Atomstreit: Konfrontation mit dem Iran nur noch eine Frage der Zeit

Die Gespräche zur Erneuerung des Atomabkommens von 2015 laufen schlecht. Die USA denken über „alle Optionen“ nach, auch Israel wappnet sich für den Ernstfall. Wird 2022 ein Wendepunkt sein?
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Die Skyline von Tehran.Foto: iStock
Von 31. Oktober 2021

Im Atomstreit mit dem Iran haben die USA der Regierung in Teheran mit Konsequenzen gedroht, sollte eine Verhandlungslösung scheitern.

„Wir werden alle Optionen in Betracht ziehen“, sagte US-Außenminister Antony Blinken bei einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Jair Lapid in Washington.

Zwar sei eine „diplomatische Lösung“ der beste Weg, um zu verhindern, dass der Iran an Atomwaffen gelange, „[a]ber wir sind bereit, uns anderen Optionen zuzuwenden, wenn der Iran nicht seinen Kurs ändert“.

Der US-Außenminister warf der iranischen Regierung mangelnde Dialogbereitschaft vor und warnte, die Zeit für eine Verhandlungslösung laufe aus. Welche Optionen genau auf dem Tisch liegen, sagte Blinken nicht. 

Der Iran erschwert die Verhandlungen. In den sechs Gesprächsrunden in Wien, die im Juni endeten, weigerte sich der Iran, direkt mit amerikanischen Beamten zu sprechen. Stattdessen verhandelte er mit europäischen, russischen und chinesischen Vermittlern. Seitdem wurden die formellen Verhandlungen nicht wieder aufgenommen.

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Israel bereitet sich auf Angriff vor

Israel bereitet sich derweil auf den Ernstfall vor. Die Regierung in Israel will für einen militärischen Angriff auf den Iran 1,5 Milliarden US-Dollar bereitstellen. Verteidigungsminister Benny Gantz bestätigte in einer Rede, dass die größte Bedrohungen für Israel der Iran und sein Atomprogramm seien. 

Auch der israelische Finanzminister Avigdor Lieberman glaubt nicht an den Erfolg der Verhandlungen der Großmächte mit dem Iran, wonach das Atomabkommen von 2015 erneuert werden sollte. Er sagte kürzlich, dass „eine Konfrontation mit dem Iran nur eine Frage der Zeit ist, und zwar nicht sehr viel Zeit“. Das iranische Atomprogramm sei durch keine diplomatische Verhandlungen oder ein erneutes Abkommen mehr aufhaltbar.

Währenddessen nehmen die konsequenten Sanktionen der USA gegen den Iran ab. Die USA waren 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Atomabkommen ausgestiegen und hatten neue Sanktionen gegen Teheran verhängt. Auch die anderen Mitglieder des internationalen Abkommens lockern ihre Haltung gegenüber dem Iran. China schließt Rohölgeschäfte mit dem Iran ab, die vor einem Jahr noch nicht zustande kamen. 

Während der Iran die Großmächte am Verhandlungstisch quasi warten lässt und dabei keinem politisch oder wirtschaftlich spürbaren Druck ausgesetzt ist, baut er einen wachsenden Bestand an 60 Prozent angereichertem Uran auf. Dies sei nur noch eine Haaresbreite von bombenfähigem Material entfernt, schreibt der „Economist“. Erlaubt sind nach dem Atomabkommen von 2015 lediglich 3,67 Prozent.

Iran versteckt Atomanlagen und Forschung

Der Iran setzt immer mehr und immer ausgefeiltere Zentrifugen zur Reinigung des spaltbaren Materials ein, was die Zunahme der Anreicherung erklärt. Alarmierend ist auch, dass seine Wissenschaftler Uranhexafluoridgas in Uranmetall umwandeln, das am ehesten für Bomben verwendet werden kann.

Experten vermuten, dass der Iran einige seiner Atomanlagen und wichtige nukleare Forschungseinrichtungen vor der Staatengemeinschaft und der Atomenergiebehörde versteckt. Das schiitische Regime verhindert zudem jegliche Inspektion durch die Internationale Atomenergiebehörde der UN.

Vielmehr betont die Führung der Islamischen Republik immer wieder, Atomkraft nur für friedliche Zwecke nutzen zu wollen. Uran muss jedoch für nichts anderes auf das Level von 60 Prozent angereichert werden, als für nukleare Zwecke.

Für eine Atomwaffe muss Uran auf 93 Prozent angereichert werden. Experten des Institute for Science and International Security in Washington gaben bekannt, dass Teheran bereits in „weniger als einem Monat“ genug Material für eine Bombe angereichert haben könnte. In drei Monaten für eine zweite und in fünf für eine dritte Atombombe.

„Wir wissen, dass es Momente gibt, an denen Nationen Gewalt anwenden müssen, um die Welt vor dem Bösen zu schützen“, sagte der israelische Außenminister Jair Lapid. 

„Israel behält sich das Recht vor, zu jedem Zeitpunkt, auf jede Art und Weise zu handeln. Das ist nicht nur unser Recht, es ist auch unsere Verantwortung.“

Auch der US-Sondergesandte für den Iran Rob Malley warnte, es sei „gut möglich“, dass der Iran nicht zum Atomabkommen von 2015 zurückkehren werde. „Wir müssen uns mit Israel und unseren anderen Partnern in der Region koordinieren“, so Malley.

Drei Optionen bleiben

Für die Zukunft scheint es drei mögliche Pläne zu geben, sagen Experten. Plan A ist, dass die Regierung Biden zum Atomabkommen von 2015 zurückzukehrt. Nach derzeitigem Stand und Fortschritt der Anreicherung scheint jedoch diese Option fast „sinnlos“, da sie das Atomprogramm nicht mehr stoppen könnte.

Plan B besteht darin, echten internationalen Druck auszuüben, um den Iran zu Verhandlungen zurückzubringen. Dies würde den Einsatz von Diplomatie in Verbindung mit einer glaubwürdigen militärischen Drohung seitens der Vereinigten Staaten und Israels erfordern.

Es scheint sich auch in diese Richtung zu entwickeln, da israelische Diplomaten des Öfteren Washington besuchen. Durch den diplomatischen und militärischen Druck könnten die Großmächte ein besseres Abkommen mit dem Iran aushandeln, sodass der Iran nicht nur sein spaltbares Material aufgibt, sondern auch seine nukleare Infrastruktur demontiert.

Wenn die Diplomatie ins Stocken gerät und Plan B scheitert, kommt als letzter Ausweg Plan C ins Spiel: ein militärischer Direktangriff auf den Iran. 

Ein Schlag gegen das iranische Atomprogramm würde jedoch einen womöglich noch größeren regionalen Krieg auslösen. 



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