„Ich konnte nicht einfach schweigen“

Von 7. März 2022

Er ist ein renommierter Wissenschaftler mit Rückgrat: In Zeiten der Corona-Pandemie trotz Anfeindungen zu seinen Erkenntnissen zu stehen, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen und Rückschläge einzustecken, stehen für Martin Kulldorff außer Frage: „Ich konnte nicht einfach schweigen“, sagt er. Seine scheinbare Furchtlosigkeit kostete ihn kürzlich den Job an einer bekannten US-Universität. Er fordert, Verständnis für diejenigen, die Angst vor dem Virus haben, und sich gegenseitig dabei zu helfen, die Wunden zu heilen.

Der bekannte Epidemiologe und Statistiker arbeitet seit zwei Jahrzehnten an der Erkennung und Überwachung von Ausbrüchen von Infektionskrankheiten. Seine Methoden werden weltweit eingesetzt. In den USA werden sie von fast allen staatlichen und Bundesbehörden im Gesundheitsbereich, so auch von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) verwendet.

Kulldorff hat sich auch jahrzehntelang mit der Sicherheit von Impfstoffen befasst und Methoden zur Überwachung von Nebenwirkungen bei neuen Impfstoffen entwickelt, die weltweit angewendet werden. Seine Vita auf der Website der US-Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde (FDA) ist 45 Seiten lang und enthält eine Liste von 201 in Fachzeitschriften veröffentlichten und von Experten begutachteten Artikeln. Seine Arbeiten wurden mehr als 27.000 Mal zitiert.

Seit 2003 arbeitete Kulldorff an der Harvard Medical School, der drittältesten medizinischen Fakultät der Vereinigten Staaten und eine der führenden medizinischen Fakultäten der Welt. Zunächst war er dort außerordentlicher Professor für Bevölkerungsmedizin, später Professor für Medizin. Jedoch: Im November 2021 trennten sich die Wege beider abrupt.

Die Gründe für das Auseinandergehen möchte er nicht nennen. Vielleicht wurde ihm aber zum Verhängnis, dass er schon früh dem allgemeinen Pandemie-Narrativ widersprach und an seinen Überzeugungen festhielt.

„Aus irgendeinem Grund wurde ein offizielles Narrativ etabliert, das man nicht infrage stellen durfte. – Das ist natürlich sehr schädlich, sowohl für die Pandemie als auch für den Umgang mit der Pandemie. Man muss eine lebhafte Diskussion führen, um herauszufinden, wie man am besten mit ihr umgeht“, sagt er im Gespräch mit der Epoch Times.

Schon im März 2020 – gut zwei Monate nach der Entdeckung des Virus – habe er öffentlich darauf hingewiesen, dass es bei einer COVID-19-Infektion einen sehr steilen Altersgradienten bei der Sterblichkeit gebe. – Dass also die ältesten Bevölkerungsgruppen ein erheblich größeres Sterberisiko haben als die jüngeren. Daher solle man sich – auch wenn sich theoretisch jeder mit dem Virus anstecken könne – auf den Schutz älterer Menschen und Personen mit hohem gesundheitlichen Risiko konzentrieren.

Für ihn überraschend: Sowohl medizinische Fachzeitschriften als auch die großen Zeitungen in den USA lehnten es ab, seine Ergebnisse zu veröffentlichen. In seinem Heimatland Schweden jedoch konnte er seine Erkenntnisse im Frühjahr 2020 in den großen Tageszeitungen veröffentlichen. „Das war kein Problem“, sagt er. „Aber in den Vereinigten Staaten war es nicht erlaubt, eine Debatte zu führen, was sehr beunruhigend ist.“

Die Great-Barrington-Erklärung

Seine frühen Bemühungen um eine angemessene Gesundheitspolitik gipfelten in der Great Barrington Declaration, die er zusammen mit Dr. Sunetra Gupta und Dr. Jay Bhattacharya im Oktober 2020 veröffentlichte. Die Erklärung forderte einen differenzierteren Umgang mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Sie verfolgte also einen völlig anderen Ansatz als ein Großteil der westlichen Gesellschaften, die zu pauschalen Einschränkungen griffen.

