Faeser: „Bestimmte junge Männer mit Migrationshintergrund begehen Gewalttaten und verachten unseren Staat“

Handelt es sich hier tatsächlich um eine 180-Grad-Wende in der Zuwanderungspolitik? Die massiven Gewalttaten Silvester 2015/16 in Köln haben jedenfalls die umfangreichen Einwanderungspläne der Ampelregierung sieben Jahre später nicht beeinflusst. Eine Analyse.
Feuerwehrmänner löschen an der Berliner Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden ist.
Feuerwehrmänner löschen an der Berliner Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden ist.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 5. Januar 2023

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht vier Tage nach den bundesweiten Ausschreitungen an Silvester gegenüber der Funke-Mediengruppe von einer gescheiterten Integration von Migranten:

„Wir haben in deutschen Großstädten ein großes Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund, die unseren Staat verachten, Gewalttaten begehen und mit Bildungs- und Integrationsprogrammen kaum erreicht werden.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte 2011 schon einmal die Integration für gescheitert erklärt, ihre Einwanderungspolitik ging dann allerdings ab 2015 in eine ganz andere Richtung.

Was bei Nancy Faeser wie eine 180-Grad-Wende wirkt, muss demnach nicht automatisch heißen, dass die Ampel-Regierung jetzt dieses dickgeschnürte Paket von Einwanderungserleichterungen und einer Politik der offenen Grenzen zurückfährt. Die Silvester-Exzesse haben eine jahrelange, – wenn nicht Jahrzehnte alte – Vorgeschichte.

In der Silvesternacht 2022/23 kam es in vielen deutschen Städten zu Ausschreitungen junger Männer gegen Polizei und Rettungskräfte. Vielfach sind es die Täter selbst, die diese Angriffe in kurzen Handy-Videos aufnehmen, Hunderte kurze, teils verwackelte Clips, die in den sozialen Medien veröffentlicht wurden.

Die so generierten Bilder erinnern hier nicht zufällig an die Ausschreitungen in Paris, in Brüssel und anderswo im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 und hier speziell dem überraschenden Weiterkommen der marokkanischen Fußballelf.

Aus Freudenfeiern über Siege des Underdogs wurden schnell Gewaltexzesse gegen die Staatsmacht jener EU-Länder, in denen Migranten aus Nordafrika und von anderswoher heimisch geworden sind.

„Die ganze Querdenkerszene und diese ganzen Irren, die da rumlaufen …“

Güner Balci, seit zwei Jahren Integrationsbeauftragte von Berlin-Neukölln, sagt gegenüber Deutschlandfunk, man müsse „die Dinge mal runterbrechen auf die Realität der Menschen“, sonst wäre es ein „Aneinander vorbeireden“.

Frau Balci gegenüber dem Radiosender: „Wenn ich dann so höre, dass es ein Migrationsproblem ist schlechthin, da dreht sich bei mir echt der Magen um und da fallen mir sofort wieder die Bilder ein von Menschen ohne jeglichen sichtbaren Migrationshintergrund, die es einfach mal schaffen, ’ne Bundeskanzlerin übelst verbal zu beleidigen, wenn sie es wagt, eine Nähe zu Leuten zu suchen. Wenn man sich alleine vorstellt, die ganze Querdenkerszene und diese ganzen Irren, die da rumlaufen, die permanent sehr unangenehm und asozial auffallen, da würde auch kein Mensch auf die Idee kommen und sagen, das ist ein Migrationsproblem.“

Frau Balci spricht im Interview von „kleinen dreizehnjährigen Jungs“, die mit Böllern Autos in Brand setzen. Die Handyaufnahmen in den sozialen Netzwerken zeigen demgegenüber vielfach bärtige ausgewachsene Männer, Dreizehnjährige sind hier eher die Ausnahme.

Das würde im Übrigen auch nicht zusammenpassen, beispielsweise mit der Forderung des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius, der einen Führerscheinentzug für die Silvesterrandalierer zur Diskussion stellte und der von seinen Polizeien eine Schilderung der Lage vor Ort abrufen kann beziehungsweise vorgelegt bekommen haben wird.

Auch in Niedersachsen meldete die Polizei aus der Silvesternacht gleich eine ganze Reihe von Straftaten inklusive gefährlicher Körperverletzungen, Sachbeschädigungen an Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen, tätliche Angriffe auf Einsatzkräfte, Landfriedensbruch bis hin zu Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Vom Landesinnenminister Pistorius hinüber zur Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Die Sozialdemokraten zeigen sich überrascht und schockiert von den massiven Ausschreitungen.

