„Zu rassistisch“: Greta-Thunberg-Unterstützergruppe löst sich selbst auf

Vor einer Woche löste sich der örtliche Zusammenschluss der von Greta Thunberg initiierten Bewegung „Schulstreik fürs Klima“ in Auckland (Neuseeland) selbst auf. Er sei, so die Begründung, ein „rassistischer, weiß dominierter Raum“ geworden.
Titelbild
Greta Thunberg.Foto: JONATHAN NACKSTRAND/AFP via Getty Images
Von 18. Juni 2021

Am Samstag der Vorwoche (12.6.) hat Aucklands örtliche Organisation der von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg ins Leben gerufenen Gruppe „Schulstreik fürs Klima“ (SSC4C) – die andernorts auch unter dem Namen „Fridays for Future“ auftritt – auf Facebook ihre Selbstauflösung bekannt gegeben.

Dies sei, so heißt es in der Erklärung, „auf Vorschlag und unter Anleitung der BIPOC-Mitglieder der Gruppe“ geschehen. Das Kürzel steht für „Black, Indigenous and People of Colour“. Deren Einschätzung zufolge sei der Verband zu einem „rassistischen, weiß dominierten Raum“ geworden.

Die Gruppe, die 2019 gegründet wurde und bis zu 80.000 Personen zu ihren Aufmärschen mobilisieren konnte, werde in der Region um die Metropole keine „Klimastreiks“ mehr durchführen.

„BIPOC-Communitys“, so wird weiter erklärt, „sind in überdurchschnittlicher Weise vom Klimawandel betroffen, deshalb sollte der Kampf für Klimagerechtigkeit von ihren Stimmen und Bedürfnissen angeführt werden, nicht jenen der Pakeha“ [weiße Einwohner Neuseelands; d. Red.].

Thunberg-Unterstützer bedauern ihr „rassistisches“ Verhalten

Es bestehe ein „dringendes Bedürfnis, die Organisation zu dekolonialisieren“. Gegen die weißen Mitglieder werden schwere Vorwürfe erhoben:

SSC4C Auckland hat Stimmen und Forderungen von BIPOC-Personen, vor allem solchen aus den Volksgruppen der Pazifik-Inselbewohner und Maori, im Bereich des Klimaaktivismus vermieden, ignoriert und vereinnahmt.“

Zudem solle die weiße Führung der Gruppe bei den BIPOC-Aktivisten zurückhaltender gewesen sein, als es darum ging, für das Engagement Aufwandsentschädigungen zu bezahlen.

Die Gruppe übte anschließend Selbstkritik und bat um Entschuldigung für „systemische und systematische Unterdrückung, Rassismus und dass wir die am meisten vom Klimawandel Betroffenen über Jahre hinweg zum Schweigen gebracht haben“ – und für „künftige Traumata, die dadurch bewirkt werden sollten“.

Ein Sprecher der von indigenen Jugendlichen getragenen Klima-Bewegung Te Ara Whatu äußerte Genugtuung über die Entscheidung und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dieses Beispiel Schule machen könnte:

„Ich hoffe, dass die Entscheidung [von SSC4C] Abspaltungen entstigmatisiert, ich denke, es gibt einige Gruppen, die das Gleiche machen könnten.“

Ökologismus als weiße europäische Erfindung

Der Konflikt in der „Klimaschutz“-Bewegung in Neuseeland wirft nicht nur die Frage auf, inwieweit Fragen der Identitätspolitik in linksgerichteten Bewegungen generell früher oder später Sollbruchlinien schaffen, die auf Kosten des ursprünglichen Anliegens gehen. Ähnliche Debatten erleben seit langem bereits feministische oder LGBT-Gruppen, die an unterschiedlichen Positionen zum Umgang mit dem Islam zerbrechen.

Auch in der Ökologiebewegung wird ein Phänomen zum Thema, das Kritiker schon seit Längerem diskutieren – die Theorie von Robert Malthus. Sie besagt, dass ein nicht von der Politik reguliertes Wachstum der Weltbevölkerung und deren steigender Wohlstand die „Tragfähigkeit des Planeten“ überfordern würde. Sie wurde nicht nur von weißen Europäern aus der Oberschicht entworfen, sie sind auch vor allem innerhalb der weißen Oberschicht präsent.

Dieser entstammt auch Greta Thunberg. Auch wenn sie schon 2019 betonte, sie wolle „koloniale, rassistische und patriarchale Systeme“ als vermeintliche Verursacher der „Klimakrise“ bekämpfen, argwöhnten nichtweiße Unterstützer von Klima-Aktivismus, sie stehe für ein eurozentrisches Projekt.

Auch Gaza-Konflikt sorgte für interne Konflikte

Aus den Reihen von „Fridays for Future“ und Gleichgesinnten kamen in den vergangenen Monaten sehr uneinheitliche Botschaften im Zusammenhang mit diesen Konfliktlinien.

Die Debatte um die jüngste Eskalation zwischen Israel und der Hamas zeigt Bruchlinien innerhalb der Bewegung. Einige FfF-Gruppen solidarisierten sich offen mit der Hamas und antisemitischen Boykottbewegungen gegen Israel. Dabei missachteten sie das Sicherheitsbedürfnis des indigenen Volkes der Juden in dessen historischer Heimstätte.

Die deutsche FfF-Gruppe distanzierte sich hingegen von diesen Aussagen und damit indirekt auch von Greta Thunberg, die in  eigenen Tweets den Eindruck erweckte, mit antizionistischem Antisemitismus zu sympathisieren.

Fridays for Future geht auf Distanz zu Überbevölkerungs-Mythos

Andererseits ließ die internationale Organisation von Fridays for Future vor einigen Monaten aufhorchen, indem sie sich explizit von ökofaschistischen Ideen distanzierte.

Auf Instagram veröffentlichte die Gruppe in englischer Sprache ein Papier, in dem sie Vorstellungen einer angeblichen „Überbevölkerung“ zurückwies und sich kritisch mit rassistischen und antihumanistischen Wurzeln der Ökologiebewegung auseinandersetzte:

In einem auf „Euronews“ veröffentlichten Beitrag warnte die Gründerin der Vereinigung Schwarzer Geographen, Francisca Rockey, vor einem eurozentrischen und neokolonialen Ökologie-Verständnis, das eine „Brutstätte für rassistische Überzeugungen“ sei.

Explizit griff sie Personen wie die Filmemacher Michael Moore oder David Attenborough an, die für eine Eindämmung des Bevölkerungswachstums als Antwort auf Klimaprobleme plädierten:

„Im Vorjahr hat ein bekannter Umweltaktivist vor laufender Kamera gesagt, eine Lösung für die Klimakrise wäre es, die menschliche Bevölkerung auf dem niedrigstmöglichen Niveau zu stabilisieren. Das ist eine ökofaschistische Position. Sprache hat Bedeutung und Sprache mit rassistischem Unterton ist sowohl problematisch als auch schädlich für schwarze, braune und marginalisierte Communitys“, sagte Rockey.

Offene Märkte und menschliche Innovation haben malthusianische Vorstellungen und somit den Überbevölkerungs-Mythos über die Jahrhunderte widerlegt.

Wirtschaftliche Freiheit hat es ermöglicht, dass eine gewachsene Weltbevölkerung in der Lage ist, Wohlstand zu bewahren und Entwicklungen hervorzubringen, die ökologisch verträglicheres, effizienteres und ressourcenschonenderes Wirtschaften gewährleisten. An ihrem Ziel eines „Systemwechsels“ wollen Fridays for Future International und Aktivistinnen wie Francisca Rockey dennoch festhalten.



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