Politisch korrekt gecancelt: Die Angst vorm schwarzen Mann

Haben Sie auch als Kind „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ gespielt? Das Fang- und Versteckspiel gehört für viele zum unbedarften Standardrepertoire der Kindheit. Das würde heute wohl so nicht mehr möglich sein, zumindest nicht unter diesem Namen. Die Zeiten haben sich geändert. Unterwegs zwischen den Fettnäpfchen der Political Correctness bis hin zur Cancel Culture.
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Regenbogenfahne.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 20. Mai 2023

„Political Correctness“ sollte von seiner Ursprungsidee her bewusst machen, was in der Gesellschaft falsch läuft – in Sachen Rassismus und Diskriminierung. Inzwischen geht es bereits darum, wie man Wörter schreibt oder gleich um deren komplette Abschaffung – um Buchstaben, Sternchen, Unterstriche oder darum, ganze Wörter aus dem Sprachschatz zu tilgen. Dabei geht es nicht um die Sprache an sich – das Thema wird zunehmend politisiert und von der Politik instrumentalisiert.

Der Begriff „Political Correctness“ wurde seit Anfang der 1990er-Jahre geprägt. In den USA geriet der Lehrstoff an den Unis beim akademischen Nachwuchs zunehmend in die Kritik, eine Wissenschaft der „alten weißen Männer“ zu sein, inklusive der verwendeten Sprache. Die Forderung, die Perspektive der Unterdrückten – dazu zählten Frauen und dunkelhäutige Menschen – einzubeziehen und damit Rassismus, Kolonialismus und Sexismus schon in der Sprache zu bekämpfen, sprang nicht nur in den USA von den Unis auf die Öffentlichkeit über, sondern schwappte auch nach Europa und Deutschland.

Die Idee, dass aus der Änderung der Sprache ein gesellschaftliches Umdenken entstehen könnte, findet nicht nur Befürworter, sondern auch viele Widersacher, die das für Zensur halten und für die so eine Korrektur der Sprache das Gegenteil des Intendierten mit sich bringt.

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Ideologisierte Farbenblindheit

Zum Beispiel, dass mit dieser Vorgehensweise im Gegenzug der „alte weiße Mann“ diskriminiert und zum Feindbild wird, obwohl man genau durch solche Korrekturen diskriminierende Stereotype der Sprache ja abschaffen wollte. Oder dass das anstelle des verpönten „N-Worts“ benutzte „People of Colour“ durch den, der es sagt, genauso abwertend gemeint sein kann.

Das Motto hier: Das Gedankengut sucht sich seinen Weg. Nicht die Begriffe ändern das Denken, sondern das Denken muss sich ändern, dann wächst auch die Sprache nach.

Wenn man dieses Fangspiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ heute „politisch korrekt“ benennen will, dann muss es hier „Schwarz“ statt „schwarz“ heißen. Wichtig dabei ist die Großschreibung des Eigenschaftswortes, die es zu einer Eigenbezeichnung macht. Damit soll laut Anne Chebus Buch „Anleitung zum Schwarz sein“ deutlich gemacht werden, dass „Schwarz sein“ eben keine Eigenschaft ist, sondern eine politische Bezeichnung und mehr als eine Hautfarbe.

Sogar das „Schwarzfahren“ wird durch „Fahren ohne gültiges Ticket“ ersetzt. Dabei hat dieses „Schwarz“ beim Fahren noch nicht einmal einen rassistischen Hintergrund.

Einige Sprachforscher vermuten, dass der Ausdruck auf das jiddische „shvarts“ („Armut“) zurückzuführen ist, es gibt Verweise von anderen Forschern, dass „schwärzen“ so viel wie schmuggeln bedeutete und sich aus der Gaunersprache heraus als Synonym für „ungesetzlich“ entwickelt hat.

Fettnapfparade der politisierten Sprache

Auch wenn das alles kein Geheimnis ist – schwarz steht mittlerweile auf der schwarzen Liste, zumeist so erklärt, dass es in der Gesellschaft mit der Hauptfarbe assoziiert wird und deshalb Menschen verletzen könnte, die sich dadurch angesprochen fühlen. Statt Schwarz darf man auch People of Colour sagen, das wird als politisch korrekt und nicht verletzend wahrgenommen.

Es geht also schon lange nicht mehr darum, was gesagt wird, sondern, wie der Empfänger entsprechend seinem Horizont, seinem Erfahrungshintergrund und seiner Be- und Empfindlichkeiten das Gesagte auffassen könnte.

Auch der Mann an sich wird jetzt gecancelt

Mittlerweile steht hier in Deutschland nicht nur der schwarze Mann auf der schwarzen Liste, und wahrscheinlich ist sogar der Begriff schwarze Liste auf genau ebendieser schwarzen Liste. Aber es geht nicht nur um das Schwarz, schon lange sollen Männer auch nicht mehr einfach nur Männer sein dürfen.

Bei diesem an sich arglosen Kinderspiel – nennen wir es jetzt ansatzweise politisch korrekt erst einmal „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“ (Mit großem S) – wartet gleich der nächste Fettnapf (darf man das eigentlich noch sagen, da es vielleicht die Bodyshaming-Fraktion befeuern könnte?). Denn da steht nämlich „Mann“. Auch das ist längst nicht mehr politisch korrekt, denn so einfach wie „Ich Mann, Du Frau“ ist es schon lange nicht mehr: Was für jeden Biologen und fast jeden Mann, der an sich herunterschaut, den Bauch mal übersehend, ganz normal sein sollte, darf es mittlerweile auch nicht mehr sein.