Sowohl Gupta als auch Bhattacharya – beides Epidemiologen – kennen sich ebenfalls in dem Gebiet aus. Gupta ist Professorin an der Universität Oxford, hat Fachkenntnisse in Immunologie, Impfstoffentwicklung und mathematischer Modellierung von Infektionskrankheiten. Bhattacharya ist Professor an der Stanford University Medical School, Arzt, Gesundheitsökonom und Experte für Gesundheitspolitik mit Schwerpunkt auf Infektionskrankheiten und gefährdeten Bevölkerungsgruppen.

In der Great Barrington Declaration heißt es: „Der einfühlsamste Ansatz, bei dem Risiko und Nutzen des Erreichens einer Herdenimmunität gegeneinander abgewogen werden, besteht darin, denjenigen, die ein minimales Sterberisiko haben, ein normales Leben zu ermöglichen, damit sie durch natürliche Infektion eine Immunität gegen das Virus aufbauen können, während diejenigen, die am stärksten gefährdet sind, besser geschützt werden.“ Ihren Ansatz nannten sie „gezielten Schutz“ (Focused Protection).

Laut Kulldorff enthält die Erklärung von Great Barrington keine neuen Vorschläge: „Es handelt sich lediglich um die grundlegenden Prinzipien des Gesundheitswesens, die bereits im Pandemieplan enthalten waren, der viele Jahre zuvor erstellt wurde.“ Es sei aber erstaunlich gewesen, dass dieser Plan von Anfang an nicht befolgt worden sei. Die konventionelle Gesundheitswissenschaft hielt es für unnötig und potenziell schädlich, Schulen und kleine Unternehmen zu schließen, die Menschen sich in der Öffentlichkeit maskieren zu lassen und gesunde Menschen unter Quarantäne zu stellen.

Von links: Martin Kulldorff, Professor für Medizin an der Harvard Medical School, Sunetra Gupta, Professorin für Theoretische Epidemiologie an der Universität Oxford, und Jay Bhattacharya, Professor für Medizin an der Universität Stanford, vor dem Steinhaus des Amerikanischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Massachusetts am 3. Oktober 2020. (Mit freundlicher Genehmigung des Amerikanischen Instituts für Wirtschaftsforschung)

Die Deklaration sei nicht für Politiker, Wissenschaftler oder gar Ärzte bestimmt gewesen – obwohl sie Tausende von ihnen unterzeichneten. „Das wichtigste Zielpublikum war die Öffentlichkeit“, sagt er, „denn es ist die Öffentlichkeit, die letztendlich diese fehlgeleitete Gesundheitspolitik beenden wird. Es ist die Öffentlichkeit, die normalen Menschen, die unter den Folgen leiden.“

Ziel der Autoren sei es gewesen, deutlich zu machen, dass die Beschränkungen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußten. – Und den Durchschnittsbürgern den Rücken zu stärken: „Wenn Sie dagegen sind, stehen Sie auf festem wissenschaftlichen Boden.“

Ein ganz anderes Bild zeichneten dagegen hochrangige Vertreter des öffentlichen Gesundheitswesens. Leute wie Dr. Anthony Fauci, Dr. Francis Collins und Dr. Deborah Birx sowie die Medien hätten in der Öffentlichkeit den Anschein eines wissenschaftlichen Konsenses geschaffen und auch aktiv kontroverse Standpunkte unterdrückt.

Für Kulldorff gibt es „keine gesundheitspolitischen Argumente gegen die Erklärung. Wenn man sie also kritisieren will, muss man … Lügen über sie erfinden, sie angreifen, sowie die Leute, die dahinter stehen, verleumden. Und beides haben sie getan.“

Brisante E-Mails

Erst die Veröffentlichung von E-Mails im Dezember 2021 ermöglichte Kulldorff und der amerikanischen Öffentlichkeit, den Vorhang zu lüften. Es wurde deutlich, wie das traditionelle Pandemie-Drehbuch über den Haufen geworfen und wie schnell abweichende Stimmen verleumdet wurden.

