Auswirkungen auf das Studium der neu entdeckten Texte haben wird. Außerdem wird er ebenso Auswirkungen auf andere verwandte und spätere Texte haben, die unser modernes Verständnis der Arthurianischen Legende geprägt haben“, sagte Leah Tether, Literaturwissenschaftlerin an der Universität von Bristol, in der Erklärung.

Eine lose Blattsammlung auf dem Weg nach England

Die Bücher, die die sieben neuen Fragmente enthalten, wurden zwischen 1494 und 1502 in Straßburg gedruckt. Irgendwann machten sich diese Bücher, wahrscheinlich ungebunden, auf den Weg nach England. Der Stil der Bindung deutet darauf hin, dass sie hier im frühen 16. Jahrhundert zum ersten Mal gebunden wurden.

An dieser Stelle dürften die Manuskriptfragmente in der Buchbinderei unter einer Auswahl von „Abfallstoffen“ gelegen haben. Diese wurden in der Zeit häufig in Bindungen verwendet. Das Pergament wurde auf diese Weise recycelt, da es ein sehr teures Material war. Man hatte nicht immer das Geld, brandneue saubere Blätter für Bindungen zu verwenden.

Ein Pergament mit dem Namen Merlin. Foto: University of Bristol

Die Beschädigung der Blätter deuten zudem darauf hin, dass die Pergamente in die Bindung des Vorsatzes verarbeitet waren. Die Bücher scheinen dann zu einem späteren Zeitpunkt in ihre aktuelle Form zurückgeführt worden zu sein. Dabei wurden die eingeklebten Teile „angehoben“ und zu Zwischenblättern verarbeitet.

Dr. Tether fügte hinzu: „Wir haben den Verdacht, dass es einmal ein achtes Blatt gab. Wir glauben, dass der Prozess des Anhebens der eingeklebten Blätter dazu führte, dass ein Blatt irreparabel beschädigt wurde. Am Ende hat man es einfach entsorgt. Die anderen Blätter haben ebenso erhebliche Schäden durch den gleichen Prozess davongetragen.“

Dokumente aus dem späten 15. Jahrhundert

Weiterhin stellte Dr Tether fest, dass diese sieben Fragmente Teil einer altfranzösischen Textfolge sind, die als „Vulgatzyklus“ oder „Lancelot-Grail-Zyklus“ bezeichnet wird. Die Textfolge geht auf das 13. Jahrhundert zurück.

Sir Thomas Malory (1415-1471) nutzte wahrscheinlich Teile dieses Erzählzyklus als Quelle für seinen 1485 erstmals veröffentlichten „Le Morte d’Arthur“. Malorys Text ist die Quelle für viele der modernen Nacherzählungen der englischen Artus-Legende.

Die Geschichten in den Bristol-Fragmenten sind jedoch nicht genau dasselbe wie die traditionellen Erzählungen über König Artus. Die neu entdeckten Fragmente enthalten „subtile, aber signifikante Unterschiede“, so Tether.

„Zeit und Forschung werden enthüllen, welche weiteren Geheimnisse diese Fragmente über die Legenden von Artus, Merlin und den Heiligen Gral enthalten“, sagte sie weiter.

Was enthalten die Pergamente?

Der überlieferte Teil ist bekannt als die Erzählung „Estoire de Merlin“. In diesem Teil der Geschichte bereiten sich Artus, Merlin, Gawain und andere Ritter, darunter König Ban und König Bohors, auf den Kampf in Trèbes, Frankreich, gegen den fiktiven fränkischen König Claudas und seine Anhänger vor.

Merlin plant den Angriff sorgfältig, aber die Schlacht ist hart, so eine lange Beschreibung in der Geschichte. Artus Streitkräfte schwanken, bis Merlin sie auffordert, Feigheit zu vermeiden und sie zurück in den Raubzug zu führen. Merlin führt den Angriff sogar mit einem feuerspeienden Drachen an. Schließlich siegen Artus‘ Truppen, und die Könige Artus, Ban und Bohors erobern zusammen mit den anderen Rittern die Burg von Trèbes.

Das Gemälde „‚Idylls of the King“ von Gustave Dore zeigt König Artus und seine Frau Guinevere. Foto: Hulton Archive/Getty Images

Bisher haben die Forscher in den neu entdeckten Text nur wenige Details gefunden, die sich von den traditionellen Erzählungen unterscheiden. Zum Beispiel wurde König Claudas in der traditionellen Version am Oberschenkel verwundet, aber die Fragmente sagen nicht wo. Dies könnte zu unterschiedlichen Interpretationen des Gesamttextes führen, da einige Wissenschaftler eine Oberschenkelwunde als Metapher für Impotenz oder Kastration betrachten.

„Es gibt noch viel weitere Unterschiede, aber wegen der Beschädigung der Fragmente brauchen wir viel Zeit, ihren Inhalt richtig zu entschlüsseln. Vielleicht ist sogar der Einsatz von Infrarot-Technologie erforderlich“, sagte Dr. Tether. „Wir sind alle sehr gespannt, mehr über die Fragmente zu erfahren und welche neuen Informationen sie enthalten könnten.“



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