„Amerika steht finanziell so schwach da wie seit Zweitem Weltkrieg nicht mehr“: Investoren flüchten

Die Flucht der Investoren aus US-Staatsanleihen signalisiert ein wachsendes Misstrauen in die Schuldenpolitik der USA. Mit steigenden Renditen und einem bedenklichen Haushaltsdefizit von über 1,7 Billionen US-Dollar sehen Experten alarmierende Zeichen für Amerikas finanzielle Zukunft.
Im Weißen Haus wurde Kokain gefunden.
Alleine von September bis Oktober 500 Milliarden US-Dollar mehr Schulden. Experten sind besorgt.Foto: Patrick Semansky/AP/dpa
Von 22. Oktober 2023

Eigentlich sind Staatsanleihen für die meisten Anleger eine sichere Bank. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Staatsanleihen interessante Alternativen zu Aktien. Die Ära der Nullzinsen ist vorbei: Das heißt, dass mit Staatsanleihen europäischer Länder heute gut vier Prozent Rendite gemacht werden kann, etwa mit italienischen, griechischen oder maltekischen Anleihen. Euroländer mit hoher Bonität liefern bis zu knapp drei Prozent, etwa Österreich oder Frankreich. Es gibt allerdings eine Anleihe, die im Moment weniger gut im Kurs steht: amerikanische Anleihen.

Fluchtartig verabschieden sich im Moment die Investoren aus den US-Staatsanleihen. Sie fürchten, dass die Finanzen dem Land aus dem Ruder laufen könnten.

Deutlich wird das beim Blick auf die steigenden Renditen der US-Schuldtitel. Am Freitag lagen diese bei 4,19 Prozent. Am Donnerstag waren sie sogar noch bei 4,97 Prozent. Das sind hohe Renditen wie seit 2007 nicht mehr. Für 30-jährige Papiere sind sogar Renditen mit über fünf Prozent notiert. Das alles macht deutlich, dass das Vertrauen in die USA im Moment nicht so groß ist. Tatsächlich senden die USA im Moment bedenkliche Signale aus.

„Wir sind eine schuldensüchtige Nation“

Das Haushaltsdefizit ist im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent auf knapp 1,7 Billionen US-Dollar gestiegen. In Zahlen ausgedrückt ist es um 320 Milliarden US-Dollar gestiegen. Das geht aus den monatlichen Veröffentlichungen des Finanzministeriums hervor (Stand September).

Das letzte Mal, dass im Haushalt eine so große Lücke klaffte, war im Jahr 2021. Es waren damals vor allem die Hilfsprogramme im Rahmen der Corona-Pandemie, die das Defizit auf damals 2,78 Billionen US-Dollar hochschnellen ließen.

Auch wenn das jetzige Defizit im Vergleich zu 2021 noch gut eine Billion US-Dollar darunterliegt, schlagen Experten trotzdem Alarm.

Maya MacGuineas ist Präsidentin des Komitees für einen verantwortungsvollen Bundeshaushalt. Sie ist eine häufige Kommentatorin zu Themen wie Bundeshaushalt, Staatsverschuldung, Steuern, Wirtschaft, Rentenpolitik, Regierungsreform und Gesundheitswesen in den USA. Das Haushaltsdefizit kommentiert sie laut der US-Ausgabe der Epoch Times so: „Wir sind eine schuldensüchtige Nation.“ Weiter weist sie in der zitierten Erklärung darauf hin, dass die Verschuldung tatsächlich viel höher sei.

MacGuineas spricht von einem Defizit von zwei Billionen US-Dollar. Sie betont, dass diese Lücke entstehen würde, wenn man im Haushalt den von US-Präsident Joe Biden geplanten Schuldenerlass für Studenten einrechnen würde. „Das bedeutet, dass sich die Kreditaufnahme im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt hat. Da die Wirtschaft wächst und die Arbeitslosigkeit nahe einem Rekordtief liegt, wäre es an der Zeit, haushaltspolitische Verantwortung zu übernehmen und unsere Defizite zu reduzieren“, sagt Maya MacGuineas.

