Sozial gerechte Politik? Ungeimpfte müssen Testkosten selber zahlen – und anteilig auch die Impf-Milliarden

Geimpfte Steuerzahler sollen keine Corona-Tests mehr mitfinanzieren müssen, deshalb sollen die Tests kostenpflichtig werden. Wer nicht geimpft werden will, muss aber dennoch die Milliarden für Impfdosen mitfinanzieren.
Von 18. August 2021

Ab dem 23. August gelten die neuen 3G-Corona-Regeln laut Bund-Länder-Beschluss. Ungeimpft und ungetestet darf man dann nicht mehr als Besucher in Krankenhäuser und Altenheime hinein, darf keine Veranstaltungen und Feste in Innenräumen besuchen, in Gaststuben essen, ins Fitnessstudio oder in eine Schwimmhalle gehen. Auch der Friseurbesuch ist nur noch mit aktuell gültigem Test möglich, wenn ein Bundesbürger nicht geimpft ist.

Und weil die Tests, wie auch die Impfungen, von der Pharma-Industrie nicht kostenlos bereitgestellt werden, zahlte bislang der Staat aus dem von allen Steuerzahlern gemeinsam mitfinanzierten Haushalt die Kosten. Doch damit soll ab dem 11. Oktober Schluss sein, zumindest für die Tests. Die hätten zwar einen guten Beitrag zum Durchbrechen der dritten Welle der Pandemie geleistet, aber: „Da mittlerweile allen Bürgerinnen und Bürgern ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden kann, ist allerdings eine dauerhafte Übernahme der Kosten für alle Tests durch den Bund und damit den Steuerzahler nicht angezeigt“, verkündete am 10. August die Bundesregierung.

Was sozial gerecht ist, sehen die Parteien unterschiedlich

Der Ministerkonferenz-Beschluss wird von den Parteien unterschiedlich aufgenommen. Während SPD, CDU und Grüne das ganze Vorhaben begrüßen, äußern sich FDP, AfD und Linke kritisch dazu.

Berlins Regierender Bürgermeister und derzeitiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD),  sagte in der ARD-„Tagesschau“: „Die Gruppe der Ungeimpften ist zu groß. Da gibt es nichts drumrum zu reden.“ Die Tests ließen sich ja leicht durch Impfen umgehen. Wer das Angebot nicht annehme, könne nicht erwarten, dass die Solidargemeinschaft die Kosten trage.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht das private Bezahlen der angeordneten Tests durch Ungeimpfte als sozial gerecht an: „Die Nichtgeimpften müssen in Zukunft mehr Aufwand betreiben – auch finanziell. Denn auf Dauer wird die öffentliche Hand die Tests nicht finanzieren können. Das ist auch eine Frage von fairer Lastenverteilung, denn es gibt ja bereits ein kostenfreies Impfangebot für alle“, erklärte Kretschmann auf der Seite des Staatsministeriums.

Ähnliche Töne waren vom bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, zu hören, wie die „FAZ“ berichtete: „Es kann und darf nicht sein, dass die Freiheit des Einzelnen, sich nicht impfen zu lassen, von allen Mitgliedern der Solidargemeinschaft finanziert wird.“

Markus Söder, Vorsitzender der Christlich-Sozialen Union und Ministerpräsident in Bayern, erklärte laut „Bayerischem Rundfunk“, ein PCR-Test koste zwischen 55 und 60 Euro, ein Schnelltest mehr als zehn Euro. Das könne der Staat nicht auf Dauer bezahlen, so Söder.

Kubicki: „extrem unsozial“

Im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ bezeichnete FDP-Chef Wolfgang Kubicki die bezahlte Testpflicht als „extrem unsozial“ und fragte: „Was soll denn eine Familie mit zwei Kindern tun, wenn sie in ein Restaurant will? Soll sie zunächst 48 Euro für Tests auf den Tisch legen?“

Dabei rechnete Kubicki mit den derzeitigen Kosten, die der Bund den Teststellen für einen bisher kostenlosen Bürgertest (Antigen-Schnelltest) erstattet. Laut Kubicki sei die Maßnahme „nur ein Druckmittel, um Menschen zum Impfen zu zwingen“.

„Dass die Bürger für eine Verpflichtung, die der Staat gestellt hat, selber zahlen müssen, ist unverantwortlich“, kritisierte AfD-Chef Timo Chrupalla gegenüber dem „Tagesspiegel“. Dem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach gehen die 3G-Regeln offenbar aber noch nicht weit genug. „Ich hätte es besser gefunden, Großereignisse mit Hunderten Menschen in Clubs oder Hallen auf Genesene und Geimpfte zu begrenzen“, sagte Lauterbach der „Funke“-Mediengruppe.

Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, warnt: „Wer jetzt die Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte spaltet, gefährdet den sozialen Frieden in unserem Land.“ Die Bundesregierung spalte mit ihrer Corona-Politik die Gesellschaft weiter, sagte sie zur Augsburger Allgemeinen. „Die Einführung der Kostenpflicht für Corona-Tests ist die Fortführung der Zwei-Klassen-Medizin mit anderen Mitteln“, so die Linken-Politikerin weiter.