Auf einen Antrag nach dem Freedom of Information Act hin wurde der E-Mail-Verkehr Anthony Faucis, dem Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), veröffentlicht. Eine E-Mail von Collins, dem damaligen Direktor der National Institutes of Health, an Fauci, wurde wenige Tage nach der Veröffentlichung der Great Barrington Declaration verschickt.

„Dieser Vorschlag der drei Epidemiologen am Rande der Gesellschaft … scheint viel Aufmerksamkeit zu erregen“, schrieb Collins in der E-Mail vom 8. Oktober 2020 an Fauci. „Es muss eine schnelle und vernichtende öffentliche Zerschlagung seiner Prämissen geben. Ich habe noch nichts dergleichen online gesehen – ist es in Arbeit?“

In der vierzeiligen E-Mail von Collins wird erwähnt, dass die Erklärung „sogar eine Mitunterschrift des Nobelpreisträgers Mike Leavitt aus Stanford“ enthalte.

Fauci scheint mit Collins‘ Vorschlag, die Autoren und ihre Erklärung zu demontieren, voll einverstanden gewesen zu sein. Er schickte eine einzeilige Antwort. „Ich füge hier einen Artikel aus dem Wired-Magazin ein, der diese Theorie entkräftet“, schrieb er. Collins antwortete. „Ausgezeichnet.“

Dr. Francis Collins, Direktor der National Institutes of Health und Dr. Robert Redfield (R), Direktor der Centers for Disease Control and Prevention, sagen bei einer Senatsanhörung in Washington am 2. Juli 2020 aus. Foto: Saul Loeb-Pool/Getty Images

Verunglimpfung durch die Medien

Innerhalb eines Tages nach dem Austausch zwischen Collins und Fauci begann Google, die Suchergebnisse für die Great Barrington Declaration zu zensieren. In einem anschließenden Interview sagte Collins, die Erklärung sei „keine Mainstream-Wissenschaft. Sie ist gefährlich.“ Fauci nannte die Erklärung in einem Interview mit ABC „lächerlich“ und „völligen Unsinn“.

Es folgte eine ganze Reihe von Artikeln von Medien, die sich alle darauf konzentrierten, die Erklärung und ihre Verfasser zu verunglimpfen. Die New York Times nannte den Ansatz des gezielten Schutzes eine „virale Theorie“. BuzzFeed nannte sie eine „höchst umstrittene Empfehlung“. Forbes bezeichnete die Kritiker der Erklärung als „echte Experten für Infektionskrankheiten und öffentliche Gesundheit“.

„Ein Verfechter des Anti-Lockdowns tritt in einer Radiosendung auf, in der auch Holocaust-Leugner zu hören waren“, titelte der Guardian und bezog sich dabei auf Kulldorffs Interview in der „Richie Allen Show“.

Gregg Gonsalves, ein außerordentlicher Professor für Epidemiologie in Yale, nannte die gezielte Schutzstrategie der Erklärung in einem Twitter-Beitrag eine Woche nach deren Veröffentlichung ein „Massaker“ und ein „Scheinargument“, das von „eingebildeten Wissenschaftlern“ produziert worden sei.

Social-Media-Giganten wie Twitter und Facebook sprangen auf den Zensurzug auf und begannen, bestimmte Beiträge als irreführend zu kennzeichnen und Journalisten wie Alex Berenson dauerhaft zu sperren.