Auch der „Mann“ wurde mittlerweile zeitgemäß transformiert. Mit dem Ringen um politisch korrekte Sprache steht mittlerweile sogar die Biologie zur Disposition. Ein Mann, der kein Problem damit hat, sich als Mann, so wie er geboren wurde, (an) zu erkennen, heißt jetzt Cis-Mann, zumindest im Gender-Neusprech: „Cis Personen identifizieren sich mit dem sozialen Geschlecht, das ihnen anhand ihrer angeborenen Körpermerkmale zugeschrieben wird. Das heißt z. B.: Cis Männer sind Männer, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde und die sich damit identifizieren.“

Wann also ist ein Mann ein Mann?

Der Biologie ist das sehr klar. Sie macht das Geschlecht an der Rolle in der Fortpflanzung fest. Lebewesen, die keine Ei- oder Samenzellen produzieren, haben nach dieser Definition kein Geschlecht (und nicht etwa ein drittes). Lebewesen wiederum, die beides produzieren, heißen Zwitter, das kommt vor allem im Reich der Pflanzen vor. Aber auch sie haben kein drittes Geschlecht.

Als aber die Biologin Marie-Luise Vollbrecht in der Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin einen Vortrag über Sex und Gender an der Humboldt Uni halten wollte, mit der These „Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“, wurde der Vortrag nach hitzigen Debatten abgesagt. Sogar Biologen wie Prof. Dr. Diethard Tautz kontern und bekommen dafür im ZDF eine Plattform, dass „dieses Konstrukt Mann/Frau eigentlich ein Kultur-Konstrukt [ist], denn die Diversität ist viel größer“.

Die soziale Plattform Facebook bot seinen Nutzern bereits 2014 die Wahl unter 60 Geschlechtsidentitäten. Mittlerweile grassiert die Idee, dass – Biologie hin oder her – jeder das Geschlecht haben kann, mit dem er sich identifiziert. Dem folgend gibt es quasi unendlich viele davon. Geschlechtsidentität ist das Zauberwort, was das innere Wissen darüber, welches Geschlecht man hat, beschreiben soll.

Die Biologie soll hier dem geschlechtlichen Selbsterleben weichen. Das spiegelt sich nicht nur in einer neuen Cancel Culture – auch an den Universitäten – wider, sondern zementiert sich mittlerweile auch in der Gesetzgebung:

Wünsch dir was: Einmal im Jahr das Geschlecht wechseln

Gerade erst wurde die Vorlage zum neuen Selbstbestimmungsgesetz in den Ring geworfen, in dem dann eine Änderung des Geschlechtseintrags einmal im Jahr vorgenommen werden kann – ganz eigenreferenziell, ohne Gutachten oder gerichtliche Verfahren. In die Geburtsurkunde zukünftiger Kinder wird dann „Elternteil“ geschrieben. Der Vater wird sprachlich gecancelt. Der Mann irgendwie damit auch gleich mit.

Aber da, wo sich so ein spontaner identifizierter Geschlechtswechsel hin zum Weiblichen für jedermann lohnen könnte, wenn der sich zum Beispiel als Pazifist identifizierende Mann im Kriegsfall eingezogen werden soll und sich nicht als Kanonenfutter verheizen lassen will, läuft es nicht so gut – denn dann greift das Gesetz leider doch nicht. Also kein Vorteil für alle pazifistischen Cis-Männer und Kriegsleugner!

Kulturelle Aneignung: Nächste Stufe der Cancel Culture gezündet

Der Schwarze und der Mann sind nur zwei Teilchen einer ganzen Cancel Culture einhergehend mit politischer Korrektheit. Das Unsagbare schleicht sich in immer mehr Bereiche der Gesellschaft – in Medienberichten über den Grünen-Politiker Boris Palmer, der sich jetzt eine Auszeit nimmt, nachdem er in der Öffentlichkeit „Neger“ sagte, wird zumeist nur noch verschämt vom „N-Wort“ geschrieben, statt das Kind beim Namen zu nennen.

Auch Kinderbücher werden umgeschrieben, etwa wurde der „Negerkönig“ aus Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker Pippi Langstrumpf zum „Südseekönig“. Manche Bücher werden gar nicht mehr veröffentlicht. Vergangenes Jahr hat der Ravensburger Verlag Winnetou-Kinderbücher aus dem Sortiment genommen, um nicht als „kulturell aneignend“ zu gelten. Die Bücher seien „höchst problematisch und rassistisch“, schürten koloniale Vorurteile und es handele sich hierbei um kulturelle Aneignung. Damit ist gemeint, dass Menschen sich einer anderen Kultur bedienen, die nicht ihre eigene ist, vor allem dann, wenn sie kommerziellen Nutzen daraus ziehen. Kulturelle Aneignung ist nur ein weiteres Fallbeil der Cancel Culture.

Die Diktatur der Political Correctness schlägt zurück

Die Idee, dass aus dieser Disziplinierung der Sprache hin zum politisch Korrekten ein gesellschaftliches Umdenken entstehen könnte, findet viele Widersacher. Ihnen zufolge bewirke diese Art von Zensur nahezu das Gegenteil, ganz abgesehen vom Nichtvorhandensein von Evidenz. Zwang ziehe immer eine Gegenreaktion nach sich.

„Die Diktatur hat einen neuen Namen, die Political Correctness, sie ist die Herrschaft der Minderheiten über die Mehrheit.“ So beginnt das 1996 erschienene Buch von Klaus Groth „Die Diktatur der Guten – Political Correctness“:

Jedes Pendel schlägt irgendwann zum Gegenteil aus. In der Psychotherapie gibt es dazu einen Konzeptspruch, eigentlich eine Binsenweisheit, der besagt: Alles, was man unterdrückt, kommt hintenrum als Monster zurück. Wer hat also Angst vorm schwarzen Mann?



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