Rückgang der Staatseinnahmen Grund für das Defizit

Finanzministerin Janet Yellen sieht vor allem im Rückgang der Staatseinnahmen den Hauptgrund für das Defizit. Für Yellen liegt die Lösung des Problems in Steuererhöhungen. Die US-Regierung plane, Steuereinnahmen zu steigern, um so mehr Geld in die Staatskasse zu bekommen, kündigte Yellen weiter an.

„Sinkende Einnahmen tragen erheblich zum Defizit im Jahr 2023 bei und unterstreichen die Wichtigkeit der von Präsident Biden verabschiedeten und vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reform des Steuersystems“, sagte die Finanzministerin in einer gemeinsamen Erklärung mit Shalanda Young, der Präsidentin der US-Haushaltsbehörde.

Die Steuereinnahmen gingen in diesem Jahr im Vergleich zum letzten Jahr um 9,3 Prozent zurück. Ein Hauptgrund dabei ist laut Yellen der Rückgang der Einkommenssteuer um 456 Milliarden US-Dollar.

Ein weiterer Grund war, dass mit den Erhöhungen der Leitzinsen durch die Federal Reserve (Fed) weniger Gewinne an das Finanzministerium flossen. Insgesamt konnte der Staatshaushalt bisher 106 Milliarden US-Dollar weniger einnehmen.

Der Umsatzrückgang wurde teilweise durch höhere Sozialversicherungs- und Renteneinnahmen in Höhe von 131 Milliarden US-Dollar im Zuge steigender Löhne ausgeglichen.

Reiche und Unternehmer stärker zur Kasse bitten

Um die Defizite langfristig auszugleichen, plane die US-Regierung laut Finanzministerin Yellen, mehr Steuern von wohlhabenden Amerikanern und Unternehmen einzuziehen.

Im Oktober ist aber erst einmal die Staatsverschuldung in die Höhe geschossen. Die neuesten Daten des Finanzministeriums zeigen, dass die gesamten ausstehenden Staatsschulden am 18. Oktober 33,63 Billionen US-Dollar erreichten. Das sind etwa 500 Milliarden US-Dollar mehr als am letzten Berichtstag im September.

Der Haushaltsplan des Weißen Hauses für 2024 gibt schon jetzt einen Ausblick, wohin die Reise gehen soll. So wird die Staatsverschuldung bis 2033 voraussichtlich 43 Billionen US-Dollar übersteigen – Zahlen, die Investoren mit großer Sorge sehen und sich daher aus den US-Staatsanleihen zurückziehen. Das ist vor allem deshalb eine bemerkenswerte Entwicklung, da amerikanische Staatsanleihen angesichts der geopolitischen Lage im Moment eigentlich begehrt sein müssten. In der Vergangenheit schichteten Investoren ihr Geld in solchen Situationen in die sichere Anlageklasse Staatsanleihen um.

Im Moment ist das aber nicht der Fall. Anleger sehen eine sichere Anlage im Moment eher in Gold oder Öl. US-Staatsanleihen kehren sie eher den Rücken zu.

Wann und ob sich die USA in naher Zukunft vom Schuldenmachen verabschieden werden, ist nicht absehbar. Schaut man auf die Politik, so ist diese in dieser Frage gespalten. Die Demokraten wollen die grüne Transformation subventionieren, und sie sträuben sich gegen eine Kürzung bei den Sozialausgaben. Die Republikaner wiederum wollen keine Steueranhebungen.

Der Hedgefonds-Manager Paul Tudor Jones wies gerade laut dem Onlineportal „Wallstreet online“ darauf hin, dass die USA sowohl Ausgabenkürzungen als auch Steuerausgaben brauchten, um die Staatsfinanzen wieder ins Gleichgewicht zu bekommen.

„Wir haben also geopolitische Herausforderungen und Amerika steht finanziell so schwach da wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“, sagt Tudor Jones.



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