Berensons letzter Tweet, bevor er gesperrt wurde, handelte von COVID-19-Impfstoffen. „Er stoppt die Infektion nicht. Oder die Übertragung.“, schrieb er am 28. August 2021. „Betrachten Sie es – bestenfalls – als ein Therapeutikum mit einem begrenzten Zeitfenster für die Wirksamkeit und einem schrecklichen Nebenwirkungsprofil, das im Vorfeld einer Erkrankung verabreicht werden muss. Und wir wollen es vorschreiben? Das ist Wahnsinn.“ Berenson, ein ehemaliger Journalist der New York Times, hat Twitter inzwischen verklagt.

In einem Interview Ende November 2021 wetterte Fauci gegen republikanische Senatoren, die ihn kritisiert hatten. „Sie kritisieren wirklich die Wissenschaft, weil ich die Wissenschaft vertrete“, sagte Fauci gegenüber CBS.

„Es muss immer erlaubt sein, die Wissenschaft zu hinterfragen“, sagt Kulldorff. „Wir sollten diese Debatte niemals zum Schweigen bringen und so tun, als gäbe es eine Person, die ‚die Wissenschaft‘ ist und über alle Wahrheiten verfügt. „Ich denke, das ist während dieser Pandemie passiert, und das ist eine Blamage für die wissenschaftliche Gemeinschaft.“

Auf die Frage, ob er sich jemals als „Epidemiologe am Rande der Gesellschaft“ betrachtet habe, antwortet Kulldorff: „Nein, habe ich nicht, aber ich schätze, wenn die Führer des Gesundheitswesens sich irren, dann ist es eine Ehre, ein Epidemiologe am Rande der Gesellschaft zu sein.“

Süßigkeiten ebnen den Weg

Kulldorff war acht Jahre alt, als er zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten lebte. Sein Vater, ebenfalls Wissenschaftler, holte die Familie 1970 für ein einjähriges Studiensabbatical aus Schweden.

Es war Oktober, und zwei Wochen nach seiner Ankunft in Texas forderte Kulldorffs Mutter ihn auf, sich ein Kostüm anzuziehen und mit den Kindern aus der Umgebung loszuziehen. „Wir liefen durch die Nachbarschaft, und überall, wo wir an die Tür klopften, bekamen wir Süßigkeiten. Das war ziemlich schön für einen Achtjährigen. Und seitdem mag ich dieses Land“, sagt er.

In den 1980er-Jahren kehrte Kulldorff für ein paar Jahre in die Vereinigten Staaten zurück, um zu promovieren, und Anfang der 90er-Jahre zog er endgültig in die USA.

Ursprünglich wollte Kulldorff Mathematik und Geschichte an der High School unterrichten. Er lacht darüber, dass dies immer noch sein Plan B ist, falls seine derzeitige Karriere scheitern sollte.

Als seine wichtigste Aufgabe sieht er aber immer noch seine Vaterschaft an. Er ist alleinerziehender Vater eines 19-jährigen Sohnes und 6-jähriger Zwillinge. „Ich denke, das Schönste und Wichtigste im Leben ist es, Eltern zu sein und seine Kinder aufwachsen zu sehen“, sagt er. „Deshalb habe ich seit ihrer Geburt immer viel Zeit mit ihnen verbracht. Das hat für mich immer Vorrang vor meiner Karriere gehabt.“

Während der Pandemieeinschränkungen hätten seine Zwillinge das Glück gehabt, einander gegenseitig als Spielkameraden zu dienen. Sein ältester Sohn war 17, als die Pandemie ausbrach. „Ich habe mir keine Sorgen gemacht, dass er COVID bekommen könnte, weil ich wusste, dass das Risiko für ihn sehr gering ist.“ Er sei aber sehr besorgt um seine geistige Gesundheit gewesen. „Also drängte ich ihn, rauszugehen und mit seinen Freunden Basketball zu spielen, mit ihnen abzuhängen, diese sozialen Dinge zu tun. Ich wollte, dass er ein so normales Leben wie möglich führt“, sagt er.

Dr. Martin Kulldorff, Epidemiologe und Statistiker, in seinem Haus in Ashford, Conn. am 11. Februar 2022. Foto: Samira Bouaou/Die Epoch Times

Warum Stellung beziehen?