Kickl: Impfungen kein Pharma-Geschenk

In Österreich stellt sich die Situation ähnlich wie in Deutschland dar. FPÖ-Parteichef und Ex-Innenminister der Alpenrepublik, Herbert Kickl, sprach in einem Pressestatement von „seltsamem Gerede“, wenn man frage, wie denn die Geimpften dazu kämen, die Tests der Ungeimpften zu zahlen.

Kickl sagte, dass im Normalfall beide Steuerzahler seien, die Geimpften und die Ungeimpften. „Es zahlen ja auch diejenigen, die nicht geimpft sind, den Impfstoff derer, die sich impfen lassen.“

Auch fragte er, ob jemand glaube, dass die 42 Millionen für Österreich bestellten Impfdosen für 2022/2023 ein „Geschenk der Pharma-Industrie“ sei?

„Wie kommen alle Steuerzahler, nämlich die geimpften wie die ungeimpften eigentlich dazu, den Pharma-Unternehmen Milliarden-Gewinne zu ermöglichen, durch den Abkauf eines Produktes, wo wir jetzt wissen, dass das, was versprochen wurde, nicht funktioniert?“ Der Steuerzahler müsse aufgrund des Haftungsausschlusses der Impfstoffhersteller das Haftungsrisiko übernehmen und man wisse noch gar nicht, was da auf uns zukomme, so Kickl.

Teures Testen und noch teureres Impfen

Nach Angaben der „Berliner Morgenpost“ hat der Steuerzahler laut einer Aufstellung des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS) in diesem Jahr bereits rund 3,7 Milliarden Euro für die Bürgertests ausgegeben.

In diesen Beträgen sind Gewinn, Personalkosten und logistische Aufwendungen für die Testcenterbetreiber enthalten, wie auch 3,50 Euro für das eigentliche Testkit. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.

Auf der anderen Seite entstehen Kosten für die Impfungen. Allein eine Dosis Impfstoff kostet nach Angaben der EU-Impfkommission „unter 20 Euro“, berichtet die ARD-„Tagesschau“.

Das Impf-Dashboard des Bundesgesundheitsministeriums zählt derzeit rund 47,6 Millionen vollständig geimpfte Menschen in Deutschland und weitere rund fünf Millionen hätten mindestens eine Impfung bekommen. Allein die Kosten für die Impfpräparate ergeben hochgerechnet über zwei Milliarden Euro.

Entgegen den 3,7 Milliarden für die Tests sind hierbei jedoch keine Personalkosten, Raumkosten oder jene für die gekühlten Transporte sowie Speziallagerungen der empfindlichen Impfstoffe sowie die Materialkosten für die Injektionen mit eingerechnet. Bezahlt wird das ebenfalls aus der Staatskasse, in die alle Bürger – geimpft oder ungeimpft – einzahlen.

Jedoch ist bei den Impfungen noch gar kein Ende abzusehen. Schon warb Bayerns Gesundheitsminister Holetschek am Montag (16.8.) für die Auffrischungsimpfungen: „Die Impfzentren und die niedergelassenen, behandelnden Ärzte können in Bayern schon jetzt Auffrischungsimpfungen anbieten.“

Laut „SWR“ geht das Pharma-Unternehmen BioNTech – einer der großen Profiteure der Pandemie – von einer Auffrischungsimpfung alle sechs Monate aus.

Das an der Börse „explodierende“ Unternehmen berichtet aktuell von einer Studie. Die Teilnehmer hatten acht bis neun Monate nach der zweiten Impfung eine „Auffrischungsimpfung“ erhalten. Im Vergleich zur zweifachen Impfung seien „signifikant höhere neutralisierende Antikörper-Mengen“ nachgewiesen worden. Das bedeutet aber auch, dass die Kostenspirale der Impfungen mit der zweifachen Impfung längst nicht beendet sein wird.

Israel zeigt: Infektionsschutz sinkt

Bei der Delta-Variante könnte dieser Infektionsschutz erheblich sinken, wie israelischen Medien zu entnehmen ist: „Das Gesundheitsministerium teilte am Donnerstag mit, dass die Wirksamkeit des Pfizer-BioNTech-Coronavirus-Impfstoffs bei der Vorbeugung von Infektionen und leichten Symptomen nach Daten, die im letzten Monat gesammelt wurden, als sich die Delta-Variante in Israel ausbreitet, auf 40 Prozent gesunken ist.“

Den Angaben nach berichtete das Ministerium auch von einem Sinken der Vorbeugung für schwere Krankheitsverläufe auf 91 Prozent und Hospitalisierung auf 88 Prozent. Kürzlich sei bei 5.770 vollständig geimpften Personen COVID-19 diagnostiziert worden. 495 mussten ins Krankenhaus, 123 starben.

Der „Spiegel“ kommentierte dazu, man solle die Zahlen aus Israel mit entsprechender Vorsicht betrachten. Deren Aussagekraft sei umstritten. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung zu den neuen Zahlen gebe es noch nicht.



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