„Auf frischer Tat ertappt“: EU-Abgeordnete Eva Kaili muss in U-Haft

Nach 16 Hausdurchsuchungen hat die belgische Polizei mehrere „Säcke mit Bargeld“ beschlagnahmt. Die EU-Abgeordnete Eva Kaili wurde den Justizkreisen zufolge „auf frischer Tat ertappt“. Der Vorwurf: bandenmäßige Korruption und Geldwäsche.
Eva Kaili. Foto: Vladimir Rys/Getty Images
Eva Kaili.Foto: Vladimir Rys/Getty Images
Epoch Times11. Dezember 2022

In der Korruptionsaffäre im EU-Parlament sind die griechische Vize-Parlamentspräsidentin Eva Kaili und drei weitere Verdächtige am Sonntag in Untersuchungshaft genommen worden. Wie aus Justizkreisen bestätigt wurde, ordnete ein Richter in Brüssel die vier Inhaftierungen an. Die Staatsanwaltschaft nannte keine Namen, erklärte aber am Sonntag, vier Inhaftierten werde „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ vorgeworfen. Darüber berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Hintergrund des Skandals ist der Verdacht, dass der Golfstaat Katar mit beträchtlichen Geldsummen und Geschenken versucht hat, die Entscheidungen des EU-Parlaments zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang fanden 16 Hausdurchsuchungen statt, wie die belgische Zeitung „L’Echo“ berichtete. Die Ermittler hätten demnach „mehrere Säcke voller Geldscheine“ in Kailis Wohnung in Brüssel gefunden. Bei den Razzien beschlagnahmte die Polizei Bargeld in Höhe von rund 600.000 Euro sowie Datenträger und Mobiltelefone, die nun ausgewertet würden.

„Auf frischer Tat“ ertappt

Am Freitag wurden laut Angaben der belgischen Bundesstaatsanwaltschaft fünf Personen in Brüssel festgenommen. Unter ihnen waren die griechische Sozialdemokratin Kaili und ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi, der ebenfalls im EU-Parlament tätig ist. Auch ihr Vater soll laut der Zeitung festgenommen worden sein, nachdem die Ermittler ihn mit einer großen Menge Bargeld in „einem Koffer“ angetroffen hatten. Dieser sei mit dem Geld unterwegs gewesen, da er zuvor „von Komplizen gewarnt worden war“, zitierte „L’Echo“ die Ermittler.

Am Samstagabend wurde auch die Wohnung des belgischen Europaabgeordneten Marc Tarabella durchsucht, der wie Kaili Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ist. Tarabella ist stellvertretender Vorsitzender der parlamentarischen Delegation für die Beziehungen zur arabischen Halbinsel. Ihm werden keine Straftaten zur Last gelegt.

Eigentlich genießen Parlamentarier Immunität und können nicht ohne Weiteres von der Polizei oder einem Gericht verfolgt werden. Den Justizkreisen zufolge konnte Kaili ihrer Festnahme trotz parlamentarischer Immunität nicht entgehen, da sie auf frischer Tat ertappt wurde. Über diesen Umstand hatten zuvor mehrere Medien berichtet.

Kaili als Vizepräsidentin des EU-Parlaments suspendiert

Am Samstagabend entzog EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola Kaili „mit sofortiger Wirkung alle Befugnisse, Pflichten und Aufgaben“ als eine ihrer 14 Stellvertreter. Eine vollständige Absetzung der griechischen Politikerin als Vize-Parlamentspräsidentin erfordert ein Votum des Europaparlaments. Darüber will Metsola am Montag in Straßburg am Rande der ersten Plenarsitzung seit Bekanntwerden des Skandals mit den Fraktionschefs sprechen.

Kailis griechische sozialistische Pasok-Partei hatte bereits am Freitagabend erklärt, die 44-jährige frühere Fernsehmoderatorin sei „aus der Partei ausgeschlossen“ worden. Am Samstag gab dann die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament bekannt, dass ihre Mitgliedschaft suspendiert worden sei.

Zu dem in den Korruptionsfall involvierten Land teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass es sich um einen „Golfstaat“ handele. Medien mutmaßen, dass es hierbei um das Emirat Katar geht. Ein katarischer Regierungsbeamter sagte auf AFP-Anfrage, seinem Land seien „keine Details über eine Untersuchung bekannt“. Jegliche „Behauptung eines Fehlverhaltens des Staates Katar“ sei unzutreffend.

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Die Empörung unter den Europa- und Bundespolitikern ist dennoch groß.

Kritik an „Kultur der Straflosigkeit“

Die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament forderte eine umfassende Untersuchung der Korruptionsvorwürfe. „Wir werden nicht akzeptieren, dass es so weitergeht“, erklärte die Fraktion. „Wir müssen unsere Regeln verschärfen, damit so etwas nicht noch einmal passieren kann.“

Auch der Direktor von Transparency International, Michiel van Hulten, kritisierte die laxen Finanzvorschriften und Kontrollen im Parlament. Es handle sich hier nicht um Einzelfälle, erklärte er. „Über Jahrzehnte hat das Parlament geduldet, dass sich eine Kultur der Straflosigkeit entwickelt.“ Es sei „Zeit für eine grundlegende Reform“ im Europäischen Parlament.

Europaabgeordnete sagen geplante Katar-Reise ab

Wegen des Korruptionsskandals wurden Rufe nach weiteren Konsequenzen laut. So sprachen sich Grüne, Linksfraktion und die Sozialdemokraten dafür aus, die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Bürger Katars aufzuschieben, die eigentlich am Montag beginnen sollten.

Ein Sprecher des EU-Parlaments bestätigte AFP am Sonntag, dass eine geplante Katar-Reise von Europaabgeordneten des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten „wegen der derzeitigen Umstände“ abgesagt werde. In zwei Wochen hätte eine Gruppe von Abgeordneten nach Katar und Saudi-Arabien reisen sollen. Die Reise nach Saudi-Arabien soll wie geplant stattfinden. (dl)

(Mit Material von Agenturen)



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