Kulldorff hat sowohl in den schwedischen als auch in den US-amerikanischen Gesundheitswissenschaften gearbeitet und die sehr unterschiedliche, weniger invasive Reaktion seines Heimatlandes auf die Pandemie genau verfolgt. Seine Familienangehörigen in Skandinavien hatten Verständnis dafür, dass er einen anderen Weg einschlug als der Mainstream in den USA, der von strengen Lockdowns, Schulschließungen und Maskenpflicht sprach.

„Schweden hatte eine vernünftigere Herangehensweise an die Sache, sodass sie es nicht seltsam fanden, was ich sagte“, betont er. Er hatte nicht vor, ein Rebell zu werden. Als er aber sah, dass die bewährte Pandemiebekämpfung über den Haufen geworfen wurde, fiel ihm die Entscheidung, gegen den Strom zu schwimmen, nicht schwer.

„Ich glaube nicht, dass ich eine Wahl hatte. Ich hatte zwei Jahrzehnte lang mit Ausbrüchen von Infektionskrankheiten zu tun. Nachdem eine Politik eingeführt wurde, die den Grundprinzipien des Gesundheitswesens zuwiderlief, konnte ich nicht einfach schweigen. Ich musste mich zu Wort melden. Es gab keine andere Alternative“, sagt er. „Was wäre sonst der Sinn eines Gesundheitswissenschaftlers?“

Doch die Macht des Geldes ist groß. Leute wie Fauci, der beim NIAID ein vom Steuerzahler finanziertes Jahresbudget von über 6 Milliarden Dollar verwaltet, haben nicht nur die Kontrolle über die Finanzen, sondern auch darüber, was in Fachzeitschriften veröffentlicht wird. Angesichts dieser Tatsache gibt es Kollegen Kulldorffs, die das Gefühl haben, ihre Meinung nicht äußern zu können, weil das den Verlust der Forschungsmittel oder des Arbeitsplatzes bedeuten könnte.

„Wenn man es wagt, sich gegen [Faucis] Ansichten über die Pandemie auszusprechen, kann man die Finanzierung verlieren. Und wenn man mit ihm übereinstimmt und ihn unterstützt, kann man Fördermittel erhalten“, sagt Kulldorff.

Wie die Epoch Times herausfand, erhielten vier prominente Wissenschaftler, die maßgeblich an der Ausarbeitung des COVID-19-Narrativs über den „natürlichen Ursprung“ beteiligt waren, in den darauffolgenden zwei Jahren eine beträchtliche Erhöhung der Fördergelder von Faucis NIAID.

„Ich verstehe also sehr gut, dass Wissenschaftler Angst haben, die Politik desjenigen zu kritisieren, der über den größten Batzen an Forschungsgeldern für Infektionskrankheiten in der Welt verfügt“, erklärt Kulldorff. Jedoch sollten Konflikte dieser Art nicht vorkommen. „Die Forschung sollte sehr breit gefächert sein, und wir sollten viele verschiedene Ideen finanzieren, von denen sich manche bewähren und manche nicht, aber so macht man gute Wissenschaft.“

Kollateralschäden

Einer der wichtigsten Grundsätze der Erklärung von Great Barrington lautet, dass die öffentliche Gesundheit vielschichtig ist und eine langfristige Sichtweise erfordert.„Einer der Grundsätze der öffentlichen Gesundheit ist, dass es nicht um eine einzelne Krankheit wie COVID geht, sondern um die gesamte öffentliche Gesundheit“, so Kulldorff.

Doch viele einflussreiche Wissenschaftler hätten sich ausschließlich auf die COVID-19-Ergebnisse konzentriert. Dieser singuläre Fokus habe dazu geführt, dass Regierungsbeamte in Kalifornien Skateboardparks mit Sand füllten und Kinderspielplätze mit Ketten und gelbem Polizeiband absperrten. Millionen von Kindern wurden von der Schule nach Hause geschickt und waren fast zwei Jahre lang gezwungen, von zu Hause aus zu lernen.