Nancy Faeser brauchte vier Tage, um sich ein Bild darüber zu machen, was an Silvester tatsächlich geschah. Das erinnert an die Ausschreitungen der Silvesternacht 2015/16, als Tausende vorwiegend junge muslimische Männer aus Nordafrika – die Polizei sprach von „Nordafrikanischen Intensivtätern“ (im Polizeijargon „Nafris“), die auf der Kölner Domplatte vorwiegend einheimische Frauen belästigten, beklauten und vergewaltigten.

Mit dem Ergebnis, dass anschließend 1.200 Anzeigen gegen Unbekannt bei der Polizei eingingen. Es dauerte Tage, bis die massiven Vorfälle bekannt wurden. Die Polizei war damals vollkommen überfordert, hatte sich teilweise vor dem Mob zurückgezogen und die Frauen dem kriminellen Zugriff der Täter überlassen.

Die Zäsur: Silvester 2015/16 auf der Kölner Domplatte

Laut Berliner Morgenpost war die Silvesternacht 2015/16 eine Art Zäsur. Die Zeitung titelte Ende 2020 zu den Ereignissen: „Köln 2015: Die Silvesternacht, die alles veränderte.“

Angela Merkel wurde 2015 von einigen Zuwanderern „Mutter Merkel“ genannt. Doch auch die Bundeskanzlerin nannte die Taten von Köln „widerwärtig“ und rief nach einer „harten Antwort des Rechtsstaates“.

Die Morgenpost fasste später ernüchternd zusammen, wie sehr die auf der Kölner Domplatte für Raub, sexuelle Belästigung und Vergewaltigung verantwortlichen Migranten diese harten Antworten zu spüren bekamen: „Am wenigsten für die Täter.“

Nancy Faesers plötzliche Empörung von Anfang 2023 gibt einen Hinweis darauf, wie vergesslich Politik und Medien sein können. Diese bedrohliche Entwicklung in Wohnvierteln der Migranten, den „Problemkiezen“, wie sie die Integrationsbeauftragte von Berlin-Neukölln nennt, ist keineswegs ein neues Phänomen, die Polizei spricht landesweit von der Gefahr sogenannter „No-go-Areas“, Viertel, in die sich die Beamten nur noch in Mannschaftsstärke hineintrauen.

Zustände, die in Paris, Brüssel, Neapel oder Marseille schon vor Jahrzehnten thematisiert wurden. Aber auch Berlin, Frankfurt und weitere deutsche Großstädte kennen diese Probleme schon etwas länger als etwa Braunschweig oder Bielefeld.

In der Kölner Silvesternacht 2015/16 entstanden mit Handys 1.700 Stunden Videos, wie die Morgenpost errechnete. Diese wurden von den Tätern vielfach selbst ins Netz gestellt, um mutmaßlich Landleuten überall in Europa und in den Herkunftsländern zu demonstrieren, was in Deutschland alles geht und wie man hierzulande mit der Polizei umgehen kann, ohne mit ernstzunehmender Strafverfolgung rechnen zu müssen.

Der Hass auf die Polizei und das System an sich ist hier der tragende Gedanke – übrigens einer, der mitunter im Rahmen von Integrationsmaßnahmen noch staatlich gefördert wird, wie die Welt über Textinhalte von Gangster-Rappern vergangenen September titelte: „Polizistenhass – vom Bund gefördert?“

Das alles weiß Nancy Faeser, als Bundesinnenministerin liegen ihr potenziell alle Informationen der Polizeien und Dienste exklusiv vor.

Rechtsextremismus und Silvester ist schwer zusammenzubringen

Ministerin Faeser hat sich jetzt korrigiert. Und damit könnte man jetzt ein fundamentales Versäumnis der Innenpolitik der Ampel identifizieren: Mit dem Fokus auf Rechtsextremismus hat Nancy Faeser bekannte Problematiken wie Integrationsverweigerung und Migrationskriminalität links liegen lassen.

Faeser stellte Mitte März 2022 einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vor. Gerade angesichts der Bedrohung des Friedens in Europa durch den Angriff auf die Ukraine „müssen wir den inneren Frieden in unserem Land stärken“, sagte die SPD-Politikerin auf einer Pressekonferenz.

Flankiert wurden Faesers Aussagen damals von Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang

Wir sehen, dass sich Rechtsextremisten über Konzerte, Festivals, Musikprodukte, Kampfsportveranstaltungen, E-Commerce, Szenebekleidung, Merchandising gewaltige Einnahmen verschaffen“.

Dass das in nicht unerheblichem Maße auch für Rap-Musik aus der Migrantenszene gilt, blieb damals vollkommen unerwähnt.

