Amnesty International: Westliche „Doppelmoral“ und „Apartheid-Staat“ Israel

In ihrem Jahresbericht wirft Amnesty International dem Westen „Doppelmoral“ vor. Die NGO hält aber auch selbst an eigenwilligen Einschätzungen fest. Eine Analyse.
Agnès Callamard ist Generalsekretärin von Amnesty International.
Agnès Callamard ist Generalsekretärin von Amnesty International.Foto: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa
Von 31. März 2023

Die bekannte Nichtregierungsorganisation Amnesty International hat am Montag, 27. März, ihren Jahresbericht vorgelegt. Darin würdigte die Organisation die Reaktion des Westens auf „Russlands Aggression gegen die Ukraine“. Die verkündeten Maßnahmen und Sanktionen müssten „eine Blaupause sein für den Umgang mit anderen Menschenrechtsverletzungen“, so Generalsekretärin Agnès Callamard.

Ukraine von Kritik weitgehend ausgespart

Gleichzeitig bemängelte die Organisation, dass die westlichen Länder „Doppelmoral“ praktizierten. Diese äußere sich in einem „beklagenswerten Mangel an sinnvollen Maßnahmen gegen schwerwiegende Verletzungen durch einige ihrer Verbündeten“.

Amnesty nennt in diesem Zusammenhang Saudi-Arabien, Ägypten und auch Israel. Demgegenüber ist in diesem Kontext keine Rede von der Ukraine. Dabei hatte die NGO selbst noch im August des Vorjahres von einer Gefährdung von Zivilisten durch Kampftaktiken ukrainischer Truppen gesprochen. Im August 2015 hatte Amnesty beiden Konfliktparteien im Osten der Ukraine schwere Verletzungen des Kriegsrechts vorgeworfen.

Im aktuellen Länderbeitrag finden sich jedoch fast ausschließlich Anschuldigungen gegen Verantwortliche in russisch kontrollierten Territorien des Kriegsgebiets. Kritik am Verbot von elf Oppositionsparteien und dem Vorgehen gegen die russisch-orthodoxe Kirche blieb aus. Auch finden sich keine aussagekräftigen Angaben über dokumentierte Tötungen gefangener russischer Soldaten. Bemängelt hat Amnesty International in der Ukraine lediglich ein Arbeitsgesetz und Schikanen von Transpersonen an der Grenze.

Amnesty spielt mit antisemitischen Phrasen

Der Ukrainekonflikt ist nicht der einzige, auf den Amnesty International einen auffallend einseitigen Blick offenbart. So wirft die Organisation dem Westen die Weigerung vor, „dem israelischen System der Apartheid gegen die Palästinenser entgegenzutreten“.

Der Vorwurf der „Apartheid“ in Richtung Israel kann als Dämonisierung verstanden werden. Nach der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) ist dies ein eindeutiges Kennzeichen von Antisemitismus.

Zwar erwähnt Amnesty in seinem Bericht auch einzelne Übergriffe gegen Bewohner des Gazastreifens durch die dort regierende Hamas. Auch in diesem Kapitel verzichtet man nicht auf einleitende schwere Anschuldigungen gegen den jüdischen Staat. Gleichzeitig wirft man Israel „Kollektivbestrafung“ im Kontext mit der Errichtung von Kontrollpunkten vor. Diese waren jedoch, was nicht Erwähnung findet, eine Reaktion auf eine Vielzahl terroristischer Angriffe auf Zivilisten.

Deutsche Sektion kritisiert Racial Profiling und Ungleichbehandlung Geflüchteter

Der Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, Markus Beeko, forderte gegenüber Deutschland und der EU:

Wer die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber anderen Ländern einklagt und einfordert, der muss ebenso vor der eigenen Tür kehren.“

Dabei lobte er die Aufnahme von mehr als einer Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Gleichzeitig deutete er an, dass die zuvorkommende Behandlung der ukrainischen Flüchtlinge nicht allen Schutzsuchenden zukomme, die nach Deutschland kämen.

Mit Blick auf Deutschland kritisierte der Amnesty-Bericht auch verschärfte Versammlungsgesetze in mehreren Bundesländern und die Ausweitung der Polizeibefugnisse. Dabei sprach er insbesondere die Entwicklung, den Verkauf und den Export von biometrischen Überwachungstechniken an.

Zudem gingen Ermittlungsbehörden in Deutschland in unzureichendem Maße Vorwürfen über diskriminierende Personenkontrollen nach. Sogenanntes Racial Profiling verletze auch in Deutschland das Recht auf Nichtdiskriminierung.

Ansehen von Amnesty in den vergangenen Jahren gesunken

Die „Jüdische Allgemeine“ wertet die Kritik an Israel im aktuellen Amnesty-Bericht als „ungewöhnlich hart, einseitig, wenig nuanciert und fast schon obsessiv.“

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck (Ex-Bundestagsabgeordneter der Grünen), sagte, Amnesty sei vormals eine renommierte Menschenrechtsorganisation gewesen, inzwischen sei sie aber ein »korrupter Honigtopf für Antisemit*innen«.

Der Umgang mit Israel ist nicht der einzige Faktor, der zuletzt zu einem getrübten Ansehen der NGO beigetragen hat.

Der Vatikan und zahlreiche Pro-Life-Bewegungen werfen Amnesty eine ideologische Entgrenzung des Begriffs der „Menschenrechte“ vor. Diese zeige sich unter anderem daran, dass die NGO auch restriktive Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch als „Menschenrechtsverletzungen“ deklariert. In Indien soll die NGO auch Finanzströme aus Drittstaaten verschleiert haben.

Vor einigen Jahren kam die Organisation zudem ins Gerede, weil sich dort ein „toxisches Arbeitsumfeld“ offenbart habe. Demnach sei es innerhalb der NGO zu Mobbing, öffentlichen Demütigungen und Diskriminierungen gekommen.

Menschenrechte – universell oder doch vom jeweiligen Kontext abhängig?

In Summe illustrieren die Kontroversen rund um die Bewertungsmaßstäbe und Darstellungen von Amnesty International die Grenzen eines säkularen Verständnisses von Menschenrechten. Der Westen neigt dazu, deren „Universalität“ immer dann anzumahnen, wenn dies als politisch opportun erscheint.

Gleichzeitig zeigt sich gerade anhand der Frage, unter welchen Umständen die in Verfassungen und Menschenrechtspakten selbst verankerten Vorbehalte zum Tragen kommen sollen, deren Kontextabhängigkeit.

(Mit Material von dpa)



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