Inzwischen sind die Selbstmordraten bei Jugendlichen gestiegen, der Drogen- und Alkoholmissbrauch hat zugenommen, ebenso die häusliche Gewalt. Andererseits gingen Kinderimpfungen und Krebsvorsorgeuntersuchungen stark zurück.

Gesundheitsexperten warnten im Mai 2020, dass durch die pandemiebedingte Belastung der psychischen Gesundheit in Amerika bis zu 154.000 zusätzliche Todesfälle durch Drogen- oder Alkoholmissbrauch und Selbstmord oder den „Tod aus Verzweiflung“ zu erwarten sind. Menschen starben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sie unter normalen Umständen überlebt hätten, so Kulldorff, „weil sie vielleicht Angst hatten, ins Krankenhaus zu gehen, oder weil sie zu spät kamen.“

Kulldorff geht davon aus, dass viele der gesundheitlichen Nebenfolgen erst noch ans Licht kommen. „Das sind alles tragische Folgen, Kollateralschäden der COVID-Maßnahmen, der Einschränkungen, die auferlegt wurden“, betont er. „Man kann nicht einfach ein oder zwei Jahre lang so verfahren und erwarten, dass dies keine enorm schlechten Folgen für die öffentliche Gesundheit hat.“

Im Januar kam eine Johns Hopkins-Metaanalyse der Lockdowndaten zu dem Schluss, dass Lockdowns keine Leben retten.

Was kommt als Nächstes?

Kulldorffs aktuelles Engagement gilt der Wiederherstellung des Vertrauens in die Wissenschaft und des Gesundheitswesens – beide bezeichnet er als „kaputt“.

„Es sind die Leiter der Förderorganisationen, die Leiter der großen Fachzeitschriften und die Universitätspräsidenten und -dekane, die sich in dieselbe Blase begeben haben, weil sie dachten, sie wüssten, was richtig ist.“ Das habe sich aber als falsch herausgestellt, so Kulldorff. Darunter müssten jetzt alle Wissenschaftler leiden, „weil die Öffentlichkeit den Wissenschaftlern aus guten Gründen nicht mehr vertraut.“

Als wissenschaftlicher Leiter des Brownstone Instituts möchte er die Diskussion darüber anregen, wie das Gesundheitswesen wieder gestärkt werden kann. Er ist auch Mitglied der neuen Academy for Science and Freedom des Hillsdale College, die, wie er sagt, die Bedeutung eines offenen, freien wissenschaftlichen Diskurses fördern und verteidigen wird.

„Wenn wir eine lebendige Wissenschaft und eine lebendige wissenschaftliche Gemeinschaft haben wollen, müssen wir die Art und Weise reformieren, wie die Wissenschaft und das Gesundheitswesen arbeiten“, sagt er. Aber, so Kulldorff, liegt es an der Öffentlichkeit – an Truckern, Landwirten, Krankenschwestern, Piloten und Eltern – sowie an den Wissenschaftlern selbst, einen echten Wandel herbeizuführen.

Es sei auch an der Zeit, sich gegenseitig zu helfen, die psychologischen und mentalen Wunden zu heilen. Das helfe vor allem denjenigen, die noch immer in ständiger Angst vor COVID leben, und denjenigen, die sich schon seit zwei Jahren selbst isolieren. „Ich denke, wir sollten denjenigen, die Angst hatten, keine Vorwürfe machen, denn sie waren die Hauptopfer dieser Pandemie-Strategie“, sagte er. „Wir sollten den Menschen nicht vorwerfen, dass sie Anthony Fauci und der CDC geglaubt haben – das war ganz natürlich. Wir müssen ihnen nur helfen, zu erkennen, dass diese Maßnahmen fehlgeleitet waren, damit so etwas nie wieder passiert.“

Der Artikel erschien zuerst in der Epoch Times USA. Übersetzung und Bearbeitung: Matthias Kehrein.



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