In Abwandlung eines Zitates von Max Frisch aus dem Jahr 1967 könnte man heute formulieren: „Man hat Facharbeiter gerufen, und es kamen auch junge Männer mit hohem Gewaltpotenzial.“

Die Ampelregierung und hier insbesondere das Innen-, Justiz- und Familienministerium haben schon von Beginn der Legislaturperiode an auf vielfältige Art und Weise Migration nach Deutschland angeschoben und erleichtert bis dahingehend, dass eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) neuerdings subventioniert werden für eine enge Zusammenarbeit in der sogenannten Seenotrettung oder beispielsweise bei der Auswahl solcher als „Ortskräfte“ bezeichneten Migranten, die weiterhin zu Tausenden über Luftbrücken nach Deutschland eingeflogen werden.

Die Merkel-Regierung hatte über Jahre hinweg Kriminalitätsstatistiken auf Pressekonferenzen auf eine Weise verharmlosend interpretiert, die vielfach bei genauerer Analyse der viele Hundert Seiten langen Berichte ein viel kritischeres Bild der eingewanderten Kriminalität in Deliktfeldern wie schwere Körperverletzung, Raub und sexueller Gewalt ergaben.

Aktuelle Meldungen aus dem Bundesinnenministerium ergeben jetzt aber ein ganz anderes Bild der Haltung der amtierenden Ministerin. Angekündigt wurde aktuell eine „detaillierte Bilanz (…) samt aufgeschlüsselter Angaben zur Nationalität der Tatverdächtigen“.

Ungeklärt ist bisher, ob Tatverdächtige mit deutschem Pass auch hinsichtlich ihres Migrationshintergrundes aufgeschlüsselt werden. Hier spielen in Zukunft möglicherweise die Erleichterungen bei den Einbürgerungen eine nicht unwesentliche Rolle.

Was die Ministerin gestern äußerte, liest sich wie aus dem AfD-Parteiprogramm:

„Wir müssen gewaltbereiten Integrationsverweigerern in unseren Städten klar die Grenzen aufzeigen: mit harter Hand und klarer Sprache, – aber ohne rassistische Ressentiments zu schüren.“ Die Polizei müsse „sehr konsequent in Brennpunkte hineingehen“, sagte Faeser. „Junge Gewalttäter müssen schnelle und deutliche strafrechtliche Konsequenzen spüren“.

Und die AfD lacht sich ins Fäustchen …

Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun, unter anderem Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion für Menschenrechte, kann seinen Triumph gegenüber Epoch Times kaum verbergen:

„Ausgerechnet die Antifa-nahe Innenministerin Faeser übernimmt hier klare AfD-Forderungen. Erstaunlich, dass sie seit Silvester 2015 in Köln sieben Jahre brauchte, die Realität zur Kenntnis zu nehmen und entsprechende Forderungen zu stellen.  Als Christ bin ich allerdings der Meinung, dass es für eine Umkehr nie zu spät ist. Frau Faser kann ja dann gerne den nächsten Anträgen der AfD zur Inneren Sicherheit nicht nur zustimmen, sondern diese auch umsetzen.“

Gestern teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit, dass man gerade „Zahlen und Erkenntnisse“ aus den Bundesländern zusammentrage, um einen Gesamtüberblick zu bekommen. Ergebnisse dazu sollen schon in den kommenden Tagen präsentiert werden, inklusive Informationen zu Taten und Tatorten und „natürlich auch eine Differenzierung nach dem Hintergrund und den Nationalitäten der Tatverdächtigen“.

So ganz „natürlich“ ist das allerdings nicht. Denn seit Jahren wird darüber diskutiert und teilweise wird es längst praktiziert, Hintergründe zu Tatverdächtigen, insbesondere was deren Herkunft angeht, nicht mehr öffentlich zu machen.

Der Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt beispielsweise spricht im Zusammenhang mit neuen Sprachregelungen für die Berliner Polizei von einer „Verschleierung der Realität“, wenn zukünftig statt „südländisch“ der Begriff „westasiatisch“ verwendet werden soll.

Laut einem Sprecher aus dem Bundesinnenministerium wird sich in wenigen Tagen bereits zeigen, wie Nancy Faeser jene Gruppen von Tatverdächtigen zu umschreiben gedenkt. Darüber hinaus wird dann zu sehen sein, was beispielsweise aus Gründen eines behaupteten „Racial Profilings“ nicht genannt werden soll und wie in dieser unübersichtlichen Gemengelage der Begrifflichkeiten eine notwendige Aufklärung der Bevölkerung erreicht werden kann.



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