Ägyptens Parlament macht Weg frei für Militäreinsatz in Libyen

Das ägyptische Parlament hat grünes Licht für einen möglichen Militäreinsatz in Libyen gegeben. Die Abgeordneten stimmten für eine Entsendung der Armee "in Kampfeinsätze außerhalb der Grenzen des ägyptischen Staates zur Verteidigung der nationalen Sicherheit".
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Die ägyptischen Mitglieder des Verfassungsausschusses.Foto: KHALED DESOUKI/AFP/GettyImages
Epoch Times20. Juli 2020

Das ägyptische Parlament hat am Montag grünes Licht für einen möglichen Militäreinsatz in Libyen gegeben. Die Abgeordneten stimmten für die Entsendung der Armee „in Kampfeinsätze außerhalb der Grenzen des ägyptischen Staates zur Verteidigung der nationalen Sicherheit“, teilte das Parlament mit. Libyen wurde nicht namentlich genannt, der Schritt erfolgte aber nach einer Drohung von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi mit einer Intervention in dem Nachbarland.

Al-Sisi hatte in einer Fernsehansprache gesagt, der Schutz der eigenen Grenzen rechtfertige eine Intervention in Libyen auch auf völkerrechtlicher Grundlage. Nach Angaben der ägyptischen Präsidentschaft führte al-Sisi am Montag auch Gespräche mit US-Präsident Donald Trump über die Krise in Libyen.

Ägypten unterstützt im libyschen Bürgerkrieg den General Chalifa Haftar, der gegen die von der UNO anerkannte Einheitsregierung in Tripolis kämpft. Eine Offensive des libyschen Generals zur Einnahme der Hauptstadt Tripolis im April 2019 konnte die Einheitsregierung mit der Unterstützung des türkischen Militärs zurückschlagen. Seitdem rücken die Truppen der Einheitsregierung weiter in den Osten vor.

Al-Sisi spricht von Stadt Sirte als „roter Linie“

Ob Kairo sich in den Konflikt einmischt, hängt laut al-Sisi davon ab, bis wohin sich die Einheitsregierung vorkämpft. Kairo sieht die Stadt Sirte – einem Zugang zu den Ölfeldern des Landes – als „rote Linie“. Die Stadt liegt 800 Kilometer entfernt von der Grenze zu Ägypten.

„Wenn jemand glaubt, er könne diese rote Linie überschreiten – ich meine Sirt und Jufra, dann muss ihm klar sein, dass dies für uns eindeutig eine rote Linie ist“, erklärte Al-Sisi bei seinem Besuch in der Militärbasis. Er kündigte auch an, weitere Milizen im Osten Libyens auszubilden, wenngleich er interessanterweise den Namen General Haftar nicht erwähnte, berichtet „Quantara“.

Abdel Fattah al-Sisi, Präsident von Ägypten. Foto: Pavel Golovkin/AP Pool/dpa

„Nur die Libyer können am Ende Libyen verteidigen. Wir sind bereit ihnen zu helfen. Bringt uns die jungen Männer der Stämme und wir trainieren sie, bereiten sie vor und bewaffnen sie unter unserer Aufsicht“, versprach der ägyptische Präsident in Richtung seiner Verbündeten im Osten Libyens, berichtet die Internetseite weiter.

Bereits nach dem Sturz Gaddafis hat die UNO ein Waffenembargo verhängt

Libyen geriet nach dem gewaltsamen Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ins Chaos. In den Konflikt sind mittlerweile mehrere ausländische Staaten involviert. Die Einheitsregierung wird von der Türkei, Qatar und Italien unterstützt, während Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Russland und Frankreich Haftar helfen bzw. halfen.

Bereits nach dem Sturz Gaddafis hatte die UNO ein Waffenembargo verhängt. Obwohl sich die Teilnehmerstaaten der Berliner Libyen-Konferenz im Januar dieses Jahres erneut zu dem Waffenembargo bekannten, gibt es seitens der Unterstützer der Konfliktparteien ständig Verstöße dagegen. So wurden beispielsweise russische Kampfjets in Libyen gesichtet, aber auch deutsche Kriegswaffen die zuvor an die Arabischen Emirate oder die Türkei geliefert wurden.

Obwohl wahrscheinlich weder die Türkei noch Ägypten – insbesondere angesichts ihrer schweren innenpolitischen Probleme – eine direkte militärische Konfrontation wollen, könnte ihre Positionierung zu einem Zusammenstoß führen, der Nordafrika und den Mittelmeerraum erheblich destabilisieren würde, heißt es von dem Analysten Aiman Saikal auf „Quantara“ dazu.

Ägypten, das neben den Arabischen Emiraten und Russland zu den größten Unterstützern Haftars zählt, macht der Vormarsch der Milizen aus Tripolis sichtlich nervös. Sind doch deren militärischen Erfolge der türkischen Unterstützung zu verdanken.

Ägypten sieht die Türkei als seinen größten Konkurrenten in der Region

Ägypten sieht die Türkei als seinen größten Konkurrenten in der Region, heißt es von Analysten. Nicht nur militärisch, sondern auch ideologisch. Denn der türkische Präsident Erdoğan gilt als einer der wichtigsten Unterstützer der Muslimbruderschaft. Diese wiederum waren einst Al-Sisis größter politischer Rivale im eigenen Land.

Experten vermuten, dass falls Ägypten militärisch interveniert, eher seine Luftwaffe einsetzen wird. Hauptakteure sind jedoch aktuell die Türkei und Russland. Sie handeln anscheinend schon seit Wochen im Hintergrund eine Linie aus, wie weit die Milizen aus Tripolis vorrücken können. Wie weit die Türkei sie unterstützt und wann Moskau seine Kampfjets einsetzt.

Libysche Bevölkerung soll ihre Zukunft selbst bestimmen

Der Analyst Saikal sieht den Abzug der ausländischen Kräfte als notwendig an, um den jetzigen Konflikt zu lösen. Nur so könne die libysche Bevölkerung ihre Zukunft selbst bestimmen. Doch bilden Libyens Ölvorkommen und seine geopolitische Bedeutung eine enorme Anziehungskraft auf ausländische Kräfte aus. (afp/er)



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